B11: Was ist eigentlich Qualifizierung? Oder warum eine bessere Kontrolle der privaten Träger zur Qualifizierung von ALG II Empfängern unumgänglich ist (2007)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Neumünster 2007
Bezeichnung: B11
Antragsteller: Jusos Schleswig-Holstein


Beschluss: Überwiesen an Landesparteirat


Der Landesparteitag möge beschließen:


1. Standards von Qualifizierungen

Seit geraumer Zeit gibt es Kritik daran, dass Schulungsmaßnahmen nicht zielführend seien. Finden die Klienten eine adäquate und für sie Mehrwert bringende Schulungsmaßnahme vor, die wirklich darauf angelegt ist, sie für den 1. Arbeitsmarkt vermittelbar zu machen oder verdienen private Bildungsträger, die solche Maßnahmen anbieten, einfach nur viel Geld und lassen die Menschen, Zeit absitzen? Die Jusos Schleswig-Holstein erkennen diese Frage als berechtigt an, die es zu klären gilt.

Bei der Qualifizierung arbeitsloser Menschen geht es aber nicht nur darum, irgendwie Inhalte zu vermitteln, sondern den Menschen Mut zu machen, sie zu motivieren, wieder lernen zu wollen und ihnen zu zeigen, dass sie lernen können. Qualifizierung muss auch darauf angelegt sein, diesen Menschen wieder ein gesundes Selbstvertrauen zu geben. Berücksichtigen Qualifizierungsmaßnahmen dies nicht, so verhindern sie die Reintegration in den Arbeitsmarkt.

Grundsätzlich ist das Prinzip des Forderns und Förderns richtig. Die Gesellschaft hat die Fürsorgepflicht, Menschen dabei zu unterstützen, wieder Arbeit zu finden. Die Jusos Schleswig-Holstein erwarten, dass diese Förderung ernsthaft von den Agenturen für Arbeit und den Argen erfolgt. Dabei muss geklärt werden, ob die angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen wirklich zielführend sind. Die Unterrichtenden selbst und die Inhalte der Qualifizierung müssen dies in entsprechender Weise berücksichtigen. Wir sehen ein Problem dabei, dass zu Beginn eines Jahres Maßnahmen ausgeschrieben und eingekauft werden und man nur ein gewisses Paket an Maßnahmen zur Verfügung hat. Im Vorfeld schon zu wissen, welcher Kunde zum Zeitpunkt X welche Qualifikation benötigt, ist nahezu unmöglich.

Die Jusos Schleswig-Holstein sehen hier Optimierungsbedarf und regen an, von festen Maßnahmenstrukturen wegzukommen hin zu einem modularen Bildungsangebot, um so für jeden Teilnehmer das individuelle und richtige Maßnahmenangebot festlegen zu können. Wir erwarten deshalb von der Landesregierung und der Landtagsfraktion, sich des Themas intensiv anzunehmen und mit den Kommunen, den Argen und den Agenturen für Arbeit neue (Mindest-)Standards für Form und Inhalte zu entwickeln, Qualifizierung und Arbeit zu verzahnen, den Unterrichtenden selbst adäquate Arbeitsbedingungen zu geben und dafür Sorge zu tragen, dass der Klient im Mittelpunkt steht und zum Subjekt der Maßnahmen gemacht wird. Dies soll insbesondere über regelmäßige Evaluationen sichergestellt werden.


2. Weg vom reinen Kostendenken

Bei der Qualifizierung und Vermittlung arbeitsloser Menschen hat es in den letzten Jahren Veränderungen gegeben. Aufgrund des Preisdruckes wurden kommunale Qualifizierungsträger zugunsten privater Träger geschlossen. Hintergrund dieser Entwicklung ist das durch die zunehmende Europäisierung veränderte Wettbewerbsrecht. Alle Ausschreibungen erfolgen europaweit und es erhält der Bildungsträger den Zuschlag, welcher das günstigste Angebot auf den Markt wirft. Dabei ist es kein Geheimnis, dass private Träger zu günstigeren Konditionen ein Angebot abgeben können, da sie nicht an Tarifverträge gebunden sind und größtenteils mit Honorarkräften arbeiten. Dieser Preisdruck geht zu Lasten der Qualität der Bildungsmaßnahmen. Die "Coaches" erhalten kein gutes Gehalt und können sich mit ihrem Träger nicht richtig identifizieren, da sie nach dem "Hire and Fire"-Prinzip beschäftigt sind.

Das auf dem Bildungsmarkt vorherrschende reine Kostendenken und dem Verwertbarkeitsfetischismus gilt es offensiv entgegen zu treten und die Adressatenorientierung in den Bildungsprozess Arbeitsloser zurück zu holen.

Vor diesem Hintergrund fordern die Jusos Schleswig-Holstein den SPD-Landesverband auf, sich des Problems anzunehmen und ein Tariftreuegesetz auch für Bildungsangebote auf den Weg zu bringen.


Darüber hinaus fordern wir:

  1. Die Kommunen und das Land werden gemeinsam mit den Agenturen für Arbeit Mindeststandards für die Coaches, und die zu vermittelnden Lerninhalte erarbeiten.
  2. Die Kommunen und das Land werden gemeinsam mit den Agenturen für Arbeit Standards zur Homogenität der Gruppen entwickeln, so das die zu vermittelnde Qualifizierung auch fruchten kann.
  3. Der Minister für Arbeit des Landes Schleswig-Holstein und die SPD-Landtagsfraktion wird diese Initiative in Regierungshandeln umsetzten.
  4. Der Landesvorstand der Jusos wird sich mit diesen Forderungen an diese Gremien wenden und diese dazu bewegen auch wirklich aktiv zu werden.