B1: „Unser Bildungskonzept für die Zukunft“ (2003)
Gremium: Landesparteitag |
Sitzung: Landesparteitag Bad Segeberg 2003 |
Bezeichnung: B1 |
Antragsteller: Jusos Schleswig-Holstein
|
Beschluss: Überwiesen an Bildungsparteitag 2004 |
Beschluss: Mit Annahme Ä1 zu B1 Überweisung an Bildungsparteitag 2004
Der Landesparteitag möge beschließen:
„Bildung ist das, was man noch weiß, wenn man das gelernte vergessen hat.“
Albert Einstein
Der grundlegende Wandel in allen gesellschaftlichen Bereichen führt zu tiefgreifenden Veränderungen von sozialen Strukturen und Beziehungen, von Arbeitsleben und Freizeit. Bildungspolitik muss gesellschaftliche Bedingungen gestalten und sich an den damit verbundenen Herausforderungen orientieren.
Bildung und Wissen, fachliche und soziale Kompetenzen werden eine immer wichtigere Quelle für Lebensperspektiven, Leistungsfähigkeit und Erfolg. In einer Wissensgesellschaft bieten sie dem Einzelnen Chancen für persönliche und beruflichen Entwicklungen. Deshalb sind gesellschaftliche Aufwendungen für die Bildung im 21. Jahrhunderts entscheidende Zukunftsinvestitionen.
Bildung und Qualifikation haben immer die Entwicklung der Persönlichkeit, die Teilhabe an der Gesellschaft und die Beschäftigung zum Ziel. Diese drei Aspekte lassen sich nicht voneinander trennen. Im weltweiten Wettbewerb wird Bildung immer deutlicher zu einem Standortfaktor ersten Ranges. Anknüpfend an die internationale Debatte über die Zukunft der Bildung wollen wir uns dieser Herausforderung stellen um dazu beizutragen, die Schleswig-Holsteinischen Schulen und Hochschulen im nationalen und internationalen Vergleich an die Spitze zu führen. Wir sind gefordert, unseren Bildungszielen und Inhalten eine Europäische Dimension zu geben und Bildungsqualitäten und Bildungschancen im europäischen Kontext fortzuentwickeln.
Dabei werden wir das Schleswig-Holsteinische Schulsystem in seiner grundlegenden Struktur erhalten, in seiner Qualität aber entscheidend verbessern. Wir Jusos Schleswig-Holstein sind der Meinung, dass die Eltern selbst einscheiden sollen welches Schulsystem, das integrierte oder das gegliederte, für ihr Kind am sinnvollsten ist. Wir wollen keine Aufoktroyierung des Schulsystems, dies widerspräche unseren Freiheitsgrundsätzen. Wir wollen beim Wettbewerb um die besten pädagogischen und bildungspolitischen Lösungen stärker als bisher auch den Vergleich zwischen und die Kooperation mit den Bundesländern und den europäischen Nachbarn suchen, sowohl auf der Ebene der einzelnen Bildungseinrichtungen als auch auf der des Bildungssystems insgesamt.
Die Schleswig-Holsteinische Schule braucht eine Qualitätsoffensive, die zu einer neuen Lehr- und Lernkultur führt und die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler stärkt. Daraus ergeben sich sowohl für staatliche Schulen als auch für Schulen in freier Trägerschaft verstärkte Förderungen und Ansprüche.
Die Schleswig-Holsteinische Hochschullandschaft braucht eine langfristig gesicherte Finanzierung und eine zukunftsfähige Struktur. Nur grundlegende Reformen können dies gewährleisten und somit Schleswig-Holstein einen Spitzenplatz in der Bildung und Ausbildung an Hochschulen sichern.
Bildungspolitik muss deshalb wesentlicher Schwerpunkt unserer Politik und der Landespolitik der SPD sein.
Dieses Konzept behandelt nicht nur kurzfristige Forderungen, sondern ist vor allem in langfristiger Perspektive zu verstehen. Die hier genannten Vorstellungen entsprechen unserer Idee einer nachhaltigen Bildungspolitik für die mittel- bis langfristige Zukunft.
Das Land Schleswig-Holstein muss eine qualitativ hochwertige Ausbildung garantieren!
Keine Einsparungen im Bereich Bildung
Bildung ist die grundlegende Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaftsform und eine funktionierende Demokratie und sollte deswegen höchste Priorität in zukünftigen Haushaltsplanungen haben. Unser Appell richtet sich an die Landesregierung, allen Schülerinnen und Schülern Schleswig-Holsteins eine qualitativ hochwertige Ausbildung und damit eine Chancengleichheit zu garantieren.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern eine konsequente Aufstockung des Bildungsetats.
Finanzierung
Um die Ausgaben im Bildungsbereich nachhaltig zu erhöhen fordern wir Jusos auch in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Lehrstellen statt Leerstellen
Von den 200 jährlich zu Beginn der Legislaturperiode versprochenen Lehrerstellen sind in 2002 78 Leerstellen geblieben.
Die SPD Schleswig-Holstein fordert daher die Besetzung dieser Stellen ein und darüber hinaus die Schaffung weiterer Planstellen. Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung, die nur durch eine beständige Vermittlung von Wissen und Kompetenzen im Unterricht zu gewährleisten ist.
Die Landesregierung und die SPD-Landtagsfraktion dürfen daher nicht zulassen, dass den Schülerinnen und Schülern Schleswig-Holsteins die Chancengleichheit im Vergleich mit Schülerinnen und Schülern anderen Bundesländern gegenüber verwehrt bleibt. Der aktuelle Unterrichtsausfall ist zu hoch und kann so nicht hingenommen werden.
Die Umsetzung dieses Zieles erfordert eine Imageverbesserung und Aufwertung des Lehrerberufes in der Gesellschaft, um eine ausreichenden Lehrernachwuchs zu finden, der zugleich noch besser qualifiziert sein muss als zur Zeit.
Bausubstanz der Schulen
Die Schulen des Landes befinden sich zum Teil in einem desolaten baulichen Zustand, dies ist nicht weiter hinnehmbar. Wir fordern die Schulträger und die zuständigen SPD-Fraktionen auf, die notwendigen finanzielle und sachliche Mittel zur Sanierung und Modernisierung bereitzustellen.
Lehr- und Lernmittel
Wir fordern die vollständige Lernmittelfreiheit. Nur so können auch finanziell schlechter gestellte Schülerinnen und Schüler am Unterricht in gleichem Umfang teilhaben.
Ein zeitgemäßer Unterricht erfordert auch aktuelle Lehr- und Lernmittel. So darf es nicht angehen, dass im Erdkundeunterricht die UdSSR noch existiert oder die Geschichte 1965 endet, da keine neueren Bücher an Schulen vorhanden sind. Dazu gehört z.B. der Einsatz von neuer Technologie im Unterricht, Computer, die dem neuesten Stand entsprechen sowie umfassende Bibliotheken mit aktuellen Büchern und Nachschlagewerken.
Wir fordern daher einen zweckgebundenen Kommunalfinanzausgleich für Lehr- und Lernmittel, damit nicht die Finanzkraft eines Kreises entscheidet, wie gut die Bildung ist.
Sprachförderung
Kindergärten haben einen Bildungsauftrag
Die Sprachförderung fängt schon früh an. Wir Jusos sind der Meinung, dass schon die Kindergärten und Kindertagesstätten ihren Bildungsauftrag deutlich und erkennbar wahrnehmen sollen. Dort schon muss der Grundstein für die Sprachentwicklung gelegt werden. Dieses gilt für Kinder mit oder ohne Migrationhintergrund. Wir begrüßen auch die Möglichkeiten, in manchen Kindergärten Fremdsprachen zu erlernen.
Fördermaßnahmen
Die Sprache ist die wichtigste Voraussetzung zur Integration, aber auch für die weitere Lernentwicklung. Wir fordern aus diesem Grund die Einführung eines Sprachstandsfeststellung vor der Grundschule für alle Schülerinnen und Schüler. Den Sprachschwächeren werden dann Förderpflichten auferlegt, die vor oder während der Schulzeit statt finden. Das gilt für allgemeine Sprachförderung ebenso wie für Deutsch als Zweitsprache.
Fremdsprachenunterricht
In der heutigen globalen Welt werden Fremdsprachen immer wichtiger. Englisch ist die Kommunikationssprache der Welt und sollte von allen Kindern schon früher erlernt werden. Wir sind für die Einführung des flächendecken Englischunterrichtes in der Grundschule ab der 3. Klasse. Die zweite Fremdsprache wird weiterhin wie gehabt in der 7. Klasse eingeführt. Neben den üblichen Sprachen wie Französisch, Latein und Spanisch sollen auch Sprachen wie Dänisch, Friesisch und Niederdeutsch angeboten werden. Die 3. Fremdsprache wird freiwillig ab der 9. Klasse an Realschulen und Gymnasien eingeführt. Hierbei wird das Angebot vielseitig umgesetzt. Analog dazu werden die Fremdsprachen in den Gesamtschulen umgesetzt.“
Lesekompetenz
Der Mangel der Lesekompetenz differenziert sich vielfach auf die Mängel in allen Fächern bei verschiedenen Textformen. Genau hier muss angesetzt und in allen Fächern unterschiedliche Textformen gefordert und gefördert werden.
Die Lust am Lesen kann zum Beispiel mit länderübergreifenden Lesewettbewerben wieder gestärkt werden, dieses schafft außerdem eine gesunde Konkurrenz der Länder auf diesem Bereich. Die Schulen sollten eng mit Bibliotheken und Buchhandlungen zusammen arbeiten und somit das Interesse der Schülerinnen und Schüler an Literatur erwecken. Wir fordern mehr Werbung für Kinderliteratur.
Der Lehrkörper
Lehrerausbildung
Praxis und Theorie müssen sehr stark verzahnt werden.
Daher fordern wir die frühzeitige Einbindung von Lehramtstudierenden in den pädagogischen Schulalltag in Form von integrierten, pädagogisch unterstützenden und semesterbegleitenden Schulpraktika. Die Betreuung der Praktikanten erfolgt während des Praktikums durch aktive Studienseminare.
Die Zusammenarbeit mit den Schulen muss ausgebaut werden. Die momentane Versorgung der Studierenden mit Praktikaplätzen ist unzureichend. Weiterhin müssen aktive Lehrer in noch stärkerem Maße als Dozenten fungieren, um die Ausbildung praxisbezogener ausgestalten zu können. Die schon vorhandenen Möglichkeiten der Verzahnung sind auch von den Universitäten umzusetzen, und den Studierenden eine angemessene Betreuung zu bieten.
Die Auflösung der erziehungs- wissenschaftliche Fakultät halten wir für problematisch. Die Eingliederung läuft nur schleppend an. Als Konsequenz daraus ist der Pädagogische Ausbildungsteil des Lehramtsstudiums völlig überfüllt. Die Möglichkeit der Einhaltung der Regelstudienzeit ist de facto nicht gegeben.
Wir fordern die Kompatibilität zwischen den auf gymnasial Lehramtstudierenden und den auf Diplom/Magister Studierenden, um einen Wechsel zwischen den Studiengängen zumindest im Grundstudium zu ermöglichen. Zudem fordern wir, dass die Lehramtsstudienabschlüsse künftig nach Hamburger Vorbild, nicht mehr für Schularten, sondern für Schulstufen befähigen.
Die Unter- und MittelstufenlehrerInnen sollen in ihrer Ausbildung zusätzlich zu ihren zwei Hauptfächern ein drittes Nebenfach belegen können, damit sie notfalls auch ein anderes Fach unterrichten können. Dieses zusätzliche Fach wird dann in der späteren Bezahlung bzw. Beförderung berücksichtigt.
Während ihrer Ausbildung müssen die Lehrer noch stärker lernen mit ausgeprägten Leistungsunterschieden in Klassen umzugehen. Sehr wichtig bei der Lehrerausbildung ist die Diagnosefähigkeit für das Bewerten der Schülerinnen und Schüler. Diese soll sehr stark in der Ausbildung erlernt werden, besonders für die Grundschul- und Unter- und Mittelstufenlehrer.
Außerdem fordern wir, dass die Lehrer während ihrer Ausbildung auch Praktika in Unternehmen oder Forschungseinrichtungen machen. Projekte wie z.B. Biologen in der Praxis müssen auf andere Fachgebiete ausgedehnt werden. Hierbei muss vor allem das ehrenamtliche Engagement von Fachschaften noch weit stärker unterstützt und gefördert werden.
Beurteilung von Referendarinnen und Referendaren bzw. von Lehramtsstudierende im Praktikum
Schülerinnen und Schülern haben derzeit keine Möglichkeit, bei der Beurteilung von Referendarinnen und Referendaren ihre Auffassungen über deren tägliche Unterrichtsgestaltung, ihre Fähigkeiten den Lernstoff zu vermitteln und für ein produktives Unterrichtsklima zu sorgen einzubringen.
Da Schülerinnen und Schüler eine Vielzahl von Unterrichtsstunden bei ihrem/ihrer ReferendarIn erhalten, erfahren sie einen vielseitigen und umfangreichen Eindruck über dessen Fähigkeiten – unter Umständen sogar umfangreicher als die Mentoren, Studienleiter und Seminarleiter. Dieses umfasst zwar weniger die Lehrinhalte, stattdessen aber die qualifizierte Einbindung von Medienelementen, die unter anderem zu einer interessanten Unterrichtsgestaltung und zu einer nachhaltigen Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler führt.
Wir fordern daher, dass Schülerinnen und Schüler bei der Beurteilung ihrer Referendarinnen und Referendare beziehungsweise Praktikantinnen und Praktikanten angehört werden und somit auf diese Einfluss nehmen. Ihre Eindrücke könnten über einen speziell konzipierten Fragebogen evaluiert werden, um ein möglichst hohes Maß an Objektivität zu gewährleisten. Diese Fragebögen werden dann von dem Mentor mit der/dem Referendarin und Referendar bzw. Praktikantin und Praktikant ausgewertet.
Fortbildung
Wir verfolgen die Umstrukturierung des IPTS mit Skepsis. Die Angebotsvielfalt der schulspezifischen Fortbildungen darf auf keinem Fall verringert werden. Eine regelmäßige Teilenahme an Fortbildungen zur Anpassung an pädagogische Standards sowie an fachspezifischer Fortbildungen müssen unseres Erachtens nach Pflicht werden, um den Lehrkräften immer wieder Anregungen für ihren Unterricht zu geben. Es müssen für Lehrkräfte entsprechende Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Verwaltungs- und Schulleitungsaufgaben angeboten werden. Als Zeitrahmen stellen wir uns 2 Wochen pro Jahr vor. Es besteht außerdem die Möglichkeit neben dem IPTS andere, auch private, Fortbildungsstätten zu nutzen. Diese Fortbildungen werden dann in Form eines Mindestbetrages von Bildungsministerium finanzielle unterstützt.
Des weiteren fordern wir, dass die eines der verpflichtenden Fortbildungen der richtige Umgang mit ausgeprägten Leistungsunterschieden in Klassen wird. Auch Lehrkräfte müssen lebenslang lernen, so dass ihnen in regelmäßigen Fortbildungsangeboten die Möglichkeit dazu gegeben werden muss.
Um sicherzustellen, dass Fortbildungen nicht nur als Alibiveranstaltungen besucht werden, sondern Lehrkräfte gezielt für sie interessante Veranstaltungen auswählen, sollten die aktive Teilnahme bescheinigt werden. Diese Bescheinigung kann die Lehrkraft dann als Nachweis vorlegen, seiner Fortbildungspflicht, so wie oben gefordert, nach gekommen zu sein.
Bewertung, Bezahlung und Vergütung
Wir erachten eine halbjährliche Bewertung der Tätigkeit der Lehrkräfte mittels eines Feedback-Fragebogens, wie es auch in den Referendariatsbeurteilungen gefordert wird, für durchaus sinnvoll und Erfolg versprechend, da wir uns eine langfristige Steigerung der Unterrichtsqualität erhoffen.
Die Bezahlung der LehrerInnen muss reformiert werden. Wir fordern ein Basisgehalt für Grund-, Haupt-, Real-, Gymnasial- und Gesamtschullehrkräfte. Des weiteren fordern wir auf Leistung basierende Gehaltszuschüsse, welche das Basisgehalt gemäß den unterschiedlichen Leistungen der Lehrer an den verschiedenen Schulstufen und aufgrund deren persönlichen Mehreinsatzes erhöht. Wir fordern, dass Lehrkräfte künftig nicht mehr verbeamtet werden.
Bereits jetzt werden zusätzliche Leistungen von engagierten Lehrkräften erbracht. Wir fordern die Anerkennung dieser Zusatzleistungen, besonders im Hinblick auf die erwünschte Angebotsvielfalt an einzelnen Schulen. Wir fordern zudem neben der Anrechnung von Überstunden“ die Möglichkeit, diese wahlweise auch finanziell vergütet zu bekommen. Dazu stellen wir uns vom Land eine Bereitstellung eines Stundenpool für jede Schule vor, aus dem auf Beschluss der Schulkonferenz im Rahmen des Schulgesetzes mehrere AGs mit Stunden versorgt werden können.
Bewährung von Schulleiterinnen und Schulleitern
Maßgeblich zuständig für die Entwicklung und die Gestaltung der Schule sind unter anderem die Schulleiterinnen und Schuleiter. Daher ist es unerlässlich, dass diese zunächst auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt (5 Jahren) ihr Amt befristen übernehmen. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes wird die Position entfristet. Der Schulleiter kann jederzeit auf Vorschlag der Schulkonferenz oder des Schulträgers vom BWFK seines Amtes enthoben werden.
Schulstruktur
Abendgymnasien und Abendrealschulen
Wir fordern ein dezentrales, flächendeckendes Angebot zur Abendreal- und Abendgymnasialbechulung. Das Land Schleswig-Holstein ist hier genauso in der Mitfinanzierungspflicht, wie bei allen anderen allgemeinbildenden Schulen.
Bedarfsgerechte Gesamtschulplanung
Die SPD Schleswig-Holstein fordert die Kommunalen Politiker in Nordfriesland, Dithmarschen und allen anderen CDU-dominierten Kreise auf auch, wenn der Bedarf vorhanden ist , in ihren Kreisen IGS zubauen. Die SPD SH fordert die Kommunalpolitiker in SH auf, wenn der Bedarf vorhanden ist, in ihren Kreisen Integrierte Gesamtschulen zu bauen.
Durchlässigkeit
Die in Schleswig-Holstein vorhandene Durchlässigkeit durch Fachgymnasien und Fachoberschulen begrüßen wir ausdrücklich und halten sie für beispielhaft.
Diese Durchlässigkeit muss auch die Orientierungsstufe bestimmen. Das System der vierjährigen Grundschule und der anschließenden zweijährigen Orientierungsstufe erscheint uns hierzu grundsätzlich geeignet zu sein. Untersuchungen zeigen, dass Schulempfehlungen der Lehrer in 95 % der Fälle zutreffen. Um die beste Schullaufbahn für alle Kinder garantieren zu können ist allerdings eine weitere Angleichung der Lehrinhalte und –pläne der drei verschiedenen Schultypen notwendig. Somit können Schulwechsel während der Orientierungsstufe problemlos durchgeführt werden.
Den Schülerinnen und Schülern muss auch während der gesamten Schulzeit ermöglicht werden auf eine höhere Schule wechseln können.
Um die Schülerinnen und Schüler besser bewerten zukönnen, fordern wir Lernentwicklungsgespräche in Verbindung mit den Noten in allen Jahrgängen. Des weiteren fordern wir in den höheren Jahrgängen die Pflicht zum separaten Eltern- und Schülergespräch bezüglich der Notenvergabe. Nur so kann auch das Schleswig-Holsteinische Schulsystem die gewünschte Durchlässigkeit erreichen.
Eltern verstärkt in die gemeinsame Verantwortung nehmen
Auch aus der Unkenntnis über die verschiedenen Bildungswege schicken manche Eltern unabhängig von der Grundschulempfehlung ihre Kinder auf eine ihnen vorschwebenden Schulart, in dem Glauben, ihrem Kind damit den besten Bildungsweg zu ermöglichen.
Die Eltern sollten daher bereits vor der Erstellung des Grundschulgutachtens in beratende Gespräche verpflichtend eingebunden werden, damit der beste Bildungsweg für ihre Kinder ermittelt werden kann.
Bei der Schulwahl, abweichend von dem Gutachten, muss es ein zweites Gespräch geben, in dem die Eltern ihre pädagogische Gründe für die Entscheidung darlegen. Zur Beurteilung des Kindes sollte ebenfalls ein Gespräch zwischen diesem, den Eltern und der anvisierten Schule stattfinden.
Im Wesentlichen geht es um die Erziehungspflicht und die pädagogische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder (Auch unter dem Gesichtspunkt des Beitrags von Eltern für eine erfolgreiche Schullaufbahn ihrer Kinder).
Eigenverantwortung, aber Stufenstandards
Wir sprechen uns klar gegen zentrale Abschlussprüfungen aus, aber wollen die Einführung von fächerübergreifenden Stufenstandards, die, wenn möglich bundesweit einheitlich sind. Die Eigenverantwortung muss auch weiterhin gestärkt werden. Wir begrüßen das Budgetrecht der Kieler Schulen, und fordern die Ausdehnung im ganzen Land. Das Ansparen von Mitteln und deren Übertragung von einem Haushaltsjahr in das nächste muss möglich sein, um auch größere oder langfristige Projekte finanzieren zu können. Durch das Schulprogramm muss sich jede Schule ein pädagogisches Profil geben. Die Eigenverantwortung muss dahin gehen, dass selbst die Lehrer von der Schule ausgesucht werden können. Budgetbestimmungen, die lediglich als Vorwand zur Einsparungen von finanziellen Mitteln dienen, lehnen wir allerdings strikt ab.
Klassenteiler maximal 25
Die Absenkung des Klassenteilers vom jetzigen Standard (29 SchülerInnen) auf maximal 25 Schülerinnen und Schüler ist für die SPD Schleswig-Holstein unverzichtbar. Wir fordern auch die Einführung des Klassenteilers in Grund- und Hauptschulen.
In kleineren Klassen lässt sich effektiver lernen, weil die Lehrer intensiver und individuell auf einzelne Schülerinnen und Schüler eingehen können. Zudem fördert das Absenken des Klassenteilers die Entwicklung einer harmonischen Klassengemeinschaft, so dass Sozialkompetenzen und Teamfähigkeit einfacher erlernt werden können. So kann auch besser auf lernschwächere und lernstärkere Schülerinnen und Schüler eingegangen werden und diese Schülerinnen und Schüler könne weitaus besser in die Klassengemeinschaft integriert werden.
Wiedereinführung des Kurssystems im 11. Jahrgang
„Vertiefender Unterricht“ und erst im 13. Jahrgang erteilter Projektunterrichts können die durch die Abschaffung des Kurssystems im 11. Jahrgang versäumten Unterrichtseinheiten nicht kompensieren.
Die Oberstufenverordnung (OVO) vom Januar 1995/1999 ist ohne Korrektur nicht hinnehmbar.
Wir fordern die Streichung des Projektunterrichts in der bisherigen Form und die Wiedereinführung des Kursystems im 11. Jahrgang.
Wir sehen das Projekt G-8 als gescheitert an. Die Umverteilung des Unterrichts in der Mittelstufe ist nicht sinnvoll. Unterrichtsinhalte der Oberstufe können, aufgrund der noch nicht abgeschlossenen persönlichen Entwicklung des Lernendens, nicht vermittelt werden. Diskussionsfähigkeit und Vorbereitung auf das wissenschaftliche Arbeiten, die Grundsteine der Universitätsvorbereitung entwickeln sich in diesen Jahrgängen.
Die Änderungen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zeigen gegensätzliche Entwicklungen. Dort verwirklichen die Länder, von dem G-8 ausgehend, die 9-jährige Gymnasialzeit.
Der Landesparteitag fordert die Landesregierung auf, an der Beibehaltung der 9-jährigen Gymnasialzeit festzuhalten.
Demokratische Mitbestimmung für Schülerinnen und Schüler
Der Gedanke und die Praxis der Partizipation von Schülerinnen und Schülern im schulischem Alltag sind an vielen Schulen noch immer nicht ausreichend verankert.
Die demokratische Mitbestimmung für Schülerinnen und Schüler an der Gestaltung des Schullebens ist jedoch maßgeblich für die Identifikation der Schülerinnen und Schüler mit ihrer Schule. Außerdem kann ohne die stetige Partizipation der Schülerschaft der Erziehungsauftrag nach §4 SchulG S-H im Hinblick auf die Vermittlung demokratischer Grundwerte nicht erfüllt werden. Daher erachten wir die Erhaltung der drittelparitätisch besetzten Schulkonferenz auch unter pädagogischen Aspekten für unverzichtbar. Ferner ist die Stimm- und Antragsberechtigung der Schülerinnen und Schüler in den Fachkonferenzen einzuführen.
In außerschulischen, die Schülerinnen und Schülern betreffenden Fragen sollten diese grundsätzlich die Möglichkeit haben, ihre Interessen einzubringen.
Der Unterricht der Zukunft muss auch durch ein gemeinsames Lernen gekennzeichnet sein. Die altersgemäße Darbietung bezüglich der Schwerpunktsetzung und Ausgestaltung von Unterrichtseinheiten und deren Umsetzung ist ein wichtiger und wegweisender Schritt zu mehr Motivation bei Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Dies fördert außerdem die Sozialkompetenz, auf die unserer Meinung nach sehr viel Wert gelegt werden muss zukünftig von einem permanenten Feedback SchülerInnen-LehrerInnen und LehrerInnen-SchülerInnen gekennzeichnet sein.
Außerschulische Lernorte fördern
Schulmauern dürfen Bildung nicht einschränken. Einiges, was Schülerinnen und Schüler für ihr Leben benötigen, kann nicht in der Schule geleistet werden. Aus diesem Grund ist die Förderung außerschulischer Lernorte notwendig, da diese wesentlich zum Verständnis besprochener Themen beiträgt.
Daher müssen grundsätzlich außerschulische Lernorte in Form von ein- oder mehrtägigen Exkursionen ideell und besonders finanziell zu unterstützen werden.
Gleiches gilt für den Projektunterricht innerhalb der Schule. Dieser muss, wenn er nicht gestrichen wird, konsequent gefördert werden, um auch hier mit dem Blick auf die Schlüsselqualifikationen Teamarbeit, Eigenverantwortung und Sozialkompetenz Erfolge zu erzielen.
Ganztagsschule, Ganztagsangebote und Ganztagsbetreuung
Schule soll vielfältiges Interesse am Lernen wecken und bestenfalls auch Freude bereiten, aber vor allem muss Schule die Bildungs- und Erziehungsziele, die in §4 Schulgesetz SH verankert sind, erfüllen. Unter anderem heißt es dort, „Die Schule soll dazu befähigen, Verantwortung im privaten, familiären und öffentlichen Leben zu übernehmen und für sich und andere Leistungen zu erbringen,...“(§4 SchulG, Abs. 3).
Es ist nicht von der Hand zuweisen, dass durch sozioökonomische Veränderungen der Lebensverhältnisse Kinder und Jugendliche oftmals von Eltern nicht mehr hinreichend betreut werden, so dass dies durch externe Einrichtungen des Staates(z.B. Schulen, Jugendzentren und Kindergärten) zum Teil übernommen werden muss. Die elterliche Erziehungspflicht kann dadurch jedoch keineswegs ersetzt werden. Genauso wenig abzustreiten ist die Tatsache, dass mit steigender Tendenz immer mehr Gelder für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen – insbesondere für jene mit gestörten Tagesabläufen – zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese Kinder und Jugendlichen werden dann meist anderweitig betreut. Dies entspricht nicht dem Gedanken der Integration, so wie wir ihn verstehen.
Die pädagogisch, sinnvolle Betreuung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen in ihrem sozialen Umfeld, zu dem die Schule als Zentrum zählt, halten wir für die bessere Variante.
Dementsprechend dient eine verstärkte Kooperation zwischen Schule und Jugendarbeit sowohl dem Schulklima als auch der Integration von lernschwachen Schülerinnen und Schülern.
Daher fordern wir, dass die Institution Schule eine ganztätige pädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen gewährleistet. Schule soll zu einem Ort des gemeinsames Lernens und Erlebens werden. Diese pädagogische Betreuung kann nicht allein von den Lehrkräften geleistet werden, wir fordern daher eine ausreichende Versorgung dieser Schulen mit Sozialpädagogen zu gewährleistet werden muss.
Die SPD Schleswig-Holstein begrüßt ausdrücklich, die Zusage der Bundesregierung, ein Programm mit einem Volumen von 4 Milliarden Euro zur Finanzierung von Ganztagsschulen aufzuerlegen.
Die Ganztagsschule stellen wir uns hauptsächlich als Hauptschule oder Gesamtschule vor. In diesen Schulformen ist es wichtig, dass die Schule erzieherische und betreuende Aufgaben übernimmt. Dieses darf aber nicht dahin führen, dass sich diese Schulen zu Eliteschulen entwickeln. Wir wollen nicht mehr Unterricht nur mehr Betreuung. Nur auf so einer Ganztagsschule kann die Abfolge von Fachunterricht, Methodik und Freizeitangeboten flexibel gestaltet werden. Dazu gehört auch eine Abkehr vom 45 Minuten Rhythmus. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die kontrollierte „Norming und Storming“ - Phase ab 8:00, damit die Schülerinnen und Schüler intensiver und motivierter in der ersten Unterrichtsstunde ab 9:00 lernen können.
In den anderen Schulformen stellen wir uns ein Ganztagsangebot vor. Ein solches Ganztagsangebot könnte abgedeckt werden, indem man entweder engagierte Elternteile einbindet oder auch Studierende aus dem Bereicht der Pädagogik oder anderen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit einstellt. Ebenfalls möglich wäre auch eine Einbindung externer Einrichtungen. Neben Kooperation mit umliegenden Sportvereinen, Jugendhäusern und Beratungsstellen könnten andere Angebotsträger in dieses Konzept eingebunden werden.
Ein Vorteil für die kommunalen Schulträger ist, dass die Schulgebäude nicht mehr nachmittags und abends leer stehen und so die Investitionen besser genutzt würden.
Bundesrahmen
Die SPD Schleswig-Holstein ist der Meinung, dass in der Bildungspolitik nationale Rahmen geschaffen werden müssen.
Dieser Rahmen muss sich beziehen auf Schulformen, Schulabschlüsse und Lehrpläne. So fällt es Schülerinnen und Schülern leichter während der Schulzeit ein Bundesland zu wechseln. Außerdem können vielfach einheitliche Schulbücher gedruckt werden, was eine erhebliche Kosteneinsparung mit sich bringe.
Hochschulpolitik
Soziale Gerechtigkeit
Die 16. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes bescheinigt dem deutschen Bildungssystem eine spürbare soziale Selektion. Kinder von Beamten studieren sechsmal häufiger als Kinder aus Arbeiterhaushalten.
Soziale Selektion bedeutet Ungerechtigkeit. Jeder soll unabhängig von Besitz und Einkommen die gleichen Chancen auf ein Hochschulstudium und eine gute Ausbildung haben. Ein Hochschulstudium ist kein Erbprivileg. Soziale Selektion bedeutet Ineffizienz. Wir können es uns nicht erlauben, Menschen, nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten auszubilden. Wir brauchen jeden klugen Kopf.
Die Studierenden benötigen Planungssicherheit für eine verlässliche und garantierte Studienfinanzierung bei Studienbeginn für die gesamte Studiendauer. Es muss gewährleistet sein, dass der/die Studierende sich während des gesamten Studiums auf sein/ihr Studium konzentrieren kann. Dabei darf kein Anreiz zum Schmalspurstudium bestehen. Wir fordern eine familienunabhängige Studienfinanzierung, die jeden Abiturienten in die Lage versetzt, ein Hochschulstudium aufzunehmen und auch abzuschließen. Eine Vereinfachung und Entbürokratisierung der Mittelvergabe, hin zu festen Beträgen ist dringend erforderlich. Die Studierenden und ihre Familien sollen durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit über die Möglichkeiten der Studienfinanzierung informiert werden, um die Vorbehalte gegen die Aufnahme eines Studiums abzubauen. Das derzeitige BAföG ist zwar durch die letzte Reform verbessert worden und leistet einen wichtigen Beitrag, wird unseren Ansprüchen aber bei weitem nicht gerecht.
Wir fordern das gebührenfreie Studium. Die Bildung der Bürger ist Staatsaufgabe und muss es auch bleiben. Studiengebühren führen zu sozialen Ungerechtigkeiten, weil ihre Wirkung sozial Schwächere härter trifft als sozial Stärkere. Dies gilt für allgemeine Studiengebühren ebenso wie für Langzeitstudiengebühren und Studienkontenmodelle. Langzeitstudiengebühren erzeugen Unsicherheit über die Studienfinanzierung am Ende des Studiums und schrecken so vor der Aufnahme eines Studiums ab. Schon jetzt existieren viele studienbezogene Kosten, wie Solidarbeiträge, Kosten für Exkursionen und Literatur. Die Lenkungswirkung von Studiengebühren zum zügigen Studium lässt sich auch über andere, sozial vertretbare Maßnahmen erreichen. Beispielsweise durch die Gestaltung von Prüfungsordnungen.
Für die Verbesserung der sozialen Situation der Studierenden ist die Arbeit des Studentenwerks Schleswig-Holstein unverzichtbar. Durch die Ausgabe eines preiswerten Mittagessens in den Mensen, die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum in den Wohnheimen, die Kindertagesstätten und die Beratungsangebote leistet das Studentenwerk mit seiner Solidargemeinschaft einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Situation vor allem von sozial schwachen Studierenden und für die Integration der ausländischen Studierenden. Wir fordern daher eine langfristig gesicherte Finanzierung des Studentenwerkes durch die Landesregierung.
Hochschulstruktur und Finanzierung
Die Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein hat seit längerem ein strukturelles Problem. Man leistet sich ein Fächer- und Standortangebot, welches angesichts der prekären Haushaltslage nicht mehr ohne einen generellen Qualitätsverlust aufrechtzuerhalten ist. Wir fordern daher eine planvolle Hochschulpolitik, die qualitativ hochwertiges Studieren in Schleswig-Holstein auf Dauer gewährleisten kann.
Hohe Qualität von Bildung und Ausbildung ist oberstes Ziel aller Überlegungen. Es muss endlich selbstverständlich sein, dass bei den Bildungsausgaben nicht weiter gekürzt, statt dessen mehr ausgegeben wird. Es muss zudem ein Studienangebot geschaffen werden, bei dem nicht durch globale Einsparungen die Qualität des Studiums in allen Studiengängen unter das erträgliche Maß sinkt. So schwer es allen fällt, so besser ist es doch für die überwältigende Mehrheit der Studierenden, wenn durch Streichung von Doppelangeboten und teuren, z.T. kaum oder nicht nachgefragten Studiengängen und Standorten, eine Hochschulstruktur geschaffen wird, die für die nächsten Jahrzehnte qualitativ hochwertiges Studieren in Schleswig-Holstein garantiert.
Hierbei muss endlich gelten, dass Hochschulpolitik zuallererst die Qualität von Forschung und Lehre gewährleisten soll und nicht als Wachstumshilfe strukturschwacher Regionen zu verstehen ist. Denn durch teure Doppelangebote und strukturpolitisch motivierte Verlagerungen von Studienangeboten entstehen erhebliche, zusätzliche Ausgaben. Die Mittel zur Deckung dieser Ausgaben fehlen dann an anderer Stelle und machen es den Hochschulen unmöglich, den Studierenden ein hochwertiges Studium anzubieten.
Die Verlegung ganzer Hochschulen oder Fakultäten an andere Standorte zieht auch für öffentliche Institutionen wie das Studentenwerk erhebliche Folgekosten nach sich. Bestehende Mensen und Wohnheime sowie weitere soziale Einrichtungen, welche das Studium erleichtern und verbilligen sollen, müssen entweder geschlossen werden oder bleiben unausgelastet zurück. Am neuen Standort sind eben diese Angebote neu zu schaffen.
Beim Fächerangebot ist ein besonderes Augenmerk auf die Medizin zu richten. Das Land Schleswig-Holstein bietet an zwei Standorten, in Lübeck und Kiel, ein Vollstudium der Medizin an. Es muss die Frage aufgeworfen werden, ob dies noch weiterhin zu vertreten ist. Ein Studienplatz der Humanmedizin kostet durch das Arbeiten in kleineren Gruppen und das erforderliche Fachgerät zwangsläufig mehr als ein vergleichbarer zum Beispiel in geisteswissenschaftlichen Fächern. Man bildet hier weit über den eigenen Bedarf hinaus aus und nimmt diese hohen Kosten in Kauf.
Die einzig logische Konsequenz ist, eine Ausbildungseinrichtung zu schließen. Auch eine Aufteilung des Studienangebotes auf die beiden Standorte würde den Studierenden nur unvertretbare Bedingungen bescheren. Es sollte niemandem zugemutet werden, innerhalb kurzer Pufferzeiten zwischen Kiel und Lübeck pendeln zu müssen. Hier bedarf es einer klaren Entscheidung seitens der Landesregierung.
Die dadurch gewonnenen Finanzmittel sollen selbstverständlich nicht zum Füllen von Löchern im Landeshaushalt zweckentfremdet werden, sondern dem Hochschuletat zugute kommen und dadurch das bestehende Hochschulangebot verbessert werden.
In diesem Zusammenhang erhält die Frage der Mittelvergabe an die Hochschulen durch das Land besondere Bedeutung. Hier sollte man sich klar für eine größtmögliche Autonomie der Lehreinrichtungen aussprechen. Der Finanzrahmen der Hochschulen soll auch weiterhin durch ein Globalbudget gesichert werden, welches der Hochschule diese Autonomie bei ihrer Mittelvergabe einräumt und ihr eine eigene Prioritätensetzung erlaubt.
Darüber hinaus muss der Hochschule finanzielle Planungssicherheit durch bewilligte Globalbudgets über einen mehrjährigen Zeitraum gegeben werden. Dies ist notwendig, um als attraktiver Hochschulstandort in den Berufungsverhandlungen auftreten und das nötige qualifizierte Personal anwerben zu können. Dieser Finanzrahmen muss von Seiten der Landesregierung ganz klar eingehalten werden und auch absehbare Mehrbelastungen wie jährliche Gehalts- und Besoldungssteigerungen abdecken.
Die Hochschule muss, um ihre Autonomie zu bewahren, die Haushaltsmittel unabhängig von Haushaltssperren erhalten. Ein wirtschaftlicher Umgang könnte zudem erreicht werden, wenn die Bindung an das Haushaltsjahr entfallen würde.
Die Hochschule muss eine Vereinbarung mit dem Land erzielen, die gewährleistet, dass eingesparte Gelder für einen mittelfristigen Zeitraum im Haushalt der Hochschule verbleiben. Die momentane Situation führt zu Grabenkämpfen, die das Aufspüren von Effizienzreserven unmöglich machen. Solche sind durchaus zum Beispiel im Verwaltungsapparat vorhanden. Dies wird aber durch die Kürzung der Mittelbewilligung in Höhe des eingesparten Betrages im folgenden Jahr verhindert. Die derzeitige Situation führt nur zu einem „Dezemberfieber„ auf der Ausgabenseite und zieht oftmals unnötige Anschaffungen nach sich.
Eine weitere Möglichkeit, neue Finanzreserven zu erschließen, stellt die Werbung neuer Mittel bei Privaten und Unternehmen dar. Hier sollten allerdings an die Mittelgeber hohe ethische und ökologische Maßstäbe angewandt werden. Die Unternehmensphilosophie eines solchen „Sponsors„ muss geprüft werden, sowie die Einhaltung gesetzlicher Standards in Bereichen wie Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, Umweltschutz, Verkaufspraktiken etc. Als Selbstverständlichkeit sollte angesehen werden, dass keinerlei Einfluss auf Forschung und Lehre genommen wird und das Lehrangebot einzelner Lehrstühle und gar Fakultäten nicht in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Lage weniger „Sponsoren„ gelangt.
Ein anderer Weg der Mittelwerbung ist die stärkere Beteiligung ehemaliger Studierender an der Finanzierung in Form von Alumni-Vereinen. Hier steckt ein großes Potential von finanzieller und auch praktischer Beteilung zu Gunsten der Hochschulen.
Gleichstellung
Davon, dass Frauen in unserem Bildungswesen direkt benachteiligt werden, kann man heute kaum noch sprechen. Der Anteil der Abiturientinnen liegt bei über 50% und auch fast die Hälfte der Studierenden ist weiblich. Doch „nach oben hin„ dünnt die Frauenpräsenz zunehmend aus. Der Professorinnenanteil an deutschen Hochschulen liegt bei gerade mal fünf Prozent, und auch in den Führungsetagen deutscher Unternehmen sind nur vereinzelt Frauen zu finden. Irgendwo auf dem Weg zwischen Studienbeginn und hochqualifiziertem Abschluss gehen die Frauen der Wissenschaft also – bildlich gesprochen – verloren.
Zudem gibt es große Unterschiede zwischen den Fächern. Gerade in den Naturwissenschaften – hier sind insbesondere die Mathematik und Physik zu nennen – ist der Frauenanteil erschreckend gering.
Die Universität stellt noch immer eine männlich geprägte Welt dar, in der Frauen nur dann bestehen können, wenn sie bereit sind, sich der „männlichen Normalbiographie„ anzupassen. Neben konkreten Schritten wie Ermutigung zur Promotion und Habilitation, Berücksichtigung von Elternschaft bei Qualifizierungsfristen u.ä. muß es deshalb das übergeordnete Ziel von Politik und Gesellschaft sein, ein Modell zu entwickeln und umzusetzen, das es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglicht, auch hochqualifizierte Tätigkeiten mit Familie zu vereinbaren.
Studium im Ausland
Es gibt derzeit verschiedene Möglichkeiten für Studierende, bis zu einem akad. Jahr an einer ausländischen Hochschule zu studieren, z.B. mit dem Erasmus-Austauschprogramm oder dem DAAD.
Die Quote der Studierenden, die ins Ausland gehen, ist noch immer zu gering. 13 % der Hochschulabsolventen hatten im Jahr 2000 einen studienbezogenen Aufenthalt im Ausland absolviert. (Bundesministerium für Bildung und Forschung: Pressemitteilung 15.03.2002: Neue Studie „Internationalisierung des Studiums: Ausländische Studierende in Deutschland - Deutsche Studierende im Ausland„)
Die Bafög-Novelle der 1. Regierung Schroeder ermöglichte für Bafög-Höchstsatz-Empfänger ein zweisemestriges Auslandsstudium. Dies ist ein Anfang. Dennoch bleibt die Quote gering, weil viele Zusatzkosten entstehen: Kosten An- und Abreise (evtl. zusätzlich zu Weihnachten), Unterkunft und Lebenshaltung, die selbst innerhalb der EU stark variieren.
Nicht jeder Student hat entsprechende Mittel, und nur wenige können ihren Aufenthalt durch Bafög finanzieren. Um die Zahl der an Austauschprogrammen teilnehmenden Studierenden zu steigern, fordern wir eine gesicherte, alle Kosten abdeckende Finanzierung von Auslandsaufenthalten. Zudem müssen die Austauschplätze, vor allem die recht große Zahl an Erasmusprogrammen intensiv beworben werden, so dass alle Austauschmöglichkeiten bekannt sind und wahrgenommen werden.
Semesterticket
Das Semesterticket ist ein solidarisch finanziertes ÖPNV-Ticket, das es derzeit für Studierende in den Städten Flensburg, Kiel und Lübeck gibt. Sein Gültigkeitsbereich ist derzeit noch auf die jeweiligen Städte begrenzt.
Hohe Priorität muss nach Einrichtung des Schleswig-Holstein Tarifs die Ausweitung des Semestertickets bekommen. Wir fordern ein Ticket für ganz Schleswig-Holstein inklusive Zuganbindung an Hamburg. Dies ist im Hinblick auf die Fächerstreichungen an einigen Hochschulen von großer Bedeutung, um soziale Härten abzufedern. Studierende dürfen nicht mit den Mobilitätskosten bestraft werden, wenn sie einem Teil ihres Studiums in einer anderen Stadt nachgehen müssen. Als Ausgleich für aus strukturpolitischen Gründen getroffene Fehlentscheidungen sehen wir das Land in der Verantwortung, einen finanziellen Zuschuss zu gewähren.
Das Ticket darf nicht den Preis vergleichbarer Tickets im Bundesgebiet übersteigen. Ferner sollte ein äquivalentes Angebot für Auszubildende geschaffen werden.
Ausgaben in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft!