BTW7: Umsteuern in eine Kultur der Nachhaltigkeit (2009): Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 17. Juni 2014, 15:05 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Elmshorn 2009
Bezeichnung: BTW7
Antragsteller: Umweltforum


Beschluss: Angenommen und Überwiesen an Bundestagsprogrammkommission, Parteivorstand

Präambel:

Aus dem Hamburger Programm 2007:

"Angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, angesichts von Globalisierung und der ökologischer Krise betrachten wir Nachhaltigkeit als das einzig verantwortbare Grundprinzip politischen und wirtschaftlichen Handelns. Das Prinzip Nachhaltigkeit bedeutet: von der Zukunft her denken; dem Primat der Kurzfristigkeit widerstehen und ebenso der Dominanz des Ökonomischen, der rein betriebswirtschaftlichen Logik, von der Idee der Gesellschaft her die Politik konzipieren und demokratische Vielfalt, ökologische Dauerhaftigkeit, soziale Integration und kulturelle Teilhabe als Leitideen sozialdemokratischer Politik verstehen."

Die Krise der Finanzmärkte und ihre Folgen für die Weltwirtschaft haben gezeigt, dass die kapitalistische Wachstumsideologie der vergangenen Jahrzehnte an eine Grenze gestoßen ist. Die Menschheit muss aus dieser Krise lernen, mit den Grenzen und der Endlichkeit der auf dem Globus vorhandenen Ressourcen umzugehen. Die Herausforderung geht über die traditionelle Umweltpolitik, über ökologische Industriepolitik, Effizienzverbesserungen und Innovationen hinaus. Unabdingbar ist eine kulturelle Neuorientierung, zu der auch Suffizienz - Genügsamkeit und Bescheidenheit - und Konsistenz - Systeme und Verfahren, die dauerhaft naturverträglich sind - gehören. Freiheit heißt auch, sich im Interesse künftiger Generationen zu beschränken.

Wir sind an einer der seltenen geschichtlichen Weichenstellungen, an denen grundlegende Neuorientierungen möglich werden und sind. Wir brauchen jetzt einen Paradigmenwechsel zu einer sozialökologischen Ordnung: Wir müssen nach dieser Krise in die in Rio 1992 international verabredete und im Grundsatzprogramm der SPD formulierte "Nachhaltige Entwicklung" umsteuern. Der sozialökologische Umbau wird nicht in einer Wahlperiode möglich sein. Aber wir müssen bei allen politischen Entscheidungen der nächsten Jahre die Kriterien der Nachhaltigkeit berücksichtigen und neue Initiativen einleiten. Politik braucht die Perspektive eines guten Lebens für alle, die den Anforderungen einer dauerhaft umweltgerechten Globalisierung entspricht.


Für die Politik der SPD heißt das:

Die SPD wird sich national, europäisch und international für eine strikte Regulierung der Finanzmärkte einsetzen. Dazu gehört nicht nur die stärkere Unterlegung von Krediten mit Eigenkapital und die Verbesserung der Transparenz, sondern auch vor allem das Verbot von Leerverkäufen, Derivaten und Wetten auf Kursänderungen sowie eine Tobin-Steuer, um spekulatives Kapital abzuschöpfen. Durch klare Regeln und wirksame nationale und internationale Aufsicht müssen Stabilitätsrisiken und wirtschaftlich schädliche Fehlentwicklungen verhindert werden. Dafür werden wir auch das nationale Steuer- und Aktienrecht entsprechend ändern (Hamburger Programm). Die SPD wird die Initiative ergreifen, einen Globalen Rat der Vereinten Nationen für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik zu schaffen. Dieser Rat soll wirtschaftliche Interessen, soziale Bedürfnisse und ökologische Notwendigkeiten aufeinander abstimmen, unkontrollierte Kapitalbewegungen, soziales und ökologisches Dumping begrenzen helfen (Hamburger Programm).

Die SPD wird die Mittel für die Bekämpfung von Armut und Unterentwicklung in der Dritten Welt bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen (Hamburger Programm).

Die SPD wird die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (Bruttoinlandsprodukt) durch eine Aufstellung der dadurch verursachten ökologischen Verminderung bzw. Verschlechterung an Bodenschätzen, am Bestand von Tieren und Pflanzen, bei den Umweltmedien Boden, Luft und Wasser in der Berichtsperiode ergänzen und die statistischen Grundlagen für eine ökologische Gesamtrechnung schaffen. Der Sachverständigenrat und die Wirtschaftswissenschaftlichen Institute werden Kennziffern über die Schäden in ihre Berichte aufnehmen.

Die SPD wird mit einer ökologischen Finanzreform umweltschädliche Subventionen und Steuerprivilegien abbauen. Die Einsparungen der öffentlichen Haushalte werden als "Klimabonus" für private Energie-Effizienz-Investitionen und als "Sozial-Bonus" zur Aufstockung von Transferleistungen (kleine Renten, Hartz IV, Sozialhilfe, BAföG) verteilt. Zugleich wird die Finanzreform um Abgaben für den nichtenergetischen Verbrauch von Rohstoffen und für die Flächenversiegelung ergänzt. Die SPD wird eine Zukunftsanleihe schaffen, die über einen mehrjährigen Zeitraum eine feste Verzinsung garantiert. Das Aufkommen wird zweckgerichtet in die ökologische Modernisierung fließen.

Die SPD hält an der finanzpolitischen Nachhaltigkeit fest. Konjunkturbedingte Ausgabenprogramme werden sich daran orientieren, ob damit Klimaschutz, Ressourceneffizienz oder die soziale Infrastruktur (z.B. Bildung, Gesundheit) gefördert werden. Sie lehnt Subventionen für veraltete und ineffiziente Technologien im Energiebereich und im Verkehrswesen ab. Wir wollen die Energiewende und eine nachhaltige Mobilität.

Die SPD wird sich für die Rekommunalisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, Energie-, Wasser- und Abwasserversorgung einsetzen. Die Leitungsnetze gehören in das Eigentum der öffentlichen Hand. In der Europäischen Union werden Tendenzen zur weitere Deregulierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben entschieden bekämpfen. Wir wollen die Kommunalwirtschaft stärken. Die von der Großen Koalition geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn wird nicht weiter verfolgt. Die SPD setzt den begonnenen Ausstieg aus der Atomenergie fort und verfolgt das Ziel, noch in diesem Jahrhundert auch auf fossile Energieträger verzichten zu können. Die "Carbon Capture and Storage"- Technologie (CCS) ist keine Perspektive, die den Bau neuer Kohlekraftwerke legitimieren könnte. Sie brächte erhebliche Effizienzverluste und würde neue Transport- und Lagerprobleme wie beim Atommüll verursachen. Für die CCS-Entwicklung dürfen keine Steuermittel ausgegeben werden. Stattdessen wollen wir die Entwicklung von Druckluftspeichern für die Windenergie fördern.

Eine sichere und preiswerte Energieversorgung wird künftig auch ohne die Nutzung fossiler Energieträger möglich sein. Ziel ist es, die Energieversorgung unter Berücksichtigung vorhandener Technologien und Potenziale möglichst dezentral zu gestalten. Als Brücke ins nachhaltige Energiezeitalter setzen wir auf Energiedienstleistungen. Neue hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke werden nur für eine dezentrale Versorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung zugelassen (Hamburger Programm), wenn der Gesamtwirkungsgrad von 55% eingehalten wird und nicht mehr Leistung in Betrieb genommen als abgeschaltet wird. Wir werden neue Möglichkeiten der Energiespeicherung entwickeln und fördern. Die Grundlast kann künftig auch über eine begrenzte transeuropäische Netzstruktur durch Solarenergie, Windkraft, Biomasse (Kraft-Wärme-Koppelung), Geothermie und Meeresenergie gesichert werden. Die SPD wird dem Ausbau des Schienennetzes einen eindeutigen Vorrang gegenüber dem Ausbau von Bundesfernstraßen geben. Mit einem Tempolimit von 120 km/h für Autobahnen kann nicht nur der CO2-Aussstoß, sondern auch der Flächenverbrauch reduziert werden, weil der Querschnitt der Straßen reduziert werden kann. Alle Vorhaben zum Ausbau von Binnenwasserstraßen werden nach den Kriterien von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Eine weitere Vertiefung der Unterelbe ist überflüssig. Stattdessen werden wir in Abstimmung mit den norddeutschen Küstenländern ein gemeinsames Hafenkonzept entwickeln. Der ÖPNV wird durch verbesserte Finanzzuweisungen an die Länder verstärkt gefördert. Überflüssigen Verkehr wollen wir durch bessere Logistik und vernünftige Siedlungsstrukturen vermeiden (Hamburger Grundsatzprogramm).

Die SPD wird die Natur in ihrer Vielfalt und in ihrem Artenreichtum bewahren. Im Konfliktfall entscheidet sich die SPD gegen kurzfristige wirtschaftliche Interessen und für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Empfehlungen der Nationalen Biodiversitätsstrategie werden schrittweise umgesetzt. Dabei werden wir nach den Zielen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie den Flächenverbrauch erheblich reduzieren und in einer Nationalen Bodenkonferenz die erforderlichen Absprachen mit Ländern und Kommunen treffen.

Die SPD wird den giftfreien, CO2-armen ökologischen Landbau fördern. Wir wollen die Weichen für eine Kreislauflandwirtschaft stellen. Die SPD wird die Verbraucheraufklärung darin unterstützen, für die Ernährung regionale und saisonale Lebensmittel zu empfehlen. Wir werden den Verbraucherschutz zu einer aktiven Verbraucherpolitik fortentwickeln.

Die SPD will Mensch und Natur vor Kontaminierung schützen. Sie lehnt deshalb die "grüne Gentechnik" ab. Sie wird dafür sorgen, dass bereits beschlossene Regelungen nicht zu einer Kontaminierung von Nahrungsmitteln bzw. zu einer Störung der Biodiversität führen. Patentrechte an der Natur und an den Genen der Lebewesen darf es nicht geben.

Die SPD wird die laufende UNO-Dekade zur "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" (2004-1014) durch eigene Programme des Bundes in allen Bereichen des Bildungswesens unterstützen, um Fähigkeiten und Motivation des einzelnen zu fördern, sich gesellschaftlich und politisch für ein Umsteuern auf Nachhaltigkeit einzusetzen.