Initiativ II Neu: Sicherheit im Wandel - Mut zur Vision, Kraft zur Erneuerung - Die SPD in Schleswig-Holstein stellt sich den neuen Herausforderungen (2003): Unterschied zwischen den Versionen

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===Gesellschaftliche Reformen brauchen eine selbstbewusste Partei===
===Gesellschaftliche Reformen brauchen eine selbstbewusste Partei===
Reformen müssen den Menschen Sicherheit geben und Angst nehmen. Wer grund­legende gesellschaftliche Reformen politisch steuern will, braucht zur Regierungs­fähigkeit dabei gerade in Zeiten von Unsicherheit und Verunsicherung mehr denn je den Erhalt und die Stärkung der Parteifähigkeit. Die Legitimierung der notwendigen Reformpolitik muss immer wieder aus dem Grundsatzprogramm, dem Wahlpro­gramm und dem Regierungsvertrag hergeleitet werden. Sie muss verankert werden in der Entwicklung grundsätzlicher Perspektiven für Wohlstand und soziale Gerech­tigkeit, für Innovationen, Bildung und Nachhaltigkeit. Eine Regierung und eine Partei können nur bestehen, wenn sie den Kernbestand ihrer Identität und ihrer eigenen historischen Erfolge für ihre Wählerschaft selbstbewusst pflegen und verteidigen. Dies gilt für unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Es gilt für unser Grundverständnis von Wohlstand und Arbeit für alle, von Chancengleichheit und Teilhabe, von Gemeinsinn, Leistung und eigener Verantwortung. Es gilt erst recht auch für konkrete politische Leistungen für die Menschen und insbesondere für die eigene Wählerschaft. Wir brauchen Verbindlichkeit und Klarheit, dass die schwer erkämpften Reformen und Errungenschaften von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bis Flächentarifvertrag, von Mitbestimmungsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz bis zum Kündigungsschutz nicht in Frage gestellt werden.
Der Wohlstand und der soziale Frieden in unserer Gesellschaft gründen auf einem ausgewogenen Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmerseite und ihren Gewerk­schaften einerseits und der Wirtschaft andererseits. Die betriebliche Mitbestimmung, die Flächentarife und der Kündigungsschutz sind Teil dieser Balance. Ein deutliches Bekenntnis dazu schafft das nötige Vertrauen, dass die SPD auch als Regierungs­partei im globalen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft klaren Kurs hält und sich nicht verbiegen lässt. Wer sich selbst nicht ernst nimmt, wird von niemandem mehr ernst genommen.
Der Angriff auf die Gewerkschaften, wie wir ihn gegenwärtig in aller Härte stärker denn je in einer unheiligen Allianz aus Unternehmensverbänden, Teilen der Publi­zistik und der CDU/CSU und FDP erleben, soll die „Revolution des Kapitals“ (Han­delsblatt 1999) vorbereiten. Er soll die Gewerkschaften treffen und damit auch die SPD. Die Aushebelung der Gewerkschaften aus dem Flächentarifvertrag ist hier die entscheidende Stoßrichtung. Bereits heute existieren zahlreiche Flächentarifverträge mit Öffnungsklauseln, die die Situation einzelner Branchen unter regionalen oder be­trieblichen Gesichtspunkten berücksichtigen. Die Angriffe auf den Flächentarifvertrag als Prinzip, seine Durchlöcherung und Auflösung müssen deshalb geschlossen zu­rückgewiesen werden. Wir erwarten, dass hier Klarheit für den Kurs von Regierung und Partei geschaffen.


==Unsere Anforderungen an die Agenda 2010 – sozial gerecht, innovativ, Beschäftigung fördernd==
==Unsere Anforderungen an die Agenda 2010 – sozial gerecht, innovativ, Beschäftigung fördernd==

Version vom 18. Juni 2013, 18:23 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Bad Segeberg 2003
Bezeichnung: Initiativ II Neu
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


Aktive Reformpolitik unter veränderten Rahmenbedingungen

Das Ergebnis der Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein ist ebenso wie die Land­tagswahlergebnisse aus Hessen und Niedersachsen ein deutliches Signal der Bevöl­kerung an die SPD, ihrer Politik wieder eine klare Orientierung zu geben.

Viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland empfinden eine Partei übergreifende Orientierungslosigkeit der Politik und das Gefühl der Ohnmacht gegenüber wachsenden Problemen. Stimmung entscheidet über Zustimmung. Viele Probleme lassen sich erklären. Dazu muss Politik Orientierung vermitteln und Mut zu Reformen finden.

Wir müssen deshalb in der SPD wieder den Weg zu einer tiefer gehenden Analyse der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse finden, die vorhandenen und ab­sehbaren Widersprüche deutlich ansprechen und unsere Lösungen klar entwickeln und konsequent umsetzen.

Für einen neuen Gesellschaftsantrag zur politischen Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft

Seit dem Ende der zweigeteilten Welt droht sich der Vorrang einer Kurzfrist-Ökonomie durchzusetzen, die sich in erster Linie auf immer schneller fließende Finanzströme und multinational tätige Kapitalgesellschaften stützt.


Die völlige Ökonomisierung der Gesellschaft unter dem Diktat der kurzen Frist hat – im Zusammenwirken mit dem demographischen und technologischen Wandel - verhängnisvolle Folgen: Investitionen in produktive Bereiche gehen zurück, Infrastruktur wird vernachlässigt, die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte spitzt sich zu, die Systeme der sozialen Sicherheit erodieren, Arbeitslosigkeit verfestigt sich, die Umweltzerstörung wird nicht gestoppt. Vor allem aber: Diese Form der Globalisierung schwächt die Demokratie, die allein ein neues Gleichgewicht durch­setzen kann.


Vor dem Hintergrund dieser geschichtlichen Erfahrungen müssen wir uns auf den mühsamen und schwierigen Weg machen, einerseits der Wirtschaft neue Dynamik zu ermöglichen und andererseits von neuem soziale und ökologische Reformen durchzusetzen. Es geht darum, die Auseinandersetzung zwischen liberalem Kapitalismus oder sozialer Demokratie offensiv zu führen.


„Die Welt verändert sich in rasender Geschwindigkeit... Entweder wir modernisieren - und zwar als soziale Marktwirtschaft - oder wir werden modernisiert – und zwar von den ungebremsten Kräften des Marktes, die das Soziale beiseite drängen“, so Gerhard Schröder in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 14. März 2003. Der Weg für eine sozialdemokratisch geprägte Agenda 2010 ist damit vorgezeichnet: Unser Ziel ist – wie der Bundeskanzler das herausgestellt hat – die Erneuerung und Zukunftsfähigkeit des „europäischen Gesellschaftsmodells“, das auf der sozialen und ökologischen Einbindung der Wirtschaft beruht und auch unter den Bedingungen der Globalisierung einen stabilen Gesellschaftsvertrag möglich macht.

Kein automatisches Wachstum wird uns diese Aufgabe abnehmen. Der deutsch-britische Soziologe Ralf Dahrendorf hat Recht: Wenn es nicht gelingt, die Prozesse, die unter dem Stichwort der Globalisierung gefasst werden, im weitesten Sinne sozial zu regeln, droht ein autoritäres Jahrhundert. Deshalb müssen wir Gruppeninteressen und Egoismus überwinden und zu einer großen und solidarischen Gemeinschafts­anstrengung für mehr Lebensqualität kommen.

Deshalb passen wir uns nicht den falschen Konzepten des Marktradikalismus an, die von einem ökonomischen Einheitsdenken ausgehen. Die SPD und die von ihr ge­führte Regierung nehmen selbstbewusst und mutig den Weg der Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft in Angriff.

Die Handlungsfähigkeit des Staates erhalten

Der beschleunigte Prozess der „Globalisierung" berührt beinahe alle Lebens­bereiche: Wirtschaft und Gesellschaft ebenso wie Sicherheit, Bildung, Umwelt und Kultur. Das macht neue sozialdemokratische Antworten erforderlich, welche Bereiche gesellschaftlichen Zusammenlebens auch in Zukunft gemeinsam politisch verant­wortet werden, welche staatlich reguliert werden müssen, und welche dem freien marktwirtschaftlichen Spiel der Kräfte überlassen werden sollen. Die SPD muss deshalb den Kernbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge offensiv definieren, den sie nicht den Modetrends der sogenannten Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung opfern will.

Die SPD bekennt sich zu einem notwendigen Fundament öffentlicher Vorsorge und Versorgung, ohne das die Chance aller zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit nicht gewährleistet werden kann. Zu diesem Fundament gehören die kommunalen Auf­gaben der Daseinsvorsorge, das öffentliche Bildungssystem, der Schutz und die Nutzung der natürlichen Ressourcen und nicht zuletzt der Sozialstaat mit seinen Sicherungssystemen gegen Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, finanzielle Sicherung im Alter und bei Pflegebedürftigkeit.

Die SPD wendet sich deshalb gegen alle Versuche, den Abbau von staatlichen Regelungen und die Reduzierung staatlicher Tätigkeit unter dem Vorwand der Förderung individueller Freiheitsrechte zur Ideologie zu machen. Einen finanziell schwachen Staat können sich nur die wirtschaftlich Starken leisten. Privatisierung und Deregulierung sind keine Werte an sich. Es geht vielmehr um die Verbesserung der Effizienz öffentlicher Institutionen und darum, ob im Einzelfall private Anbieter die von der Gesellschaft nachgefragten Dienstleistungen für alle - ohne Abstriche an der Möglichkeit zur Teilhabe für alle - günstiger erbringen können.

Dem Bekenntnis zu einer aktiven und aktivierenden Rolle des Staates muss auch die finanzielle Sicherstellung der öffentlichen Aufgaben entsprechen. Eine niedrige Staatsquote darf nicht zum Dogma werden. Es geht vielmehr darum, dass über die verschiedenen Ebenen der Politik die gemeinschaftlichen Aufgaben bezahlt werden können.

Der Anteil der öffentlichen Haushalte am Sozialprodukt muss sich daran orientieren, wie Bund, Länder und Gemeinden gesellschaftliche Aufgaben wie Bildung und Wissenschaft, Kinderbetreuung, soziale Sicherheit, Jugendhilfe und Sozialarbeit, Verkehrsinfrastruktur, innere und äußere Sicherheit, Umweltschutz und Kultur ausreichend finanzieren können. Er muss auch die Verpflichtungen Deutsch­lands gegenüber anderen Ländern in der e i n e n Welt berücksichtigen.

Gesellschaftliche Reformen brauchen eine selbstbewusste Partei

Reformen müssen den Menschen Sicherheit geben und Angst nehmen. Wer grund­legende gesellschaftliche Reformen politisch steuern will, braucht zur Regierungs­fähigkeit dabei gerade in Zeiten von Unsicherheit und Verunsicherung mehr denn je den Erhalt und die Stärkung der Parteifähigkeit. Die Legitimierung der notwendigen Reformpolitik muss immer wieder aus dem Grundsatzprogramm, dem Wahlpro­gramm und dem Regierungsvertrag hergeleitet werden. Sie muss verankert werden in der Entwicklung grundsätzlicher Perspektiven für Wohlstand und soziale Gerech­tigkeit, für Innovationen, Bildung und Nachhaltigkeit. Eine Regierung und eine Partei können nur bestehen, wenn sie den Kernbestand ihrer Identität und ihrer eigenen historischen Erfolge für ihre Wählerschaft selbstbewusst pflegen und verteidigen. Dies gilt für unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Es gilt für unser Grundverständnis von Wohlstand und Arbeit für alle, von Chancengleichheit und Teilhabe, von Gemeinsinn, Leistung und eigener Verantwortung. Es gilt erst recht auch für konkrete politische Leistungen für die Menschen und insbesondere für die eigene Wählerschaft. Wir brauchen Verbindlichkeit und Klarheit, dass die schwer erkämpften Reformen und Errungenschaften von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bis Flächentarifvertrag, von Mitbestimmungsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz bis zum Kündigungsschutz nicht in Frage gestellt werden.


Der Wohlstand und der soziale Frieden in unserer Gesellschaft gründen auf einem ausgewogenen Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmerseite und ihren Gewerk­schaften einerseits und der Wirtschaft andererseits. Die betriebliche Mitbestimmung, die Flächentarife und der Kündigungsschutz sind Teil dieser Balance. Ein deutliches Bekenntnis dazu schafft das nötige Vertrauen, dass die SPD auch als Regierungs­partei im globalen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft klaren Kurs hält und sich nicht verbiegen lässt. Wer sich selbst nicht ernst nimmt, wird von niemandem mehr ernst genommen.

Der Angriff auf die Gewerkschaften, wie wir ihn gegenwärtig in aller Härte stärker denn je in einer unheiligen Allianz aus Unternehmensverbänden, Teilen der Publi­zistik und der CDU/CSU und FDP erleben, soll die „Revolution des Kapitals“ (Han­delsblatt 1999) vorbereiten. Er soll die Gewerkschaften treffen und damit auch die SPD. Die Aushebelung der Gewerkschaften aus dem Flächentarifvertrag ist hier die entscheidende Stoßrichtung. Bereits heute existieren zahlreiche Flächentarifverträge mit Öffnungsklauseln, die die Situation einzelner Branchen unter regionalen oder be­trieblichen Gesichtspunkten berücksichtigen. Die Angriffe auf den Flächentarifvertrag als Prinzip, seine Durchlöcherung und Auflösung müssen deshalb geschlossen zu­rückgewiesen werden. Wir erwarten, dass hier Klarheit für den Kurs von Regierung und Partei geschaffen.

Unsere Anforderungen an die Agenda 2010 – sozial gerecht, innovativ, Beschäftigung fördernd

Den Sozialstaat weiter solidarisch gestalten

Die Wirtschaft modernisieren – das Recht auf Arbeit fördern

Die öffentlichen Finanzen wieder stärken