Resolution: Kein Kampf der Kulturen, sondern Kampf um die Kultur im 21. Jahrhundert (2001)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Norderstedt 2001
Bezeichnung: Resolution
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


Der Landesparteitag möge beschließen:


I.

Die beispiellosen terroristischen Anschläge vom 11. September auf New York und Washington waren nicht nur Angriffe auf die Vereinigten Staaten; sie sind auch ein Angriff auf die Menschenwürde, die Achtung vor dem menschlichen Leben sowie auf die Werte von Freiheit, Toleranz, Demokratie und friedlichem Interessenausausgleich überall in der Welt.

Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen hat festgestellt, dass die Anschläge auf New York und Washington eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellen. Der UN-Sicherheitsrat hat damit eine Weiterentwicklung des bisherigen Völkerrechts vorgenommen. Bislang galt ein bewaffneter Angriff, eine Störung des Weltfriedens, der Weltsicherheit immer dann, wenn es sich um einen Angriff von einem Staat auf einen anderen Staat handelte. Mit dieser Resolution - das ist das Neue - sind die völkerrechtlichen Voraussetzungen für ein entschiedenes, auch militärisches Vorgehen gegen den Terrorismus geschaffen worden (UN-Resolution 1368 vom 24. September 2001). Der NATO-Rat hat den USA seine volle Solidarität auf der Grundlage von Art. 5 des NATO-Vertrages erklärt. In dieser Woche hat UN-Generalsekretär Kofi Annan die Rechtmäßigkeit der amerikanischen und britischen Angriffe auf Einrichtungen in Afghanistan bestätigt.

Wir stehen an der Seite der USA und begrüßen die Bereitschaft der Bundesregierung zur uneingeschränkten Solidarität mit Amerika. Wir unterstützen die klaren und besonnenen Entscheidungen des Bundeskanzlers und der Bundesregierung im Zusammenhang mit der terroristischen Bedrohung. Auf diesen von den UN und der NATO geschaffenen Grundlagen geht es jetzt um Maßnahmen gegen Urheber und Hintermänner, gegen Auftraggeber und Drahtzieher der Attentate und ebenso gegen Staaten, die den terroristischen Verbrechern Unterstützung und Unterschlupf gewähren. Wir unterstützen die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung, im Rahmen des Grundgesetzes und der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch militärischen Beistand zu leisten.

Die Angriffe auf Ziele in Afghanistan sind kein Kampf gegen das afghanische Volk und den Islam, sondern gegen die Unterdrücker des Volkes, die zudem internationalen Terroristen Unterstützung und Unterschlupf geben. Wir begrüßen die Zusage der Bundesregierung, dass Deutschland sich an der Bewältigung des Flüchtlingselends in der Region großzügig beteiligen wird.


II.

Darüber hinaus fordern wir ein umfassendes politisches, ökonomisches und kulturelles Konzept, das dem Terrorismus seinen Nährboden entzieht. Um Frieden und Sicherheit in der Welt zu fördern, müssen endlich lange vernachlässigte weltpolitische Vorhaben in Angriff genommen werden. Dazu zählen für uns vor allem

  • eine Lösung des Palästina-Konflikts, die einen Durchbruch zum Frieden im Nahen Osten schafft;
  • eine neue, ökonomisch nachhaltige Perspektive für den Teil der Welt, in dem Hunger, Not und Unterentwicklung herrschen. Es gilt unverändert, was Willy Brandt bereits vor zwanzig Jahren im Bericht der Nord-Süd-Kommission festgestellt hat: „Wo Hunger herrscht, kann Friede nicht Bestand haben.“;
  • neue Bemühungen um einen interkulturellen Dialog zwischen den verschiedenen Kulturen und Weltreligionen
  • sowie wirksame Maßnahmen gegen den internationalen Handel mit Waffen und Drogen sowie die Geldwäsche.

Wir fordern die Bundesregierung auf, im Sinne eines umfassenden Konzepts zur Bekämpfung, Prävention und Bewältigung des Terrorismus ihre internationalen Bemühungen auf diesen Gebieten zu verstärken.

Wir unterstützen die von der Bundesregierung und der Landesregierung getroffenen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung und zur Erhöhung der inneren Sicherheit.

Unser besonderer Dank gilt der Polizei, der Bundeswehr und dem Bundesgrenzschutz sowie allen, die aufgrund der aktuellen Sicherheitslage besondere Anstrengungen und Leistungen erbringen.


III.

Es geht jetzt nicht um einen Kampf der Kulturen, sondern wir führen einen Kampf um die Kultur in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt. Der Kampf gilt dem Terrorismus, nicht dem Islam. Auch wir werden im Rahmen unserer politischen Verantwortung im Bund, im Land sowie in den Kreisen, Städten und Gemeinden in Schleswig-Holstein dafür eintreten, dass unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gegen Anfeindungen und Übergriffe geschützt werden. Sie sind unsere Nachbarn, Kollegen und im privaten Bereich unsere Freunde. Die Anschläge von New York und Washington waren schreckliche Verbrechen fanatischer Fundamentalisten; sie missbrauchen den Islam als Motiv für ihren Terrorismus. Wir werden den Dialog mit allen friedliebenden Muslimen in unserem Land verstärken und zum Verständnis für die unterschiedlichen Religionen beitragen.

Wir sind entschlossen, einer Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas durch Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten. Deshalb werden wir unsere Bemühungen um eine Integration der bei uns lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger fortsetzen und verstärken. Dazu gehört auch ein konsequentes Vorgehen gegen rechtsextremistische Gewalt in Deutschland. Der Terrorismus darf uns nicht daran hindern, ein modernes Zuwanderungsrecht zu schaffen. Ein solches Gesetz, das Zuwanderung regelt und steuert, wird in Deutschland dringend gebraucht.

Wir trauern um die Opfer, darunter auch viele Deutsche. Wir sind fassungslos, aber nicht hilflos. Wir besinnen uns auf die Stärke des demokratischen und sozialen Rechtsstaats; er ist Garant für Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit.