Soz5: Absicherung Solo-Selbstständige: Unterschied zwischen den Versionen

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''(Überwiesen an Landesparteirat)''
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Version vom 16. April 2013, 10:54 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Lübeck 2012
Bezeichnung: Soz5
Antragsteller: Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen (AGS)


Beschluss: Angenommen und Überwiesen an Landesparteirat, Arbeitskreis Steuern und Finanzen

(Überwiesen an Landesparteirat)

(Angenommen)

Die Absicherung der Solo-Selbständigen in unserer Gesellschaft muss grundlegend geändert werden. Dazu sind Instrumente zu schaffen, die einerseits die Grundlagen ihrer Selbständigkeit sichern helfen und andererseits ihre soziale Sicherheit verbessern.


(Überwiesen an AK Steuern und Finanzen)

Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Verbesserung der Möglichkeiten der Kapitalaufnahme, z.B. durch günstige Mikrokredite, leichteren Zugang zu staatlich abgesicherten Bürgschaften etc.
  • Zugang zu einer freiwilligen, bezahlbaren „Auftragslosenversicherung“, die mit zeitlicher Begrenzung eine gerade noch auseichende Finanzierung zur Fortführung der Tätigkeit ermöglicht.
  • Erleichterter Zugang zur staatlichen Förderung von Weiterbildungen, unabhängig von Vorausbildung oder Vorbeschäftigung
  • Besserer Rechtsschutz gegenüber Auftraggebern, hier insbesondere bei Insolvenzen und der Verlagerung von Risiken auf die Auftragnehmer
  • Einführung einer eigenständigen sozialen Absicherung, z.B. nach dem Modell der Künstlersozialkasse


Begründung:

Zwischen Unternehmertum und Armut: Solo-Selbständige.

Solo-Selbständige sind Selbständige ohne Arbeitnehmer. In Deutschland gibt es nach einer Erhebungen des Sozialbeirats der Bundesregierung 2,32 Mio. Solo –Selbständige, dass sind 56 % aller Selbständigen.

Zwischen 2002 und 2007 wuchs die Zahl der Solo – Selbständigen um 25 %, im Vergleich dazu betrug das Wachstum der Selbständigen mit Arbeitnehmern gerade mal drei Prozent. 37 Prozent aller Solo – Selbständigen sind Frauen. Die Zahl der Solo-Selbständigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit wuchs zwischen 1998 und 2008 um 45%. In Schleswig-Holstein beträgt die Quote an Solo-Selbständigen 11,2 Prozent. Das ist nach Hamburg, Berlin und Bayern die vierthöchste Quote an Solo-Selbständigen aller Bundesländer.

Solo-Selbständige schaffen Arbeitsplätze, mindesten ihren eigenen. Man findet sie in vielen Branchen, insbesondere in Medien, Journalismus, Werbung, Kunst, Wissenschaft, Transport, Versicherungen, Einzelhandel, Sales Management, Non- Profit, öffentliche Dienstleistung und Sozialarbeit. Dabei sind Solo-Selbständige sowohl im Bereich der „niedrig“ qualifizierten Arbeit als auch im Bereich der hoch qualifizierten Bereich tätig.

Je nach Qualifikation bewegen sich Solo Selbständige in teilweise äußerst unsicheren Verhältnissen. Nicht Wenige sind von akuter Armut bedroht oder auf ergänzende Leistungen zum Lebensunterhalt im Rahmen des ALG II angewiesen. In vielen Fällen müssen Tätigkeiten weit unter dem eigenen Qualifikationsniveau ausgeübt werden, dies trifft besonders auf Migranten zu.

Das ständige Risiko eines wirtschaftlichen Scheiterns macht eine langfristige Lebens- und Familienplanung oft unmöglich, es genügt eine Krankheit oder ein unvorher- gesehener Ausfall eines größeren Kunden, um die Existenz zu gefährden. Dabei stellt die Solo- Selbständigkeit für viele Menschen erstmalig wieder eine neue Chance zur Teilhabe an Erwerbsarbeit dar, z.B. für Frauen nach der Kinderphase oder für ältere Beschäftigte nach einem Verlust des Arbeitsplatzes.

Solo–Selbständige genießen kaum besondere Schutzrechte. Garantien aus den Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetzen gelten für Selbständige nicht, für die Krankenversicherung, Renten- und Unfallversicherung muss privat vorgesorgt werden. Da sind einkommenslose Zeiträume ohne Rücklagenbildung kaum zu überstehen. In vielen Fällen fehlt es schon zu Beginn der Selbständigkeit an ausreichenden und umfassenden Informationen zu allen grundlegenden Fragen der Existenzgründung, vor allem fehlt es aber am Zugang zu Kapital. Meist ist das Startkapital zu gering, häufig fehlt aber auch eine ausreichende Kapitalversorgung in Konsolidierungsphasen. Banken bieten da fast ausschließlich nur Konsumentenkredite an. Durchschnittlich hatten Solo-Selbstständige in Vollzeitbeschäftigung im Jahr 2008 ein Einkommen von 2.001 Euro zur Verfügung. Das waren 60,6 % des Nettoeinkommens der Selbstständigen mit Beschäftigten, das bei 3.304 Euro lag, und 7,2 % mehr als abhängig Beschäftigten zur Verfügung stand (1.867 Euro).

Solo-Selbständige sind kaum organisiert und als Zielgruppe bei IHK und Interessenverbänden eher stiefmütterlich behandelt. Die bestehenden Netzwerke aus Existenzgründern nehmen hier mehr die Stellung von Selbsthilfegruppen ein. Die einzige wahrnehmbare Interessenvertretung für Solo-Selbständige ist die Gewerkschaft Verdi. Für Selbstständige wurde – in der Bundesrepublik einmalig – ein eigenes Referat auf Bundesvorstandsebene geschaffen. Das Referat Selbstständige und Freie verantwortet unter anderem das Beratungsangebot mediafon.net, das gegen Gebühr auch Nicht-Mitgliedern von Verdi zugänglich ist. So sehr die Angebote der Gewerkschaft auch wertzuschätzen sind, Selbständige sind keine Arbeitnehmer und wollen in der Regel auch nicht arbeitnehmerähnlich vertreten werden.

Mit der weiteren Zunahme an Dienstleistungsangeboten wird auch die Zahl der Selbständigen mit und ohne Beschäftigte steigen. Bislang ist es der Politik jedoch noch nicht gelungen, gerechte und transparente Regelungen zur Existenzsicherung von Solo-Selbständigen zu schaffen. Dies ist jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit langfristig extremer Bedeutung, wenn nicht eine ganze, ständig wachsende Gruppe unserer Gesellschaft auf staatliche Grundsicherungssysteme angewiesen sein soll.

  • Durch die Verbesserung der Möglichkeiten der Kapitalaufnahme, z.B. durch günstige Mikrokredite, leichteren Zugang zu staatlich abgesicherten Bürgschaften etc. werden die Solo-Selbständigen in die Lage versetzt, temporäre Engpässe eher zu überbrücken.
  • Dasselbe gilt für den Zugang zu einer freiwilligen, bezahlbaren und zeitlich begrenzten Auftragslosenversicherung, die zudem die Notwendigkeit ergänzender Hilfen des Staates seltener machen könnte.
  • Ein erleichterter Zugang zur staatlichen Förderung von Weiterbildungen, unabhängig von Vorausbildung oder Vorbeschäftigung kann Fehler vor und nach Beginn der Selbständigkeit verhindern.
  • Ein besserer Rechtsschutz gegenüber Auftraggebern, hier insbesondere bei Insolvenzen und der Verlagerung von Risiken auf die Auftragnehmer (Beispiel Spediteure) nützt auch der Allgemeinheit.
  • Einführung einer eigenständigen sozialen Absicherung, z.B. nach dem Modell der Künstlersozialkasse sorgt auch für die zukünftige Entlastung der Grundsicherungssysteme und für eine verbesserte Wettbewerbsgerechtigkeit.