St1: Keine Studiengebühren an Schleswig-Holsteins Hochschulen (2006)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2006
Bezeichnung: St1
Antragsteller: Kreisverband Lübeck, Kreisverband Rendsburg-Eckernförde und Kreisverband Kiel


Beschluss: Angenommen


  1. Die SPD Schleswig-Holstein lehnt auch weiterhin die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium ab und bekräftigt damit den Beschluss des SPD-Landesparteitages vom 11. August 2005. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben die Ablehnung von Studiengebühren bereits in den schleswig-holsteinischen Landtagswahlkämpfen in den Jahren 1996, 2000 und 2005 und in den Bundestagswahlkämpfen in den Jahren 1998, 2002 und 2005 öffentlich vertreten. Die schleswig-holsteinische SPD sieht sich dabei in der Tradition Friedrich Eberts und Willy Brandts, begabten jungen Menschen unabhängig von den eigenen materiellen Möglichkeiten bzw. denen der Eltern den Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen.
  2. Die SPD Schleswig-Holstein hält Studiengebühren für sozial ungerecht, weil sie den Zugang zu wissenschaftlicher Bildung und Ausbildung an den Hochschulen und Fachhochschulen des Landes abhängig machen würden vom verfügbaren Einkommen und Vermögen anstatt von Leistung und Begabung derjenigen, die ein solches Studium aufnehmen wollen.
  3. Die SPD Schleswig-Holstein bewertet Studiengebühren als innovationsfeindlich, weil sie zusätzliche Hürden für einen hochqualifizierten Arbeitskräftenachwuchs errichten würden, auf den die hoch entwickelte Industrie- und Dienstleistungswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland und damit auch Schleswig-Holstein dringend angewiesen sind.
  4. Die schleswig-holsteinische SPD sieht die Rolle Schleswig-Holsteins als „Existenzgründerland“ gefährdet, wenn den zukünftigen, an Hochschulen und Fachhochschulen des Landes ausgebildeten Existenzgründerinnen und Existenzgründern zusätzlich zu den finanziellen Lasten der Betriebsgründung oder –nachfolge noch Rückzahlungsverpflichtungen für Kredite aufgebürdet werden, die zur Finanzierung von Studiengebühren aufgenommen wurden. Ein dadurch bedingter Rückgang an Betriebsgründungen würde auch die Zahl zu erwartender Arbeitsplätze für Menschen ohne akademische Ausbildung verringern.
  5. Die SPD Schleswig-Holstein hält Studiengebühren für familienunfreundlich, weil Menschen, die gerade ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium abgeschlossen haben und ihr Erwerbsleben ohne bisheriges Einkommen beginnen, mit gebührenbedingter Verschuldung die politisch erwünschte Familiengründung weiter verschieben oder gar ganz aufgeben könnten.
  6. Die SPD Schleswig-Holstein sieht in der mit der Gebührenberechnung und ihrem Einzug verbundenen Verwaltung einen klaren Widerspruch zum berechtigten Anliegen des Abbaus überflüssiger Bürokratie. Der zusätzliche Regulierungs- und Bürokratieaufwand würde sich durch ein – bisher nicht klar definiertes – Stipendiensystem und rechtlich gebotene Ausnahmeregelungen (z.B. für studierende Eltern und Alleinerziehende, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen u.ä.) noch erhöhen und einen Großteil der durch die Gebührenerhebung erzielten Einnahmen aufzehren.
  7. Die SPD Schleswig-Holstein hält an dieser im Koalitionsvertrag der schleswig-holsteinischen CDU und der schleswig-holsteinischen SPD vom 16. April 2005 getroffenen Vereinbarung fest: „Bei der Einführung von Studiengebühren wird Schleswig-Holstein keine Vorreiterrolle übernehmen, aber auch keine Insellösung zulassen. Vor einer Entscheidung wird die Entwicklung in den norddeutschen Ländern abgewartet.“
    Dazu stellt die SPD fest: Zu den „norddeutschen Ländern“ gehören nicht nur die zur Zeit von Christdemokraten geführten Länder Hamburg und Niedersachsen, sondern auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Im seit langem großkoalitionär regierten Bremen werden entgegen der Forderung des dortigen CDU-Landesverbandes keine allgemeinen Studiengebühren erhoben, sondern seit dem Jahr 2005 Studienzeitguthaben von 14 Semester an Studierende mit Bremer Wohnsitz vergeben, bei denen erst nach Überschreitung dieser Semesterzahl die Gebührenpflicht einsetzt. Im derzeit SPD/PDS-regierten Mecklenburg-Vorpommern werden gar keine Studiengebühren erhoben. Angesichts dieser unterschiedlichen Verhältnisse in den norddeutschen Ländern läge nach Ansicht der schleswig-holsteinischen SPD keine „Insellösung“ vor, wenn Schleswig-Holstein auch in Zukunft – wie Mecklenburg-Vorpommern – auf die Erhebung von Studiengebühren

verzichten würde.