St2: Die SPD in Schleswig-Holstein fordert eine Pflichtabgabe auf Tabak und Alkohol (2003)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2003
Bezeichnung: St2
Antragsteller: Kreisverband Pinneberg


Beschluss: Überwiesen an Landtagsfraktion, Bundestagsfraktion

Der Landesparteitag möge beschließen:


Nach Aussagen der DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen) starben im vergangenen Jahr 140.000 Deutsche an den Folgen des Rauchens und 42.000 Deutsche an den Folgen des Alkoholkonsums. Die volkswirtschaftlichen Kosten tabakbedingter Krankheiten werden pro Jahr auf ca. 17 Mrd. Euro, die Kosten in Folge alkoholbezogener Krankheiten (ohne Kriminalität) werden jährlich auf ca. 20,6 Mrd. Euro geschätzt.


Gesundheitspolitischer Widerspruch:

Auf der einen Seite steht das Bemühen von Suchtprävention und Suchthilfe, im gesund-heitlichen Interesse aller den Suchtmittelkonsum nachhaltig zu verringern sowie den Einstieg zu verhindern, auf der anderen Seite die extrem hohen Werbeausgaben für Tabakprodukte und alkoholischer Getränke (der Gesamtetat für tabak- und alkoholhaltige Produkte beträgt gegenwärtig rund 1 Milliarde Euro). Die Hersteller von tabak- als auch von alkoholhaltigen Produkten wenden sich dabei sowohl an Altkonsumenten wie auch an bislang nicht oder nur geringfügig erreichte Verbrauchergruppen (Frauen, Jugendliche). Ziel dieser hohen Werbeausgaben ist es, den Konsum der beworbenen Produkte weitgehend zu erhöhen oder, wo dies nicht mehr möglich ist, auf möglichst hohem Niveau zu stabilisieren.


Beispiel Rauchen:

Die Tabaksteuereinnahmen betragen gegenwärtig ca. 12,5 Milliarden Euro. .Von diesem gigantischen Betrag fließt kein einziger Cent zweckgebunden in die Prävention. Die Tabakindustrie gibt jährlich ca. 350 Millionen Euro für die Tabakwerbung aus, dem gegenüber steht ein symbolischer Betrag von 2 Millionen Euro für Prävention gegenüber - den der Bund zu allem Überfluss ausgerechnet von der Zigarettenindustrie unter strengen Bedingungen erhält. Ziel: Prävention, die den Umsatz nicht schmälert!!!


Beispiel Alkohol:

Deutschland ist führend im Bierausstoß und Bierkonsum und ist auch in der Wein- und Spirituosenproduktion unter den ersten zehn Ländern in der Welt positioniert. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen haben bisher die Alkoholpolitik, sofern sie als solche bezeichnet werden kann, in Deutschland bestimmt. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch alkoholischer Getränke von 10,5 Litern reinem Alkohol bewegt sich Deutschland nach wie vor in der Spitzengruppe aller Länder. Die alkoholbedingte Morbidität und Mortalität in Deutschland ist außerordentlich hoch:

  • bei ca. 7 Millionen Bundesbürgerinnen und -bürgern ist von einer Alkoholproblematik (riskanter bzw. missbräuchlicher Alkoholkonsum) auszugehen
  • 2,5 Millionen Menschen (zwei Drittel Männer/ein Drittel Frauen), davon 250.000 Jugendliche und junge Erwachsene, sind behandlungsbedürftig alkoholkrank.
  • 5 bis 7 Millionen Angehörige sind durch die Alkoholabhängigkeit eines Familienmitgliedes betroffen

Die individuellen gesundheitlichen Auswirkungen des übermäßigen Konsums von alkoholischen Getränken sind seit Jahren gut untersucht und ausführlich dokumentiert. Inzwischen gibt es auch Erkenntnisse zu den Zusammenhängen zwischen gesellschaftlicher Trinkmenge einerseits und der Summe aller negativen Auswirkungen einer Gesellschaft andererseits. Hieraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ableiten:

  1. Zwischen der individuellen Konsummenge alkoholischer Getränke und dem Ausmaß negativer Folgen besteht ein direkter Zusammenhang.
  2. Zwischen der Konsummenge in einer Gesellschaft und dem Ausmaß negativer Folgen in dieser Gesellschaft besteht ein direkter Zusammenhang.
  3. Zwischen dem Grad der Verfügbarkeit alkoholischer Getränke in einer Gesellschaft und der Konsummenge dieser Gesellschaft besteht ein direkter Zusammenhang. Dies bedeutet auch, dass zwischen dem Grad der Verfügbarkeit und der Summe der negativen Auswirkungen ein direkter Zusammenhang besteht.


Maßnahmen der Konsumreduzierung über den Preis

In vielen Ländern hat sich als wirksamste Steuerungselement des Tabak- und Alkoholkonsums (Wein wird überhaupt nicht besteuert!) der Preis erwiesen. In Deutschland ist eine Einflussnahme auf den Abgabenpreis über eine direkte Besteuerung möglich.

Die Steuern sind so anzuheben, dass sie umsatzreduzierend wirken. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Preiselastizität durch die Summe der Abgaben nicht überstrapaziert wird, um illegaler Produktion vorzubeugen.

Die SPD sieht die Problematik, dass die genannten Zielkonflikte zwischen Absatzsteigerung bzw. -stabilisierung und Präventionsarbeit jedoch auch unter diesen Voraussetzungen bestehen bleiben. Im Sinne der Produzentenhaftung fordert sie daher nachdrücklich die Erhebung von zusätzlichen Pflichtabgaben auf sämtliche legalen Suchtmittel und auf die Werbung hierfür zur Finanzierung von Maßnahmen der Suchtprävention und Suchthilfe.