Wir organisieren den Ausstieg - unser Weg für eine sichere und ökologisch verantwortbare Energiepolitik (1986): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Nach den Unfällen und Beinaheunfällen von Harrisburg‚ Brunsbüttel und Windscale hat uns die Katastrophe von Tschernobyl die Gefahren durch Nutzung der Atomenergie drastisch vor Augen geführt. Die ungelöste ''Endlagerungsfrage'' ist eine unerträgliche Belastung der nachfolgenden Generationen. Die Auseinandersetzungen um die Atomenergie zeigen, dass der soziale Friede in der Gesellschaft bedroht ist.
Nach den Unfällen und Beinaheunfällen von Harrisburg‚ Brunsbüttel und Windscale hat uns die Katastrophe von Tschernobyl die Gefahren durch Nutzung der Atomenergie drastisch vor Augen geführt. Die ungelöste ''Endlagerungsfrage'' ist eine unerträgliche Belastung der nachfolgenden Generationen. Die Auseinandersetzungen um die Atomenergie zeigen, dass der soziale Friede in der Gesellschaft bedroht ist.


Ziel der Energiepolitik muss sein, eine langfristig gesicherte Energieversorgung zu garantieren. Langfristig gesichert und berechenbar ist die Energieversorgung nur, wenn sie sich auf
Ziel der Energiepolitik muss sein, eine langfristig gesicherte Energieversorgung zu garantieren. Langfristig gesichert und berechenbar ist die Energieversorgung nur, wenn sie sich auf
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Versorgungssysteme stützen kann. Nur eine Energiewirtschaft, die diesen Anforderungen genügt, kann verhindern, dass die Energieversorgung auf Dauer ein technischer, gesellschaftlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Risikofaktor bleibt. Wer die Umstrukturierung des Energiesystems
Versorgungssysteme stützen kann. Nur eine Energiewirtschaft, die diesen Anforderungen genügt, kann verhindern, dass die Energieversorgung auf Dauer ein technischer, gesellschaftlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Risikofaktor bleibt. Wer die Umstrukturierung des Energiesystems
fördert, handelt allein verantwortlich, gewährleistet die politische und wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik und verringert die Risiken.
fördert, handelt allein verantwortlich, gewährleistet die politische und wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik und verringert die Risiken.


'''Bei einer Energieversorgung ohne Atomstrom gelten für uns folgende Leitlinien:'''
'''Bei einer Energieversorgung ohne Atomstrom gelten für uns folgende Leitlinien:'''

Version vom 22. September 2014, 14:23 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 1986
Bezeichnung: Leitantrag
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


Unkorrigierte Rohfassung des einstimmig beschlossenen Antrages.

(Änderungen und Einfügungen sind durch kursive Schrift gekennzeichnet.)

Vorwort

Der Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein legt hiermit seinen Antrag zum Energieparteitag am 6. Dezember 1986 in Kiel Vor. Dieser Antrag beruht auf den Vorarbeiten der vom Landesvorstand eingesetzten Projektgruppe Energie.

Der Projektgruppe gehören an:

  • Willi Piecyk (Vorsitzender)
  • Wolfgang-Dieter Glanz
  • Jürgen Hinz
  • Helmut Mikelskis
  • Claus Möller
  • Kurt Püstow
  • Ruth Springer
  • Hans Wiesen

Aufgabe der Projektgruppe war es, mit Hilfe des Gutachtens aus dem Freiburger Öko-Institut ein Energiekonzept zu erarbeiten, das sicher und ökologisch vertretbar ist und den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomkraft vorsieht.

Wir schleswig-holsteinischen Sozialdemokraten wollen den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie nach zwei Wahlperioden vollzogen haben. Für eine Energieversorgung ohne Atomenergie haben wir öffentlich und innerparteilich seit über zehn Jahren einen konsequenten Weg verfolgt.

Mit den Nürnberger Beschlüssen hat sich die Gesamtpartei auf eine Energieversorgung ohne Atomkraft innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren und - wenn möglich - weniger festgelegt.

Die entscheidende Weichenstellung für den Ausstieg aus der Atomenergie muss auf Bundesebene erfolgen. Auf Bundesebene müssen vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Denn das Problem des Ausstiegs ist nicht die technische Machbarkeit, sondern seine politische und juristische Durchsetzung.

Deshalb ist die Bundestagswahl am 25. Januar 1987 von ausschlaggebender Bedeutung für eine Neuorientierung in der Energiepolitik. Die endgültige Lösung des Problems wird nicht gegen eine Mehrheit in den Gesetzgebungsorganen Bundestag und Bundesrat erreicht werden können.

Wir wissen, wie eng der landespolitische Handlungsspielraum für den Ausstieg aus der Atomenergie ist. Diesen Rahmen werden wir voll ausschöpfen, um den schnellstmöglichen Ausstieg zu erreichen und eine sichere, ökologisch verantwortbare und sozial verträgliche Energieversorgung zu verwirklichen. Dies bedeutet die volle Nutzung aller Möglichkeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei der Umstrukturierung des Energiesystems mit seinen industriepolitischen Chancen.

Unsere Energiepolitik

Die gesicherte Versorgung der Bundesrepublik mit Energie ist einerseits eine wesentliche Voraussetzung für den Wohlstand der Bürger und Bürgerinnen und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Andererseits ist die Erzeugung von Energie mit erheblichen Umweltschäden und Risiken für das Leben und die Gesundheit der Menschen verbunden.

Das Waldsterben ist ein Beweis dafür, dass auch die konventionelle Energieerzeugung gravierende Umweltbelastungen produziert.

Nach den Unfällen und Beinaheunfällen von Harrisburg‚ Brunsbüttel und Windscale hat uns die Katastrophe von Tschernobyl die Gefahren durch Nutzung der Atomenergie drastisch vor Augen geführt. Die ungelöste Endlagerungsfrage ist eine unerträgliche Belastung der nachfolgenden Generationen. Die Auseinandersetzungen um die Atomenergie zeigen, dass der soziale Friede in der Gesellschaft bedroht ist.


Ziel der Energiepolitik muss sein, eine langfristig gesicherte Energieversorgung zu garantieren. Langfristig gesichert und berechenbar ist die Energieversorgung nur, wenn sie sich auf

  • technisch risikoarme,
  • sozial- und humanverträgliche‚
  • langfristig verfügbare,
  • umweltverträgliche und ökologisch verantwortbare,
  • wirtschaftlich tragbare und ‘
  • zukunftsoffene

Versorgungssysteme stützen kann. Nur eine Energiewirtschaft, die diesen Anforderungen genügt, kann verhindern, dass die Energieversorgung auf Dauer ein technischer, gesellschaftlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Risikofaktor bleibt. Wer die Umstrukturierung des Energiesystems fördert, handelt allein verantwortlich, gewährleistet die politische und wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik und verringert die Risiken.


Bei einer Energieversorgung ohne Atomstrom gelten für uns folgende Leitlinien:

  1. Intelligenter und rationeller Umgang mit Energie, z. B. durch Erhöhung des Wirkungsgrades energieerzeugender oder energieverbrauchender Anlagen, durch eine verbesserte Mess- und Regeltechnik, durch Einschränkung von Wärmeverlusten und Mehrfachnutzung von Energie, z. B. durch Abwärmepumpen.
  2. Vorrang für einheimische Energieträger, insbesondere für einheimische Kohle.
  3. Verlängerung der Verfügbarkeit von Rohstoffen durch Energiesparen, längere Verwendbarkeit von Gebrauchsgütern und Wiederverwertung von Wertstoffen.
  4. Förderung des allgemeinen Bewusstseins für den Umgang mit Energie‚ z. B. durch eine vorbildhafte Verhaltensweise der öffentlichen Hand im Energiebereich.
  5. Verstärkte Forschung, Entwicklung und Nutzung regenerativer Energiequellen, um vorrangig Primärenergieträger zu sparen.
  6. Verringerung der Schadstoffemissionen bei der Energiegewinnung.
  7. Kommunalisierung und Entflechtung der Energiewirtschaft.
  8. Verbesserung der Einflussmöglichkeiten politischer Instanzen auf die Art der Energiegewinnung, Energieverteilung und Energienutzung.
  9. Gerechte Preise für Verbraucher unter Berücksichtigung auch der volkswirtschaftlichen Kosten der verschiedenen Formen der Energiegewinnung und -Verwendung.
  10. Vorrang für leitungsgebundene Energieträger, z. B. Fernwärme und Gas für die Raumwärme, Strom für höherwertige Energieanwendungen.

Bundespolitische Maßnahmen

Änderung des Atomgesetzes

Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes

Weitere bundespolitische Forderungen

Landespolitische Maßnahmen

Der Ausstieg ist technisch möglich

Der Ausstieg ist ökologisch vertretbar

Arbeitsmarktpolitisch ist der Ausstieg erwünscht

Der Ausstieg führt zu tragbaren Strompreiserhöhungen

Wenn die bundespolitischen Rahmenbedingungen sich nicht ändern, gibt es bei der rechtlichen Durchsetzung des Ausstiegs erhebliche Probleme

Veränderung der Schleswag zum Energiedienstleistungsunternehmen

Neue Kohlekraftwerke auf der Basis Kraft-Wärme-Kopplung

Aufbau einer neuen Energieversorgungsstruktur

Die besondere Verantwortung der Kommunen

Ausbau der kommunalen Energieerzeugungsanlagen