A6: Unterstützung für die Forderungen deutscher Nicht-Regierungsorganisationen zur Post-2015-Agenda für eine nachhaltige Entwicklung. (2014)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Lübeck 2014
Bezeichnung: A6
Antragsteller: Kreisverband Stormarn


Beschluss: Angenommen und Überwiesen an Arbeitsgruppe Landesvorstand

Die SPD Schleswig-Holstein unterstützt die von deutschen Nichtregierungsorganisationen formulierten Kernziele für die neue Post-2015-Agenda und fordert von der Bundesregierung eine aktive Mitarbeit bei der Umsetzung. Sie unterstreicht die Ergebnisse der Rio+20-Konferenz im Jahr 2012, welche die Erarbeitung von Zielen für eine nachhaltige Entwicklung auf den Weg gebracht hat, die für alle Staaten gelten sollen. Dazu gehören:

1. Überwindung extremer Armut und Bekämpfung der Ungleichheit
Wir wollen erreichen, dass die vollständige Überwindung extremer Armut bis zum Jahr 2030 als zentrales Ziel der neuen globalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda festgeschrieben wird. Dabei muss auch die Erhaltung und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen Schwerpunkt werden, um den Teufelskreis zwischen Armut und Umweltzerstörung zu überwinden.

2. Gerechtigkeit und menschenwürdiges Leben für alle
Eine neue globale Agenda, die auch die Ursachen von Armut bekämpfen will, muss die Menschenrechte sowie die Überwindung von Ungleichheitsstrukturen und strukturellen Diskriminierungen ins Zentrum rücken. Soziale Sicherheit, menschenwürdige Arbeit, Gleichberechtigung, Bildung, Gesundheit sowie sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass Menschen in Würde leben und ihre Fähigkeiten entfalten können. Sie müssen daher als Menschenrechte in einer neuen globalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda verankert werden.

3. Funktionsfähige Ökosysteme und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen sichern
Intakte, vielfältige und funktionsfähige Ökosysteme wie Wälder, Meere und Gewässer sind existenzielle Lebensgrundlagen aller Menschen und mit ihren Ressourcen und Ökosystemleistungen Grundlage jeglichen Lebens und Wirtschaftens. Wir fordern von der Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen über eine Post-2015-Agenda insbesondere dafür einzusetzen, dass

  • zur Begrenzung des Klimawandels ein 2°C-Grenzwert als absoluter Höchstwert für die globale Erwärmung verankert wird unter Berücksichtigung der besonderen Verantwortung von Industrieländern,
  • die die Degradationsrate von Landflächen bis zum Jahr 2030 auf null verankert wird, festgeschrieben wird, dass die Rate des Waldverlustes bis zum Jahr 2020 auf null gesenkt wird,
  • in der Agenda verankert wird, dass bei der Nutzung des Wasserkreislaufs ein grundsätzliches Verschlechterungsverbot der Wasserqualität eingehalten wird. Wasser muss völkerrechtlich als öffentliches Gut anerkannt und seine Kommerzialisierung verboten werden,
  • die Meere effektiv vor weiterer Übernutzung durch die weltweite industrielle Fischereipolitik, Ressourcenraubbau und Vermüllung geschützt werden.

4. Bekämpfung des Hungers und Förderung von Ernährungssouveränität
Noch immer hungern rund eine Milliarde Menschen weltweit. Davon leben zwei Drittel in ländlichen Regionen. Fehlender Zugang zu Land, Ressourcen und Märkten sowie wirtschaftliche Praktiken - wie Spekulationen mit Nahrungsmitteln, Intensivtierhaltung, Landraub, die konkurrierende Verwendung von Nahrungsmitteln for Biokraftstoffe - und eine verfehlte Agrarpolitik sind hierfür wesentliche Ursachen.

Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen über eine Post-2015-Agenda dafür einzusetzen, dass das Ziel, die Zahl der an Hunger leidenden Menschen weltweit bis zum Jahr 2030 auf null zu reduzieren und die Durchsetzung des Rechts auf Nahrung Kernelemente der neuen Agenda werden.

In der Agenda muss der Auf- und Ausbau einer sozial und ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft festgeschrieben werden, die gezielt Kleinproduzenten unterstützt und regionale Versorgungsstrukturen weltweit stärkt. Sie muss den Schutz von Produzenten in den Ländern des globalen Südens vor Dumping-Produkten festschreiben und sicherstellen, dass Finanzspekulationen, die zu einer Erhöhung der Nahrungsmittelpreise führen, gesetzlich unterbunden werden. Sie muss Instrumente zur Sicherung von Landrechten enthalten, die Land- und Wasserraub wirksam verhindern.

5. Verantwortungsvolle Regierungsführung und Global Governance verankern
Eine neue globale Agenda muss Reformen für ein kohärentes, demokratisches und inklusives System der Global Governance umfassen. Internationale Organisationen und Zusammenschlüsse wie der Internationale Währungsfonds (IWF) die Welthandelsorganisation (WTO), die Weltbank, die G20 oder die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) müssen ihr Handeln auf die Erreichung der SDG (Sustainable Development Goals) ausrichten und darüber Rechenschaft ablegen. Auf nationaler Ebene sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stärken sowie Korruption und Misswirtschaft zu bekämpfen.

6. Frieden und menschliche Sicherheit
Frieden und Sicherheit für alle Menschen sind unverzichtbare Voraussetzungen jeder Entwicklung. Die Beendigung von Kriegen und die Vorbeugung gewaltsamer Konflikte müssen in der globalen Politik oberste Priorität haben. Die Auswirkungen von Klimawandel und Umweltzerstörung auf Lebensräume und natürliche Ressourcen können zu Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen führen beziehungsweise diese verstärken.

Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen über eine Post-2015-Agenda dafür einzusetzen, dass das Ziel der Beseitigung von Ursachen gewaltsamer Konflikte, die friedliche Beilegung gewaltförmiger Auseinandersetzungen, die zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung sowie die Stärkung der dafür notwendigen Instrumente, Verfahren und Institutionen ein Kernelement der neuen Agenda wird.

Die Begrenzung und schrittweise Reduzierung der weltweiten Rüstungsexporte, insbesondere in Staaten, die systematisch die Menschenrechte verletzen, muss in einem neuen Rahmenwerk als Ziel festgeschrieben werden.

Die Bekämpfung des Menschenhandels sowie des illegalen Handels mit Drogen und Waffen muss in der Agenda verankert werden.

7. Nachhaltiges Wirtschaften
Für transnationale Konzerne brauchen wir in der Agenda verbindliche Transparenz und Sorgfaltspflichten für Menschenrechte sowie Sozial und Umweltstandards. Ebenso muss die Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in der Agenda verankert werden.

Das Welthandelssystem muss so reformiert werden, dass es diese Transformation unterstützt und auch die Interessen von Entwicklungsländern berücksichtigt. Für sie muss die Möglichkeit der asymmetrischen Marktöffnung verankert werden, die die Bedürfnisse der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder berücksichtigt und dabei an Menschenrechts- und Umweltkriterien gebunden ist. Wir brauchen Transparenz auf den internationalen Finanzmärkten, die Eindämmung von Finanzspekulationen, wie Derivate, die Unterbindung illegaler Finanztransaktionen sowie das Aufspüren von Vermögen aus kriminellen Geschäften. Zudem muss ein gerechtes und transparentes Steuersystem etabliert werden, um Steuerflucht und -vermeidung zu beheben und Steueroasen zu schließen.

8. Gerechte Umsetzung - ausreichende Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsfinanzierung sichern
Um die globale Zielagenda umzusetzen, müssen alle Akteure ihren fairen Beitrag leisten. Eine ausreichende Finanzierung muss gewährleistet werden. In den zu erwartenden Auseinandersetzungen um die Mittelbereitstellung sollten auch die Kosten des Nicht- Handelns (beziehungsweise Nicht-Zahlens) berücksichtigt werden - diese wären auf lange Sicht ungleich höher. Die Finanzierungsdetails, die derzeit in einem separaten Rahmenwerk erarbeitet werden, sollten transparent entwickelt und kommuniziert werden.

Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen über eine Post-2015-Agenda dafür einzusetzen, dass das Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung für die Umsetzung der Post-2015-Agenda gilt, alle Länder ihren fairen und angemessenen Beitrag zur Umsetzung leisten und Verantwortung für den Erfolg der Agenda übernehmen. Neben den Ländern des globalen Nordens kommt hier insbesondere den Schwellenländern eine besondere Rolle zu. Die Verpflichtung der Länder des globalen Nordens für bereits gemachte Zusagen, wie etwa mindestens 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungsfinanzierung bereitzustellen, sollte noch einmal bekräftigt werden.