FBQ2 Fehmarnbelt-Entscheidung überprüfen (2010)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2010
Bezeichnung: FBQ2
Antragsteller: Landesverband Schleswig-Holstein


Beschluss: Angenommen


Vorbemerkung

Die SPD Schleswig-Holstein hat zu den Landtagswahlkämpfen 2000, 2005 und 2009 positive Aussagen zum Bau einer festen Quereng über den Fehmarnbelt beschlossen, sie vertreten und die wirtschaftliche Bedeutung dieses Verkehrsprojektes für Schleswig-Holstein betont. Mit großer Mehrheit haben Landesparteitage Koalitionsverträge beschlossen, in denen die feste Fehmarnbeltquerung verankert wurde - teils auch gegen den Widerstand des Koalitionspartners. Andere Verkehrsprojekte wie insbesondere die A 20 mit einer Elbquerung westlich von Hamburg dürfen jedoch nicht zurückstehen, die Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbeltquerung darf nicht zu Lasten anderer Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein gehen.


Die SPD Schleswig-Holstein nimmt zur Kenntnis, dass der Staatsvertrag zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland nicht einseitig kündbar ist. Dies vorangestellt, beschließt die SPD Schleswig-Holstein:


Die SPD Schleswig-Holstein stellt fest:

Anders als zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt, hat die Weltfinanzkrise erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte gehabt. In Deutschland und in Schleswig-Holstein hat eine verfassungsrechtliche Schuldenbremse die weitere Kreditfinanzierung öffentlicher Aufgaben erheblich eingeschränkt.

Gleichzeitig haben sich die Erwartungen für große Wachstumsraten reduziert. Davon wird auch das mit der festen Fehmarnbeltquerung verbundene erwartete größere Transportaufkommen zwischen Schleswig-Holstein und Skandinavien betroffen sein. Ein Gutachten der IHK zu Lübeck vom Dezember 2009 zeigt überdies, dass eine veränderte Schienenanbindung „kaum Potenzial" bietet, zu einer wirtschaftlichen Belebung der Region Ostholstein beizutragen. Es könne „insbesondere in Anbetracht der beschränkten Verkehrsaufkommenserwartungen rasch zu einer Sättigung des Marktbedarfs kommen". Die Entscheidung über den Bau der festen Fehmarnbeltquerung soll daher überprüft werden.


Zu überprüfen ist insbesondere:

  1. Wird die Bundesrepublik Deutschland - anders als in einer „Streichliste" der Deutschen Bahn vom Frühjahr dieses Jahres vorgesehen - die Schienenhinterlandanbindung in Schleswig-Holstein zeitgerecht finanzieren und nicht auf unbestimmte Zeit verschieben?
  2. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der „Streichliste" für eine Trassenführung abseits der Kurorte an der Lübecker Bucht, und wie kann gleichzeitig der Schienenpersonennahverkehr gesichert werden?
  3. Wie lassen sich durch alternative Trassen für die Schienenhinterlandanbindung die negativen Auswirkungen auf Menschen, Tourismus und Arbeitsplätze reduzieren, insbesondere Umfahrungen für Bad Schwartau, Ratekau, Lensahn und Großenbrode?
  4. Welche vergleichenden Untersuchungen gibt es über die Umweltauswirkungen einer Brücken- bzw. Tunnellösung? Inwieweit werden die Umweltauswirkungen in die jeweiligen Kostenprognosen eingerechnet?
  5. Welche Auswirkungen auf die Umwelt (Wasseraustausch zwischen Nord- und Ostsee, Vogelflug, Wanderungen von Meeressäugern) haben die bisherigen Untersuchungen ergeben?
  6. Ist die Schiffssicherheit (Kollisionsmöglichkeiten) auch bei einer Brückenlösung gewährleistet? Wer haftet für eventuelle Schäden bei Kollisionen von Schiffen mit dem Brückenbauwerk?
  7. Können für die Schienenhinterlandanbindung Schallschutzmaßnahmen verbindlich zugesagt werden? Wie wird für Anwohner und Tourismuswirtschaft auf der ganzen Strecke ein optimaler Lärmschutz gewährleistet?
  8. Welche Möglichkeiten werden gesehen, zur finanziellen Entlastung der Kommunen an der Bahntrasse das Eisenbahnkreuzungsgesetz außer Kraft zu setzen?
  9. Wie können Arbeitsplatzverluste im derzeitigen Fährbetrieb sowie in vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen kompensiert werden?
  10. Welche Begründung gibt es für einen vierspurigen Ausbau der E 47 auf Fehmarn, solange die zweispurige Fehmarnsundbrücke als „Nadelöhr" erhalten bleibt?
  11. Welche Verkehrsverlagerungen ergeben sich durch der Bau der FBQ für den Norden und Westen des Landes Schleswig-Holstein? Was bedeutet das für die Entwicklung dieser Region? Ist sichergestellt, dass die A 7 bis zur Landesgrenze im Norden sechsspurig ausgebaut wird, wie Dänemark das für die Fortführung der Autobahn auf seiner Seite vorgesehen hat?
  12. Welche Bedeutung hat die im aktuellen Bundesverkehrswegeplan nicht vorgesehene Finanzierung der Hinterlandanbindung der FBQ für die Fortführung des Baus der A 20 nach Glückstadt?
  13. Wer trägt das Risiko für die Sicherheit von Gefahrguttransporten auf der Bahn durch Wohngebiete? Werden die anliegenden Kommunen von Mehraufwand für Feuerwehren bzw. THW freigehalten?
  14. Wie können die Belange der Tourismuswirtschaft in größtmöglichem Umfang berücksichtigt werden?


Die schleswig-holsteinische SPD fordert die Bundesregierung und die Landesregierung auf, von der Möglichkeit des Artikels 22 des Staatsvertrags über die FehmarnbeltQuerung (FFBQ) Gebrauch zu machen, mit dem Königreich Dänemark wegen veränderter Voraussetzungen in neue Erörterungen über die Planung und den Bau der Querung einzutreten.

In der Bundesverkehrswegeplanung muss auf jeden Fall der Weiterbau der A 20 mit Elbquerung nach Niedersachsen Vorrang haben.

Der Landesparteitag beauftragt die Bundestags- und Landtagsabgeordneten, bei Bundes- und Landesregierung möglichst umgehend detaillierte Antworten auf die oben genannten Fragen einzuholen.

Der Landesparteitag fordert Landtags- und Bundestagsfraktion außerdem auf, sich parallel für die Finanzierung des Ausbaus der Schiene Hamburg-Lübeck und der Verlängerung der S-Bahn (S4) von Hamburg bis Bad Oldesloe einzusetzen.

Der Landesparteitag setzt eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Landesvorstands, des umweltforums, der Landtagsfraktion und des Kreisverbandes Ostholstein ein, die die vorhandenen Materialien und die offiziellen Antworten auswertet und für den nächsten Landesparteitag eine entscheidungsreife Vorlage erarbeitet.

Die Arbeitsgruppe wird dem Landesparteirat spätestens im Januar 2011 einen Zwischenbericht erstatten.