G7: Änderungsantrag zum Grundsatzprogramm / Hamburger Programm (2007)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2007
Bezeichnung: G7
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


Der Bundesparteitag möge beschließen:


Kapitel 4. „Unsere Ziele, unsere Politik“, S. 16 ff.,

Ziff. 4.9. (S. 67 ff.) wird Ziff. 4.1. in folgender Fassung:


4.1. Nachhaltiger Fortschritt

Wir legen unserer Politik auf allen Feldern das Prinzip der Nachhaltigkeit zugrunde. Die nachhaltige Entwicklung schafft eine Balance von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Zielen. Sie bezieht die Bedürfnisse künftiger Generationen in unsere heutigen Entscheidungen mit ein. Energie ist ebenso wie Luft, Wasser und andere natürliche Ressourcen Lebensgrundlage unserer Zivilisation. Die heutige Art, mit Energie umzugehen und Ressourcen zu verschwenden, zerstört unsere Lebensgrundlagen. Die Natur reagiert auf menschliche Einflüsse. Der Klimawandel gehört zu den größten globalen Gefahren. Das weltweite Wachstum des Energiebedarfs und die Zunahme des Naturverbrauchs machen rasches Umsteuern zwingend erforderlich.


Technologie und gesellschaftliche Verantwortung

Ein besseres Leben mit höherem Wohlstand ist möglich, und zwar nicht nur hier und heute, sondern weltweit und auch für kommende Generationen. Die ökologischen und sozialen Probleme der modernen Welt können wir mit den Mitteln der modernen Welt lösen. Das Wissen und das Können der Menschheit eröffnen Möglichkeiten, die lange als undenkbar galten. Wir können Krankheiten besiegen, die unheilbar waren. Wir können den Hunger bekämpfen. Wir können mobil sein mit einem Bruchteil der ehemals erforderlichen Antriebskraft. Die Wirtschaft kann wachsen, ohne die Natur zu zerstören. Das alles ist möglich, wenn wir unser Können entschlossen und vernünftig nutzen. Wir fördern Ideen und Erfindergeist. Nutzen und Risiken neuer Technologien prüfen wir unvoreingenommen darauf, ob sie der freien Entfaltung, der Würde, der Sicherheit und dem sozialen Miteinander der Menschen dienen. Wir wissen: Technische Neuerungen brauchen gesellschaftliche Akzeptanz. Sie wächst in dem Maße, in dem der Fortschritt das Leben verbessert und alle Menschen erreicht.

Bio- und Gentechnologie und die neuen Möglichkeiten der Medizin führen uns in ethische Grenzbereiche. Ihre Erforschung und Anwendung erfordern deshalb eine ethische Reflexion, eine intensive Technikfolgenabschätzung, die Prüfung von Alternativen und eine breite Diskussion. Dies gilt insbesondere für die "grüne" Gentechnik. Wir suchen das Gespräch darüber mit der Wissenschaft ebenso wie mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Die Würde des menschlichen Lebens darf in all seinen Phasen nicht angetastet werden. Am Verbot des gezielten genetischen Eingriffs in die menschliche Keimbahn halten wir fest.


Ressourcensicherung, Klimaschutz und natürliche Lebensgrundlagen

Ressourcenverfügbarkeit ist die Voraussetzung für alle wirtschaftlichen und zivilisatorischen Aktivitäten. Deshalb ist die Sicherung der Ressourcenbasis ein existentielles Grunderfordernis für jedes Gemeinwesen. Aus Gründen internationaler Zusammenarbeit und der Friedenssicherung darf die Ressourcensicherung anderen Gesellschaften nicht die für diese ebenso unverzichtbaren Ressourcen nehmen. Das gilt für Energie, Rohstoffe, Wasser und Bodenfruchtbarkeit.

Die Nutzung von Energie- und Rohstoffen erfolgt in modernen Gesellschaften durch deren Umwandlung mit entsprechenden Technologien. Dabei entstehen unvermeidlich Verluste. Enthalten die Ressourcen Schadstoffe, so werden diese bei der Umwandlung freigesetzt und gefährden damit die Gesundheit der Menschen und die natürlichen Lebensgrundlagen, je mehr solche Ressourcen genutzt werden.

Seit Beginn des Industriezeitalters wurde in wachsendem Maße auf begrenzt vorhandene und damit erschöpfliche Ressourcen gesetzt. Beim Einsatz fossiler Energien kommt hinzu, dass diese schadstoffhaltig sind und wegen der ständig gesteigerten Bedarfsmengen zur globalen Umweltkrise geführt haben, die den Fortbestand der Zivilisation gefährdet, insbesondere in Form von Klimakatastrophen. Die Atomenergie erschien vielen als die große Hoffnung für das nahende postfossile Zeitalter. Sie kann diesen Hoffnungen aus vielerlei mittlerweile erkannten Gründen nicht entsprechen, unter anderem wegen unverantwortlicher Unfallrisiken und der Hinterlassenschaft atomaren Mülls für Zehntausende von Jahren. Keine Generation darf kommende Generationen für derartige Zeiträume eine solche Last aufbürden.

Für uns ist es deshalb eine Schlüsselaufgabe für das 21. Jahrhundert, den Wechsel von erschöpflichen zu unerschöpflichen und von schadstoffhaltigen zu schadstofffreien Ressourcen konsequent zu realisieren. Unser Ziel ist das solare Zeitalter.

Angesichts der umfassenden Potenziale und bereits vorhandener Technologien ist das nicht nur möglich. Es ist auch die große Chance, die zivilisatorischen Fortschritte der modernen Wirtschaftsentwicklung aufrecht zu erhalten und die gesamte Menschheit daran teilhaben zu lassen. Voraussetzung dafür ist ein breiter Strukturwandel zu neuen dezentralen Formen der Energiebereitstellung.

Die größte Brücke dahin ist die Effizienz- und Einsparrevolution, die zu wesentlich vermindertem Energieeinsatz und Umwandlungsverlusten führt. Damit ist es möglich, den tatsächlichen Energieeinsatz der Menschen bis zum Jahr 2020 zu halbieren und bis Mitte des Jahrhunderts um den Faktor 4 zu senken. Dies und der gleichzeitige Wechsel zu erneuerbaren Energien erfordert vielfältige neue Technologien und ermöglicht das Entstehen zahlreicher neuer Arbeitsplätze in Industrie-, Handwerks- und Dienstleistungsberufen sowie in der Land- und Forstwirtschaft.

Wir leisten damit den wichtigsten Beitrag zur Vermeidung internationaler Ressourcenkonflikte, für die wirtschaftliche Entwicklung der bisher nicht industrialisierten Welt, und zur Überwindung existenzieller Energieabhängigkeiten, die ganze Staaten erpressbar gemacht haben. Erneuerbare Energien sind überall die jeweils größten und auf Dauer verfügbaren heimischen Energiepotenziale. Gleichzeitig senken wir den Wasserverbrauch und leisten damit einen Beitrag zur Überwindung von Wasserkrisen, weil die Förderung und der Einsatz atomarer und fossiler Energieressourcen einen großen Wasserbedarf erfordern.

Die Substitution der nicht erneuerbaren Energien muss dabei bei denjenigen Energien vorrangig ansetzen, deren Reserven sich frühzeitiger erschöpfen, also bei Erdöl und Erdgas und bei denjenigen, für die wir auf Importe angewiesen sind. Das heißt, dass es unter den fossilen Energieträgern einen Vorrang für die heimische Kohle gibt.

Wir sind stolz darauf, seit 1998 als Regierungspartei den Weg zum Solarzeitalter eingeschlagen und dabei eine weltweite Vorreiterrolle übernommen zu haben. Um diese Entwicklung auch weltweit zu beschleunigen, betreiben wir die Einrichtung einer Internationalen Regierungsagentur für erneuerbare Energien (IRENA).

Auch auf dem Gebiet der industriellen Rohstoffe zielen wir darauf, diese durch erneuerbare Rohstoffe so weit wie möglich zu ersetzen, was insbesondere im Bereich der chemischen Grundstoffe möglich ist und die Zukunft der chemischen Industrie sichert. Auch für den Bereich mineralischer Rohstoffe ist mit unbegrenzt verfügbaren Ersatzstoffen eine Ressourcensicherung möglich, worauf wir einen technologiepolitischen Schwerpunkt legen. Mit gleicher Intensität setzen wir auf die Steigerung der Materialeffizienz, die Steigerung der stofflichen Produktivität und auf Wiederverwertungsverfahren, was zur Materialeinsparung und zur Müllvermeidung führt sowie Umweltschäden vermeiden hilft. Mit diesen Investitionen zur Ressourcensicherung entsteht eine moderne Kreislaufwirtschaft mit dauerhaften Chancen für mittlere und kleinere Unternehmen auf regionaler und kommunaler Ebene.

Die Aufnahmemöglichkeiten der Erde für schädliche Emissionen sind an ihre Grenzen gelangt. Um die Erderwärmung auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, muss der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 halbiert werden. Das Kyoto-Abkommen ist nur ein Anfang. Wir setzen auf weitere ehrgeizigere Abkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen. Deutschland muss auch hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Entwicklungs- und Schwellenländer brauchen moderne Technologien, um ohne Umwege in klimaverträgliche Energiegewinnung und Energienutzung einzusteigen.

(GESTRICHEN: Durch die Veränderung des Klimas rückt die unvermeidbare Gefahr von Naturereignissen immer mehr ins Bewusstsein. Niemand kann wirklich vor Elementarschäden wie Hochwasser, Stürmen oder Schneelast sicher sein. Darum brauchen wir mehr Vorsorge und eine planmäßige Schadensabsicherung.)


Schutz der Natur [Anmerkung: Text aus Kapitel 4.9., S. 71 hier einfügen]

Wir wollen unser nationales Naturerbe schützen und bewahren. Dazu ist es nötig, Naturschutz konsequent durchzusetzen und den immer noch wachsenden Flächenverbrauch durch Infrastruktur, Wirtschaft und Wohnen deutlich zu reduzieren. Wir brauchen Räume der Erholung und Muße. Die Bewahrung der Natur in ihrer einzigartigen Vielfalt und ihrem faszinierendem Artenreichtum ist für uns unverzichtbarer Beitrag, um die Lebensqualität für uns und unsere Kinder und Enkel dauerhaft zu erhalten. Für uns gilt die ethische Verpflichtung zum pfleglichen Umgang mit der Natur auch dort, wo kein unmittelbarer Nutzen für die Menschen daraus folgt. Wir wollen Pflanzen und Tiere besser schützen. Wir wollen von der Natur lernen und ihre Kräfte für ein besseres Leben nutzen.

Zum effektiven Schutz der Meere und Küstenregionen brauchen wir durchsetzbare Sicherheitsstandards in Schifffahrt und Schiffbau ebenso wie eine verantwortliche und nachhaltige Fischerei-Politik.

Artgerechte Haltung muss eine Selbstverständlichkeit in einer Gesellschaft werden, die sich den respektvollen Umgang mit Tieren zum Ziel erklärt hat. Tierquälerei ist konsequent zu bekämpfen. Tierversuche gilt es zu vermeiden, wo immer dies möglich ist. Das Engagement von Tierschützerinnen und Tierschützern findet unsere Unterstützung.