Menschenhandel überwinden. Diskriminierung und Stigmatisierung von Prostituierten beenden (2019)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesvorstand
Sitzung: Landesvorstandssitzung, Oktober 2019
Bezeichnung:
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen

Wir setzen uns für effektive Maßnahmen zur Überwindung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ein. Die Betroffenen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Rechte selbst wahrzunehmen. Zur Überwindung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung wird sich die SPD dafür einsetzen,

  • bestehende Regelungen des Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrechts daraufhin zu überprüfen, ob sie die Entstehung von Zwangs- und Ausbeutungssituationen fördern und Legalisierungsmöglichkeiten für illegal tätige Personen im Bereich der Prostitution,
  • die Rechte der Betroffenen nicht an die Kooperationsbereitschaft mit den Strafverfolgungsbehörden zu knüpfen,
  • den bislang beschrittenen Weg zur Überwindung des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung daraufhin zu überprüfen, inwieweit er zu einer Verbesserung für Betroffene geführt hat. In das Monitoring sollte zwingend die Expertise von Nichtregierungsorganisationen einbezogen werden,
  • Menschenhandel und sonstige Kriminalität im Umfeld von Prostitution mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen und Betroffenen von Zwangsprostitution Hilfe zu leisten,
  • Fachberatungsstellen flächendeckend und für alle Geschlechter angemessen zu finanzieren,
  • dass illegalisierte bzw. illegal Tätige, die bei Kontrollen angetroffen werden, zwingend Zugang zur freiwilligen Beratung erhalten, bevor eine aufenthaltsrechtliche Entscheidung getroffen wird,
  • Straftatbestände auf Ihre Anwendbarkeit und Wirksamkeit zu überprüfen und ggf. eine Strafrechtsänderung vorzunehmen,
  • Schutzrechte für geflüchtete Opfer des Menschenhandels in Deutschland einzuführen,
  • Schutz von Opfern des Menschenhandels auch in den Fällen zu ermöglichen, wo sie nicht Opfer in Deutschland geworden sind, aber zu Schutzzwecken hierher geflüchtet sind,
  • internationale Strafverfolgung zu synchronisieren.

Um die Selbstbestimmungsrechte der Sexarbeiter*innen zu stärken, setzt sich die SPD ein für:

  • Die zeitnahe Einrichtung eines bundesweiten Runden Tisches „Prostitution und Sexarbeit“, der sich den verschiedenen Ausprägungen von Sexarbeit/Prostitution sachorientiert und moralisch unvoreingenommen nähert. Die Mitglieder des Runden Tisches sind unabhängig und weisen aufgrund ihrer fachlichen Ausrichtung und ihrer Einbindung in Organisationen eine besondere Sachnähe zum Thema auf. Der Runde Tisch soll Vorschläge für Politik und Verwaltung erarbeiten und so die Umsetzung des ProstSchG flankieren und zu erreichen, dass Sexarbeiter*innen die gleichen Berufsrechte erhalten. Den Vorschlag, auch in Deutschland das sog. Nordische Modell einzuführen, lehnen wir ab.
  • Freiwillige, niedrigschwellige, vertrauliche, auch aufsuchende Beratungsangebote sowie Bildungsangeboten, die den individuellen Lebensumständen der Sexarbeiter*innen gerecht werden, die Selbstbestimmung und -behauptung fördern und bei Bedarf eine berufliche Neuorientierung unterstützen können (Perspektiv- und Umstiegsberatung). Diese müssen auch Frauen und Männern in der Sexarbeit offenstehen, die keinen Anspruch auf staatlich geförderte Leistungen haben. Für diese Angebote sollen Sexarbeiter*innen als Referent*innen mit einbezogen werden. Außerdem soll die Selbstorganisation von Sexarbeiter*innen unterstützt werden oder Verbände, die dies ermöglichen.
  • Verstärkte Kooperationen von Beratungsorganisationen mit Partnerorganisationen in den Herkunftsländern.
  • Anerkennung von Sexarbeit als Freier Beruf im Steuer-, Gewerbe- und Baurecht sowie gleiche Besteuerung wie bei Selbstständigen.
  • Die Ermöglichung des einfacheren Zugangs zu Sozialversicherungen.
  • Ausbau der kostenlosen und anonymen Untersuchungen in den Gesundheitsämtern.
  • Den verbesserten Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung durch entsprechende Beratungsangebote der Krankenkassen. Zudem sollten niedrigschwellige Schulungen zu den Themen Steuerrecht und Krankenversicherung eingeführt werden.
  • Die Gründung einer berufsständischen Vertretung, (vergleichbar Industrie- und Handwerkskammer) gesetzlich ermöglichen.
  • Maßnahmen/Kampagnen zur Förderung der Kondomnutzung.
  • Dass das 2017 in Kraft getretene Prostituiertenschutzgesetz seinem Namen gerecht wird und Diskriminierung sowie Stigmatisierung von Sexarbeit entgegenwirkt.