A1: Volle Kraft für unser Land (1999)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Reinbek 1999
Bezeichnung: A1
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen und Überwiesen an Programmkommission

1.

In wenigen Monaten beginnt ein neues Jahrtausend, ein neues Jahrhundert. Mit dem Jahrtausendwechsel sind viele Gefühle und Hoffnungen verbunden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen auf die Hoffnungen, die Fähigkeiten und den Mut der Menschen in Schleswig-Holstein. Darauf läßt sich gemeinsam eine gute Zukunft bauen. Wir haben Schleswig-Holstein in einer Zeit bedeutender Veränderungen und Umbrüche in vielen Bereichen erneuert, modernisiert und nach vorne gebracht. Im anlaufenden Landtagswahlkampf schürt die CDU Ängste vor der Zukunft. Wir machen den Menschen Mut. Wir haben Zuversicht in die Gestaltbarkeit der Zukunft. Wir arbeiten mit voller Kraft für unser Land.

Tiefgreifende ökonomische, ökologische und soziale Veränderungen verlangen nach neuen politischen Antworten. Mit dem Ende des Kalten Krieges wächst Europa enger zusammen. Eine durch die weltweite Vernetzung von Unternehmen fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft beinhaltet Chancen aber ebenso auch Risiken für Arbeitsplätze und ganze Branchen. Technischer Fortschritt erleichtert den Menschen das Leben in den Industrieländern, ersetzt aber gleichzeitig menschliche Arbeitskraft und schafft damit auch neue soziale Herausforderungen. Durch internationale Vereinbarungen wird mit immer stärkerem Nachdruck versucht, den Verbrauch von Natur und Umwelt verträglich zu regeln, aber die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen hält weltweit an.

Alle diese Herausforderungen verlangen nach einer entschlossenen Reformpolitik. Nach einer Politik, die mutige Wege in eine sichere Zukunft aufzeigt. In der Welt, in Europa, in Deutschland und bei uns in Schleswig-Holstein.


2.

Mit dem Regierungswechsel von 1988 haben wir in Schleswig-Holstein einen grundlegenden Politikwechsel eingeleitet. Wir haben unser Land trotz jahrelangem Gegenwind durch die frühere konservative Bundesregierung gut auf die neuen Herausforderungen vorbereitet. Schleswig-Holstein hat den großen Rückstand zu anderen Bundesländern aufgeholt. Wir sind ein technologisch und ökologisch modernes Land mit vielen interessanten Arbeits- und Ausbildungsplätzen geworden. Wir haben gleichzeitig den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verbessert. Wir haben den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gestärkt und die demokratischen Mitbestimmmungsrechte für Bürgerinnen und Bürger ausgebaut. Schleswig-Holstein ist ein Land, in dem es sich gut arbeiten und leben läßt.

Wir haben das Land zugleich in die Ostseeregion geöffnet und damit zu einem Dreh- und Angelpunkt neuer wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Zusammenarbeit gemacht. Schleswig-Holstein hat heute rund um die Ostsee einen guten Namen. Gemeinsam mit den Menschen im Land haben wir Schleswig-Holstein erneuert und damit ein gutes Fundament für den Weg ins nächste Jahrhundert geschaffen.


3.

Bei der Landtagswahl im Februar 2000 bewerben wir uns erneut um das Mandat, mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes die Zukunft Schleswig-Holsteins zu gestalten. Wir orientieren uns dabei an den Grundwerten der Sozialdemokratie: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Zunehmender Marktradikalismus und Ellenbogengesellschaft lassen viele Menschen wieder nach dem sozialen Zusammenhalt in demokratischen Gemeinschaften fragen. Deshalb sind unsere Grundwerte auch im Übergang zum nächsten Jahrhundert hochaktuell:

Gleiche Freiheit für alle als Bedingung individueller Entfaltung; Gerechtigkeit in der fairen Verteilung gesellschaftlicher Chancen als unverzichtbare Grundlage friedlichen Zusammenlebens in der Gesellschaft; Solidarität zwischen den Menschen zur Wahrung der Würde und zur Hilfe für die Schwächeren. Solidarität heißt heute auch Verantwortung tragen gegenüber kommenden Generationen und den Menschen in anderen Regionen der Welt.

Wir lassen uns damit auch in unserer Landespolitik von dem leiten, was der Erdgipfel von Rio 1992 mit der Agenda 21 als "nachhaltige Entwicklung" bezeichnet hat: Eine Politik, bei der die Bedürfnisse der heutigen Generation in einer Weise erfüllt werden, welche die Möglichkeiten künftiger Generationen nicht gefährdet. Den richtigen Weg in eine solche Zukunft, wollen wir im Konsens mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern gehen. Wir wissen, daß unser Land nur dann wirklich zukunftsfähig ist, wenn wir gemeinsam wirtschaftliches Wachstum, die Erfordernisse von Natur und Umwelt und soziale Gerechtigkeit in Einklang bringen.


5.

Mit dem Ausbau der Europäischen Union und der Erweiterung nach Osteuropa liegt Schleswig-Holstein im Herzen des Nordens. Verbesserte politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu den Anrainern von Nordsee und Ostsee fördern eine zukunftsfähige Entwicklung. Björn Engholm hat zwischen 1988 und 1993 dafür die Weichen gestellt. Wir wollen diese Beziehungen immer stärker mit Leben erfüllen. Wir wollen unsere historisch gewachsenen Verbindungen in die Nordseeregion, zu den Niederlanden und zu Großbritannien pflegen, um von ihrer Weltoffenheit zu lernen. Wir wollen von den Nachbarn in Skandinavien Impulse für soziales Miteinander, für wissenschaftlichen Fortschritt und für den Schutz von Umwelt und Natur erhalten. Wir wollen unseren östlichen Nachbarn auf dem Weg in das gemeinsame Europa unterstützen. Wir wollen mit allen Partnern unsere guten wirtschaftlichen Beziehungen weiterentwickeln.

Politik für Minderheiten und Volksgruppen bleibt in Schleswig-Holstein besonders wichtig. Wir wollen dazu beitragen, daß Schleswig-Holstein auch künftig als Modell für die friedliche Lösung politischer Probleme in Grenzregionen gilt und für seine tolerante Minderheitenpolitik internationale Anerkennung erhält.

Wir wissen uns mit der Bundesregierung von Gerhard Schröder und mit zwölf anderen von Sozialdemokraten geführten Ländern in Europa einig: Das Ende des Kalten Krieges hat den Bau des Europäischen Hauses ermöglicht. Wir müssen dabei helfen, daß es stabile Stützpfeiler bekommt. Das wird nicht ohne finanzielle Opfer abgehen. Wir sind bereit uns daran zu beteiligen, damit der Norden und Osten Europas auf Dauer zu einer Region guter Nachbarschaft werden kann.


6.

Mit der Wahl einer SPD-geführten Bundesregierung haben sich die Rahmenbedingungen für unsere Politik erheblich verbessert: Das "Bündnis für Arbeit" wird uns helfen, zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Die ökologische Steuerreform wird den Verbrauch von Energie reduzieren und neue Beschäftigungschancen öffnen. Der Ausstieg aus der Atomenergie macht den Weg frei für die breite wirtschaftliche Nutzung regenerativer Energien wie Wind, Sonne und nachwachsende natürliche Rohstoffe. Die Steuerreform stärkt die Massenkaufkraft und schafft mehr Gerechtigkeit. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts fördert den sozialen und kulturellen Frieden. All dies wird unsere Reformpolitik in Schleswig-Holstein erleichtern und ihr neue Impulse geben.

Wir werden im Interesse unser Landes gut mit der Regierung von Gerhard Schröder zusammenarbeiten. Sie braucht auch unsere Unterstützung im Bundesrat, wenn die versprochenen Reformen umgesetzt werden sollen. Wo nötig werden wir die Interessen unseres Landes auch in Zukunft in Bonn und Berlin engagiert gegenüber der Bundesregierung vertreten.


7.

Wir haben 1988 nach 38 Jahren CDU-Herrschaft ein relativ rückständiges Land übernommen. Schleswig-Holstein hatte die wenigsten Kindergartenplätze, die schlechtesten Bahnverbindungen und die dürftigsten Bildungsangebote unter den Flächenländern. Verwaltungen, Schulen, Universitäten und Justiz waren tiefschwarz eingefärbt. Die Arbeitslosenzahlen lagen über dem Durchschnitt, die Wirtschaftskraft lag darunter. Heute ist Schleswig-Holstein ein modernes Land mit einer guten Infrastruktur, mit vielen neuen interessanten Betrieben und Arbeitsplätzen in Zukunftsbranchen, mit guten Bildungseinrichtungen und einem neuen sozialen und demokratischen Miteinander. Wir haben eine erfahrene und erfolgreiche Landesregierung mit Heide Simonis an der Spitze.

Wir wollen auf dieser Basis in gemeinsamer Arbeit mit neuen Reformen unser Land für die Zukunft rüsten und gestalten. Durch unsere Landespolitik wollen wir einen Rahmen schaffen, in dem wirtschaftliche Entwicklung dauerhaft mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verträglichkeit verbunden wird. Das ist eine Perspektive, die Fortschritt möglich macht, die den Zusammenhalt der Gesellschaft fördert und den Menschen heute und in Zukunft Sicherheit gibt.


7.

Wir wollen ein Bündnis von Arbeit und Umwelt, um Zukunftsmärkte zu erschließen, die von großer Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind. Dazu wollen wir unser Land zu einem Vorreiter der ökologischen Modernisierung in Deutschland machen. Wir wollen die Stärken des Landes auf den Feldern der Informationstechnik, der Medizintechnik, der Software, der Umwelttechnik, der Energietechnik, der maritimen Technik und der Biotechnologie weiter ausbauen. Wir wollen die Neugründung und Ansiedlung von modernen Unternehmen fördern. Wir wollen eine gute Ausbildung für alle jungen Menschen sichern und durch eine Offensive für neue Qualifizierung und Arbeit Erwachsenen die Fähigkeit vermitteln, neuen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gewachsen zu sein. Dabei werden wir die noch immer vorhandene Benachteiligung von Frauen weiter abbauen. Wir wollen in der Umweltpolitik Wasser, Luft und Boden vor Schaden schützen und die Artenvielfalt unserer schönen Natur erhalten. Wir wollen daß die Verkehrspolitik und die Landwirtschaftspolitik noch stärker nach umweltverträglichen Lösungen suchen. Und wir wollen die Bemühungen unserer Gemeinden unterstützen, eine lokale Agenda 21 für eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung aufzustellen.


8.

Wir wollen Bildung, Wissenschaft und Forschung weiter mit hoher Priorität fördern. Gute Bildungschancen für junge Menschen sind entscheidende Schlüssel für die Zukunft des Landes. Der Ausbau eines modernen und leistungsfähigen Bildungssystems mit gleichen Chancen und Zugang für alle ist deshalb die wichtigste Zukunftsinvestition des Landes. Auch den Aufschwung Schleswig-Holsteins bei Wissenschaft und Forschung wollen wir weiter fördern, damit das Land im wirtschaftlichen und technologischen Wettbewerb der Regionen auf hohem Niveau erfolgreich ist.


9.

Zur Freiheit von Bürgerinnen und Bürgern gehört auch, daß sie frei von Angst vor Gewalt und Verbrechen leben können. Das Ende der europäischen und der deutschen Teilung hat auch in Schleswig-Holstein die Sicherheitslage verändert. Wir nehmen die Ängste der Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität ernst. Für uns gilt der Grundsatz: Konsequent gegen Kriminalität vorgehen und konsequent ihre Ursachen bekämpfen. Dazu gehört eine wirksame Prävention, eine sichtbare, moderne Polizei und eine konsequente Anwendung des Strafrechts. Unsere örtlichen "Kriminalpräventiven Räte" sind inzwischen zum Markenzeichen geworden.

Wir werden künftig dem Zusammenhalt der Gesellschaft durch gemeinsame Werte größere Aufmerksamkeit schenken. Toleranz, Achtung vor dem anderen, Zivilcourage, soziale Verantwortung müssen wieder wichtiger werden. Das ist eine vorrangige Aufgabe der neuen Bürgergesellschaft - der Familien, der Schulen, der Vereine und Verbände -, aber selbstverständlich auch für den Staat.


10.

Die nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung in Schleswig-Holstein ist nicht nur eine Angelegenheit der Politik. Wir wollen, daß möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mitmachen. Wir wissen, daß ihnen die Zukunft unserer Kinder und unseres Landes am Herzen liegt. Wir wissen, daß sie bereit sind, mit uns den Weg der schrittweisen ökologischen Modernisierung unserer Wirtschaft zu gehen. Wir wissen, daß sie Verantwortung übernehmen und sich demokratisch an der Entwicklung beteiligen wollen. Wir bauen darauf, daß sich die Menschen in unserem Land engagiert für ihre eigene und für die gemeinsame Zukunft einsetzen werden. Am Arbeitsplatz und im Chefsessel, als Azubi oder in der Schule, in Bürgerinitiativen und in den Verbänden, in der Wissenschaft oder in der Kulturszene. Wir setzen auf die Bürgergesellschaft, in der sich Menschen freiwillig in Vereinen und Verbänden zusammentun, um ihre Interessen zu vertreten und anderen zu helfen. Wir vertrauen auf die Zehntausende von ehrenamtlich Tätigen, die täglich aufs Neue ein Beispiel für Gemeinsinn abgeben und wir bedanken uns bei ihnen für das, was sie in den letzten Jahren für unser Land und unsere Gesellschaft getan haben.


11.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben eine klare Vision für die Zukunft unseres Landes:

Wir wollen ein Schleswig-Holstein mit einer starken und verantwortungsbewußten Wirtschaft und mit sicheren Arbeitsplätzen.

Wir wollen ein Land, das seiner Verantwortung für kommende Generationen gerecht wird und in Deutschland ein Vorbild ist für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Wir wollen ein Land der sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit.

Wir wollen ein Land, das mit Spitzentechnologien und Spitzenqualität auf den Zukunftsmärkten erfolgreich ist.

Wir wollen ein Land, in dem die Familien mit Kindern gut aufgehoben sind und in dem die Gleichberechtigung von Frau und Mann nicht nur auf dem Papier steht, sondern gelebte Wirklichkeit ist.

Wir wollen ein Land, das seiner Jugend eine Zukunft gibt und den älteren Menschen Geborgenheit und Sicherheit.

Wir wollen ein Land, das seine Bürgerinnen und Bürger sicher schützt vor Kriminalität und Gewalt.

Wir wollen ein Land, das Innovationen und Weltoffenheit mit der Liebe zur Heimat verbindet.

Wir wollen ein Schleswig-Holstein, das im Herzen des Nordens seine partnerschaftlichen Beziehungen zu den Nachbarn ausbaut und damit seinen Beitrag zu einer gerechten und zukunftssicheren Ordnung in einer wichtigen Region Europas leistet.

Wir wollen, daß unser Land ein Vorbild bleibt für die freie Entfaltung des einzelnen, für ein solidarisches Miteinander, für die Hilfe der Stärkeren gegenüber den Schwächeren, für einen vernünftigen Umgang mit den Schätzen der Natur. Schleswig-Holstein hat einen guten Namen. Das wird mit Heide Simonis an der Spitze auch so bleiben.