B2: Keine Studiengebühren an schleswig-holsteinischen Hochschulen (2005)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel August 2005
Bezeichnung: B2
Antragsteller: Kreisverband Kiel und Kreisverband Lübeck


Beschluss: Angenommen


Der Landesparteitag möge beschießen:

  1. Die SPD Schleswig-Holstein spricht sich, anlässlich der immer wieder öffentlich erhobenen Forderung der CDU nach der Einführung von Studiengebühren, erneut gegen die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium aus. Die Verpflichtung, für die Aufnahme und Dauer eines Hochschul- oder Fachhochschulstudiums Gebühren zu zahlen,
    1. widerspricht dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Denn Kinder einkommensschwächerer Eltern und Alleinerziehender haben dann nicht die gleichen Chancen auf Zugang zu einer wissenschaftlichen Ausbildung wie die Kinder einkommensstärkerer Eltern und Alleinerziehender, wenn den ersteren während der einkommenslosen Studienzeit mit einer zusätzlich zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu zahlenden Gebühr eine finanziell nur schwer oder gar nicht überwindbare Barriere in den Weg gelegt wird;
    2. ist volkswirtschaftlich unzweckmäßig. Zum einen werden weniger Qualifizierte wissenschaftlich ausgebildet als für ein Studium befähigt sind, wenn hohe Gebühren von der Aufnahme des Studiums abhalten, und so die Erfolgschancen der deutschen, auf Wissen und Innovation basierenden Industrie- und Dienstleistungswirtschaft vermindert. Zum anderen wird eine zunehmende Zahl von Akademikerinnen und Akademikern, die nach dem Abschluss des Erststudiums eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen und mit erheblichem finanziellen Aufwand (vor allem durch Kreditaufnahmen) kleine Unternehmen, Betriebe, Kanzleien, Praxen u.ä. gründen müssen, mit zusätzlichen Schulden für die Rückzahlung der Gebührenschuld bzw. der für die Gebührenzahlung aufgenommenen Kredite belastet;
    3. ist familienpolitisch verfehlt. Die Abtragung von Schulden aus zur Studienfinanzierung aufgenommen Krediten oder einer nachträglichen Gebührenschuld verringert das verfügbare Einkommen junger Eltern und Alleinerziehender und ermutigt nicht zur gesellschaftlich erwünschten Familiengründung.
  2. Die SPD Schleswig-Holstein erkennt keinen Nachteil für die schleswig-holsteinischen Hochschulen und Fachhochschulen, wenn in Schleswig-Holstein keine Studiengebühren erhoben werden, in anderen – auch benachbarten – Bundesländern dagegen schon. Denn wie bisher wird auch dann die begrenzte Zahl von Studienplätzen grundsätzlich nach der in der Schulabgangsnote gezeigten schulischen Leistung vergeben werden. Je größer die Zahl der Studienplatzbewerberinnen und –bewerber, desto höher wird der Notendurchschnitt der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber und damit tendenziell auch die Leistungsfähigkeit schleswig-holsteinischer Studierender sein. Auch wenn unterschiedliche Schulabgangsnoten Gründe außerhalb der persönlichen Begabung und Leistungsfähigkeit haben können, ist für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Entscheidung über die Zulassung zu einem Studienplatz anhand der Schulabgangsnoten sozial gerechter als anhand der Zahlungsbereitschaft und –fähigkeit der Bewerberinnen und Bewerber.
  3. Die SPD Schleswig-Holstein hält eine Verbesserung der Finanzierungssituation der schleswig-holsteinischen Hochschulen und Fachhochschulen durch die Erhebung von Studiengebühren für unwahrscheinlich. Denn die prekäre Haushaltssituation des Landes und die Erfahrungen mit der Hochschulpolitik anderer Länder, in denen Studiengebühren erhoben werden, lassen erwarten, dass kurz- bis mittelfristig die für die Hochschulfinanzierung vorgesehenen Mittel im Landeshaushalt um den Betrag der Einnahmen aus den erhobenen Studiengebühren gekürzt würde und die Finanzierungssituation der Hochschulen und Fachhochschulen letztlich unverändert bliebe.
  4. Die im Koalitionsvertrag von CDU und SPD festgelegte Verpflichtung, dass das Land Schleswig-Holstein bei der Frage der Einführung von Studiengebühren weder eine Vorreiterrolle übernehmen noch eine „Insellösung“ zulassen wird, versteht die SPD als Aufforderung an Landtag und Landesregierung, ein Konzept zur Verbesserung der Hochschulfinanzierung zu erarbeiten, dass die bisherige Qualität von Forschung und Lehre sichert und ausbaut, ohne dabei auf Studiengebühren zurückzugreifen. Der verstärkte Einsatz von Drittmitteln bei strikter Wahrung der Freiheit von Forschung und Lehre und vermehrte Einsparungen z.B. über Effizienzsteigerungen in der Hochschulverwaltung können Bestandteil eines solchen Konzeptes sein.
  5. Die SPD Schleswig-Holstein hält es nicht für möglich, dass ein sozial gerechtes System zur finanziellen Unterstützung von Gebühren zahlenden Studierenden organisiert werden kann – auch nicht über eine gemischte Finanzierung aus staatlichen Ausbildungsbeihilfen und privaten Stipendien –, in dem die Ausgaben für die finanzielle Unterstützung durch die Einnahmen aus erhobenen Studiengebühren gedeckt würden und der Staat so von einer fiskalischen Mehrbelastung verschont bliebe.