EU1: Für ein demokratisches und soziales Europa - unsere Antwort auf die Globalisierung (2003)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2003
Bezeichnung: Leitantrag EU1
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


Unsere Ziele

Die Europawahl 2004 ist eine Entscheidung über Europas weiteren Weg:

  • Der Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents benennt die Werte, auf denen das europäische Einigungswerk basiert: Freiheit, Demokratie, Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Die Wirtschaftslastigkeit der EU wird ergänzt durch die Verpflichtung zur sozialen Verantwortung. Dies sind wichtige Fortschritte. Die gemeinsame Verfassung muss mit Leben ausgefüllt werden. Mit ihr wird das bisherige komplizierte und für die Bürgerinnen und Bürger nur schwer durchschaubare Vertragswerk vereinfacht. Durch sie erhält Europa eine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Entscheidungen werden transparenter.

Aber wir Sozialdemokraten wollen auf diesem Weg noch größere Schritte machen.

Die Werte und Normen, die zusammen mit der Charta der Grundrechte der EU in der Europäischen Verfassung festgeschrieben werden, müssen Leitlinie und Anspruch sowohl für ihre innere Verfassung wie auch für das internationale Handeln der EU sein. Das heißt,

    • dass die EU immer weniger Staaten- und immer stärker Rechts- und Bürgergemeinschaft werden muss, demokratisch legitimiert durch ein starkes Europäisches Parlament;
    • dass die Union auch gegenüber ihren Mitgliedern die Einhaltung und Durchsetzung von Rechten einfordern kann;
    • dass die EU anstrebt, diese Werte auch auf internationaler Ebene zu verwirklichen.

Die neue europäische Verfassung gibt den Rahmen. Konkrete Politik muss ihn ausfüllen.

  • Das erfolgreiche europäische Modell einer Wirtschaftsgemeinschaft muss weiterentwickelt werden zu einer Union, in der soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Entwicklung und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nachhaltig miteinander verbunden werden.
  • Immer noch ist der Ursprung der EU als Wirtschaftsgemeinschaft spürbar. Ein Großteil ihres Handelns wird auf ökonomische Kompetenzen und Normen zurückgeführt. Bei konkreten Entscheidungen über die öffentliche Daseinsvorsorge, die Finanzierung der Alterssicherung oder die Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen müssen deshalb künftig auch regionale Besonderheiten und Ziele der sozialen Gerechtigkeit eine Rolle spielen. Nur so kann eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21 von Rio 1992 gewährleistet werden.
  • Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist eines der zentralen Verfassungs­ziele der Europäischen Union, die Beseitigung entgegenstehender Hindernisse ihr ständiges Bemühen. Mit dem Prinzip des „Gender Mainstreaming“ hat die EU sich auf allen Ebenen – bis hinunter zu den Kommunen – ein starkes Instrument in die Hand gegeben, um den Stand der Gleichberechtigung abzuprüfen und zu verbessern.
  • Wir Sozialdemokraten wollen ein Europa, das stark genug ist, nicht nur nach innen für ökonomischen Fortschritt, Arbeit und Bildung für alle und persönliche Freiheit und Verantwortung gleichermaßen zu sorgen. Europa muss auch stark genug sein, nach außen ein starkes Korrektiv zur ungehinderten Globalisierung zu bilden, insbesondere im Rahmen der Verhandlung zum GATS.
  • In der Tradition europäischer Entspannungspolitik, die von Sozialdemokraten wie Willy Brandt und Olof Palme verwirklicht wurde, muss die EU ein Stabilitätsanker für den Frieden in der Welt auf der Grundlage einer starken internationalen Rechtsordnung werden. Die EU kann ihren Anspruch auf eine eigenständige und international aktive Rolle jedoch nicht in Konkurrenz zu der Sicherheits- und Außenpolitik der Mitgliedstaaten verwirklichen. Andererseits reicht eine EU-Außenpolitik nicht aus, die lediglich der kleinste gemeinsame Nenner der nationalen Politiken ist. Wir brauchen deshalb langfristig eine starke eigenständige Kompetenz der EU in der gemeinsamen Außenpolitik, die notfalls zunächst von wenigen Mitgliedstaaten vereinbart werden kann, die dazu heute schon bereit sind. Darüber hinaus müssen die neuen EU-Anrainerstaaten stärker in den Prozess der Stabilisierung und der Entspannung eingebunden und einbezogen werden
  • Wir Sozialdemokraten wollen, dass eine einheitliche europäische Außenpolitik in enger Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und regionalen Zusammenschlüssen in der Welt für gemeinsamen Frieden und Stabilität sorgt. Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärkung des internationalen Rechts muss Leitlinie europäischer Außenpolitik sein.

Für alle diese Ziele brauchen wir ein starkes Europäisches Parlament mit einer sozialdemokratischen Mehrheit.

Unsere Aufgaben

Das internationale Recht stärken: Für eine europäische Außenpolitik

Die SPD steht seit je her für eine starke multilaterale Friedenspolitik. Es war die Entspannungspolitik Willy Brandts, die den Grundstein für die Überwindung der deutschen und damit auch der europäischen Teilung nach dem 2. Weltkrieg gelegt hat. Diese Tradition wollen wir unter neuen sicherheitspolitischen Voraussetzungen unter dem Dach der EU fortführen.

Europa übernimmt mittlerweile kollektiv außenpolitische Verantwortung bei der Sicherung von Frieden und der Konfliktprävention – etwa in Mazedonien. Um Europa jedoch ein stärkeres außenpolitisches Gesamtgewicht zu verleihen, brauchen wir eine außenpolitisch handlungsfähige EU, die in allen Fragen – vor allen Dingen in Abwägungsprozessen zwischen Krieg und Frieden – mit einer Stimme spricht.

Doch die gravierenden Defizite bei der Formulierung einer einheitlichen Position der EU zum Irak-Krieg und die marginale Rolle, die die EU als internationaler Akteur gegenüber den USA spielte, hat die dringende Notwendigkeit einer effizienten EU-Außenpolitik einmal mehr deutlich gemacht. Die deutsch-französische Haltung, eine Lösung ohne UNO-Mandat abzulehnen, der sich auch Russland angeschlossen hat, hat sich als richtig erwiesen. Es hat sich auch gezeigt: eine deutliche Mehrheit der europäischen Bevölkerung, im Gegensatz zu ihren Regierungen, hat diese Position unterstützt. Europa muss mit seinem Modell der friedlichen Zusammenarbeit und mit seinem Gewicht als größter und wohlhabendster wirtschaftlicher Zusammenschluss endlich auch außenpolitisch mehr Verantwortung übernehmen und sich stärker als bisher für eine friedliche Konfliktlösung im Rahmen der UNO in der Welt einsetzen.

Wir wollen eine gleichberechtigte transatlantische Partnerschaft. Die neo-konservativen Strömungen in der amtierenden US-Regierung, die eine Abkehr von der bislang gemeinsamen Basis des Multilateralismus und stattdessen einseitige und oft militärische Strategien und Lösungen bevorzugen, beschädigen diese Partnerschaft und erschweren eine kollektive Friedenssicherung unter dem Dach der UNO.

Vom Europa der Staaten zum Europa der Bürgerinnen und Bürger: Für eine europäische Verfassung

Die Europäische Einigung ist ein Prozess. Wir wollen diesen Prozess weiterhin unterstützen und aktiv zu einer immer engeren Union nicht nur der Staaten, sondern auch der europäischen Bürgerinnen und Bürger beitragen.

Europa muss ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts werden, der demokratisch kontrolliert und effizient regiert wird.

Im Sommer 2003 hat der Konvent den Entwurf einer Verfassung für die Europäische Union verabschiedet. Dieser Entwurf muss von einer Regierungskonferenz beschlossen und in den Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Wir treten dafür ein, dass der Konventsentwurf weder aufgeschnürt noch aufgeweicht wird.

Die Zusammenführung der bisherigen Verträge in einem Gesamtdokument, die Übernahme der Grundrechtecharta, die Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat und die Festlegung des Mitentscheidungsrechts des Europaparlaments als Regelverfahren in der Gesetzgebung sind die großen Fortschritte für ein stärkeres Zusammenwachsen Europas.

Diese Fortschritte dürfen nicht gefährdet werden.

Unsere Vision eines vereinten Europas reicht jedoch weit über diesen Konventsentwurf hinaus.

Langfristig wollen wir die "Vereinigten Staaten von Europa" mit einem einflussreichen, mit umfangreichen Kompetenzen ausgestatteten Europäischen Parlament und einer Europäischen Regierung.

Europa muss noch enger zusammenrücken, noch demokratischer, noch transparenter und nach innen wie nach außen noch handlungsfähiger werden.

Für alle politischen Aufgaben, die die Mitgliedstaaten nicht oder nicht ausreichend bewältigen können, muss die Union eindeutige Kompetenzen bekommen. Vor allem in der Innen- und Rechtspolitik, sowie in der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es mittel- und langfristig noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Die Zukunft gemeinsam gestalten: Für eine erfolgreiche EU-Erweiterung

Mehr als nur eine Wirtschaftsgemeinschaft: Europa nachhaltig und sozial gestalten

Die Daseinsvorsorge ist Eckpfeiler sozialer Politik gegen europäischen Wettbewerbsfetischismus

Europas Einfluss für eine faire Weltwirtschaft

Ein starkes Schleswig-Holstein in einem starken Europa: Unsere Chancen als Land zwischen den Meeren ausbauen

Zusammenarbeit über Grenzen hinweg: Ostsee- und Nordseekooperation

Politik aus einem Guss: Wirtschaft, Arbeit, Regionalpolitik.

Wissenschaft und Ausbildung

Unverzichtbar für unser Land: Saubere Meere - sichere Schiffe

Für eine starke Sozialdemokratie im Europäischen Parlament