II LV1: Resolution zur Energiepolitik (1977): Unterschied zwischen den Versionen

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==Zur Lage der Diskussion über die Energiepolitik==
==Zur Lage der Diskussion über die Energiepolitik==
Der Beschluss des Landesvorstandes der schleswig-holsteinischen SPD, der sich für eine ergebnisoffene Diskussion über das Für und Wider der friedlichen Nutzung der Kernenergie ausgesprochen hatte, hat dazu beigetragen, eine grundlegende energiepolitische Debatte innerhalb der Partei auszulösen und damit auch die Debatte über unser aller Zukunft einzuleiten. Damit hat sich der Landesverband der SPD in Schleswig-Holstein den Fragen gestellt, die schon frühzeitig von Bürgerinitiativen aufgeworfen worden sind.
Wir befinden uns jetzt weltweit an einem Entwicklungspunkt, der die Menschheit zwingt, die natürlichen Grenzen und Möglichkeiten der Erde zu erkennen und einzuhalten und die verfügbaren Naturschätze und technischen Kräfte sparsamer zu verwalten und gerechter zu verteilen, als es in der Vergangenheit geschehen ist.
Viele Probleme, die dabei gelöst werden müssen, wurden und werden durch ein wirtschaftliches Denken und Handeln erzeugt, das immer noch überwiegend die Problemlösung in einer nur quantitativen Produktionsausweitung sucht und dabei die Interessen der kurzfristigen Kapitalverwertung in den Vordergrund rückt und oftmals nur egoistische Nationalinteressen verfolgt.
Diese Interessen stehen aber oft im Gegensatz zu
* gesamtgesellschaftlicher Vernunft (volkswirtschaftliche Kostennutzungsrechnung),
* nationaler und internationaler Gerechtigkeit und Solidarität,
* den natürlichen und nicht beliebig vermehrbaren Lebensgrundlagen der Menschen,
* humanen Arbeitsbedingungen,
* den Grundsätzen der Lebensqualität,
* den Grundwerten der Demokratie und Selbstbestimmung,
* den Interessen zukünftiger Generationen.
Mit diesen Problemen muss sich die SPD besonders in der energiepolitischen Diskussion auseinandersetzen.
Deswegen fordert der Landesparteitag eine unvoreingenommene und ergebnisoffene Diskussion über die Chancen und Risiken der friedlichen Nutzung von Kernenergie und unterstützt die politische Forderung nach einem Baustopp. Das bedeutet
* für alle Kernenergieprojekte bis auf weiteres einen Genehmigungs-, Bau- und Inbetriebnahmestopp anzuordnen; eine Energiepolitik, die der Möglichkeit Rechnung trägt, ohne die friedliche Nutzung der Kernenergie auskommen zu können;
* ein geschlossenes Konzept aller Entsorgungs-‚ Wiederaufbereitungs- und Endlagerungsmaßnahmen unter Offenlegung aller Risiken (politisch, ökonomisch, technisch) vorzulegen. Eine baubegleitende Entwicklung ist nicht zulässig;
* den Genehmigungsstopp im Rahmen der internationalen Verantwortung bis auf weiteres auch für den Export von kerntechnischen Anlagen auszudehnen.
Der SPD-Landesverband befürwortet und unterstützt diesen Baustopp mit dem Ziel,
einen grundlegenden Umdenkungsprozess in der Energieversorgung einzuleiten. Deswegen muss die Zeit des Baustopps aktiv für Maßnahmen genutzt werden, die
* die Sicherheit für die Bevölkerung erhöhen und eine wirksamere Vorsorge gegen Schadensfolgen möglicher kerntechnischer Unfälle durchsetzen;
* mehr Vernunft im Umgang mit Energie fördern;
* eine bessere Nutzung der Primärenergie ermöglichen;
* die Entwicklung neuer Formen der Energieerzeugung, insbesondere die Nutzung der unerschöpflichen natürlichen Energiequellen, verstärken;
* die Umweltbelastungen von Kraftwerken verringern;
*den Bürgerdialog über unsere Energieversorgung in Gang setzen helfen;
* eine kritische Überprüfung staatlicher Forschungs- und Entwicklungsprogramme für die sogenannten fortgeschrittenen Reaktorlinien in Bezug auf ihre Verantwortbarkeit unter Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsaspekten ermöglichen;
* die Umorientierung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten auf nichtnukleare Energiesysteme und auf die Förderung praktischer Verwendungsintelligenz im Energieverbrauch bewirken;
* Haushaltsmittel bereitstellen für die Erforschung der biologischen Risiken der Kernspaltungstechnologie und die Verminderung der Umweltbelastungen bei konventionellen Kraftwerken;
* verhindern, dass die beschäftigungspolitischen Konsequenzen aus den vorher genannten Maßnahmen einseitig auf dem Rücken der davon betroffenen und dafür nicht verantwortlichen Arbeitnehmer abgeladen werden;
* die Diskussion europäisieren.
Erst der an diesen Zielen orientierte verstärkte Einsatz-von Wissenschaft und
Politik führt zu einer sinnvollen Nutzung der Zeit des Baustopps. Und erst greifbare Ergebnisse dieser Anstrengungen machen ein Ende der Denkpause, das heißt eine sinnvolle Entscheidung über Notwendigkeit und Ausmaß der friedlichen Nutzung der Kernenergie sowie des Exports der Kerntechnologie möglich.
==Umdenken ist notwendig==
==Umdenken ist notwendig==
==Vernünftigerer Umgang mit Energie und bessere Nutzung von Energie==
==Vernünftigerer Umgang mit Energie und bessere Nutzung von Energie==

Version vom 8. Juni 2015, 09:57 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Tönning 1977
Bezeichnung: II LV1
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


(Veröffentlicht in: „Zur Sache“ Nr. 1, Juni 1977 - Herausgeber: SPD-Landesverband Schleswig-Holstein)


Zur Lage der Diskussion über die Energiepolitik

Der Beschluss des Landesvorstandes der schleswig-holsteinischen SPD, der sich für eine ergebnisoffene Diskussion über das Für und Wider der friedlichen Nutzung der Kernenergie ausgesprochen hatte, hat dazu beigetragen, eine grundlegende energiepolitische Debatte innerhalb der Partei auszulösen und damit auch die Debatte über unser aller Zukunft einzuleiten. Damit hat sich der Landesverband der SPD in Schleswig-Holstein den Fragen gestellt, die schon frühzeitig von Bürgerinitiativen aufgeworfen worden sind.

Wir befinden uns jetzt weltweit an einem Entwicklungspunkt, der die Menschheit zwingt, die natürlichen Grenzen und Möglichkeiten der Erde zu erkennen und einzuhalten und die verfügbaren Naturschätze und technischen Kräfte sparsamer zu verwalten und gerechter zu verteilen, als es in der Vergangenheit geschehen ist.

Viele Probleme, die dabei gelöst werden müssen, wurden und werden durch ein wirtschaftliches Denken und Handeln erzeugt, das immer noch überwiegend die Problemlösung in einer nur quantitativen Produktionsausweitung sucht und dabei die Interessen der kurzfristigen Kapitalverwertung in den Vordergrund rückt und oftmals nur egoistische Nationalinteressen verfolgt.

Diese Interessen stehen aber oft im Gegensatz zu

  • gesamtgesellschaftlicher Vernunft (volkswirtschaftliche Kostennutzungsrechnung),
  • nationaler und internationaler Gerechtigkeit und Solidarität,
  • den natürlichen und nicht beliebig vermehrbaren Lebensgrundlagen der Menschen,
  • humanen Arbeitsbedingungen,
  • den Grundsätzen der Lebensqualität,
  • den Grundwerten der Demokratie und Selbstbestimmung,
  • den Interessen zukünftiger Generationen.

Mit diesen Problemen muss sich die SPD besonders in der energiepolitischen Diskussion auseinandersetzen.

Deswegen fordert der Landesparteitag eine unvoreingenommene und ergebnisoffene Diskussion über die Chancen und Risiken der friedlichen Nutzung von Kernenergie und unterstützt die politische Forderung nach einem Baustopp. Das bedeutet

  • für alle Kernenergieprojekte bis auf weiteres einen Genehmigungs-, Bau- und Inbetriebnahmestopp anzuordnen; eine Energiepolitik, die der Möglichkeit Rechnung trägt, ohne die friedliche Nutzung der Kernenergie auskommen zu können;
  • ein geschlossenes Konzept aller Entsorgungs-‚ Wiederaufbereitungs- und Endlagerungsmaßnahmen unter Offenlegung aller Risiken (politisch, ökonomisch, technisch) vorzulegen. Eine baubegleitende Entwicklung ist nicht zulässig;
  • den Genehmigungsstopp im Rahmen der internationalen Verantwortung bis auf weiteres auch für den Export von kerntechnischen Anlagen auszudehnen.


Der SPD-Landesverband befürwortet und unterstützt diesen Baustopp mit dem Ziel, einen grundlegenden Umdenkungsprozess in der Energieversorgung einzuleiten. Deswegen muss die Zeit des Baustopps aktiv für Maßnahmen genutzt werden, die

  • die Sicherheit für die Bevölkerung erhöhen und eine wirksamere Vorsorge gegen Schadensfolgen möglicher kerntechnischer Unfälle durchsetzen;
  • mehr Vernunft im Umgang mit Energie fördern;
  • eine bessere Nutzung der Primärenergie ermöglichen;
  • die Entwicklung neuer Formen der Energieerzeugung, insbesondere die Nutzung der unerschöpflichen natürlichen Energiequellen, verstärken;
  • die Umweltbelastungen von Kraftwerken verringern;
  • den Bürgerdialog über unsere Energieversorgung in Gang setzen helfen;
  • eine kritische Überprüfung staatlicher Forschungs- und Entwicklungsprogramme für die sogenannten fortgeschrittenen Reaktorlinien in Bezug auf ihre Verantwortbarkeit unter Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsaspekten ermöglichen;
  • die Umorientierung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten auf nichtnukleare Energiesysteme und auf die Förderung praktischer Verwendungsintelligenz im Energieverbrauch bewirken;
  • Haushaltsmittel bereitstellen für die Erforschung der biologischen Risiken der Kernspaltungstechnologie und die Verminderung der Umweltbelastungen bei konventionellen Kraftwerken;
  • verhindern, dass die beschäftigungspolitischen Konsequenzen aus den vorher genannten Maßnahmen einseitig auf dem Rücken der davon betroffenen und dafür nicht verantwortlichen Arbeitnehmer abgeladen werden;
  • die Diskussion europäisieren.


Erst der an diesen Zielen orientierte verstärkte Einsatz-von Wissenschaft und Politik führt zu einer sinnvollen Nutzung der Zeit des Baustopps. Und erst greifbare Ergebnisse dieser Anstrengungen machen ein Ende der Denkpause, das heißt eine sinnvolle Entscheidung über Notwendigkeit und Ausmaß der friedlichen Nutzung der Kernenergie sowie des Exports der Kerntechnologie möglich.

Umdenken ist notwendig

Vernünftigerer Umgang mit Energie und bessere Nutzung von Energie

Neue Formen der Energieerzeugung

Verbesserung der Standortvorsorge

Mehr Sicherheit für die Bevölkerung

Verringerung der Umweltbelastung durch Kraftwerke

Dialog mit dem Bürger

Verbesserung der atomrechtlichen Genehmigungsverfahren