R2: Postwesen (1987)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 1987
Bezeichnung: R2
Antragsteller: Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA)


Beschluss: Angenommen


Die AfA fordert den SPD-Landesparteitag auf, folgende Resolution zu verabschieden:

Der SPD-Landesverband Schleswig-Holstein wehrt sich gegen die von der Bundesregierung betriebene Zerschlagung und Privatisierung der Deutschen Bundespost. Sie unterstützt deshalb die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) in ihrem Kampf gegen den Ausverkauf der Post.

Allein im Jahre 1986 hat die Deutsche Bundespost in Schleswig-Holstein rund 700 Mio. DM in post-, fernmelde- und hochbautechnische Einrichtungen investiert.

Mit ca. 20.000 Arbeitnehmern gehört die Post zu den wichtigsten Dienstleistungsbetrieben des Landes. Sie ist mit ca. 800 Poststellen und Postämtern zwischen Watt und Förde präsent. Angesichts der Bedeutung dieses Unternehmens für die Allgemeinheit stellt deshalb der Landesparteitag fest:

  1. Die Deutsche Bundespost hat Aufgabe der Daseinsvorsorge wahrzunehmen. Sie muß im Interesse gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland dafür sorgen, daß alle Bürger — privat und geschäftlich — Leistungen des Post- und Fernmeldewesens zu gleichen Bedingungen und sozialvertretbaren Gebühren in Anspruch nehmen können. Es ist deshalb unabdingbar, daß die Deutsche Bundespost in denjenigen Bereichen des Post- und Fernmeldewesens, die im weitesten Sinne der Daseinsvorsorge dienen, ein Monopol behält. Gleichzeitig muß sichergestellt werden, daß die Deutsche Bundespost ihren gesetzlichen Auftrag zur Eigenwirtschaftlichkeit auch bei nur sehr langfristig rentierlichen Infrastruktur-Investitionen erfüllen kann. Alle zukünftigen Überlegungen und Konzepte im Hinblick auf die Gestaltung des Fernmeldewesens dürfen diesen Infrastrukturauftrag der Post nicht gefährden, der nur im betrieblichen Verbund von Post- und Fernmeldewesen sinnvoll wahrgenommen werden kann.
  2. Die zukünftige Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft wird entscheidend auch von der Qualität unserer Informations- und Kommunikationstechnik und -dienste geprägt. Der Deutschen Bundespost kommt in Zukunft eine noch bedeutendere Schlüsselfunktion zu, weil sie für die Leistungefähigkeit und Modernität der Kommunikationsversorgung verantwortlich ist. Um ihre Aufgaben im auch in Zukunft erfüllen zu können, muß die Deutsche Bundespost ordnungspolitisch und organisatorisch in die Lage versetzt werden, stärker als bisher flexibel und marktgerecht operieren zu können. Unverzichtbare Voraussetzung hierfür ist die Aufhebung der Einvernehmensregelung zwischen dem Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen einerseits und den Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Inneres andererseits. Diese unternehmensfremden Einflüsse schränken die Flexibilität und damit die Leistungsfähigkeit der Post ein. Diese Einflüsse auszuschalten bedarf es lediglich einer Änderung des Postverwaltungsgesetzes.Auf der Grundlage der postalischen Infrastruktur können auch private Unternehmen im Rahmen der derzeitig gültigen Regelungen der Telekommunikationsordnung spezielle Dienstleistungen (Mehrwertdienste) anbieten. Der Deutschen Bundespost darf es nicht verwehrt werden, an solchen Wettbewerbsbereichen teilnehmen zu können. Eine Rosinenpickerei durch das Unterlaufen der Gebührenstrukturen der Deutschen Bundespost muß durch geeignete Maßnahmen verhindert werden.
  3. Bei allen Überlegungen über die künftige Struktur des Fernmeldewesens sind die mittel— und unmittelbaren arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Auswirkungen zu beachten. Wir setzen uns dafür ein. daß bei der Bundespost die Arbeits— und Ausbildungsplätze erhalten und zukunftssicher ausgebaut bzw. neue geschaffen werden. Im einzelnen halten wir folgende Forderungen für unverzichtbar:
    1. Der öffentlich-rechtliche Status der Post, der Verbund von Post-, Bank- und Fernmeldediensten und das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis von Beschäftigten der Deutschen Bundespost muß erhalten bleiben. Zwischen den einzelnen Dienstleistungsbereichen bestehen bereits heute vielfältige, künftig — durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken bedingt — noch zunehmende Wechselwirkungen.
    2. Das Globaldeckungsprinzip zwischen Post- und Fernmeldewesen muß zur Sicherung des gesetzlichen Infrastrukturauftrages der Post erhalten bleiben. Ohne interne Mischkalkulation kann die Deutsche Bundespost ihren Auftrag, Dienstleistungen auch dann anzubieten, wenn einzelne Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens für sich alleine nicht kostendeckend erbracht werden können, nicht erfüllen.
    3. Die alleinige Netzträgerschaft der Bundespost für die Individual- und Massenkommunikation muß uneingeschränkt erhalten bleiben; die Zulassung von privaten Netzträgern, die in Konkurrenz zur DBP eigene Übertragungseinrichtungen (Kabel, Satelliten, Funk) aufbauen dürfen, ist ebenso auszuschließen, wie die Zulassung privater Vermittlungsbetriebe (resale carrier).
    4. Um die Eigenwirtschaftlichkeit langfristig zu sichern, muß Rosinenpickerei durch Tarifarbitrage‚ insbesondere in Massendiensten und auf Vielverkehrsstrecke, durch geeignete Maßnahmen des Arbitrageschutzes ( u.a. nutzungszeitabhängige Tarifierung bei Mietleitungen) verhindert werden.
    5. Die Ausgliederung einzelner Bereiche des Fernmeldewesens‚ z.B. im Endgerätebereich oder bei den Mehrwertdiensten‚ in eigenen Rechtsformen ist allein wegen verfassungsrechtlicher Bedenken abzulehnen.
    6. Die Sicherung des Grundrechts der Kunden und der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung durch Schutz ihrer personenbezogenen Daten ist zu gewährleisten.
    7. Die Begrenzung des Auftrages der Regierungskommission auf das Fernmeldewesen darf nicht dazu führen, daß mögliche Strukturänderungen und Folgewirkungen auf das Postwesen außer Betracht bleiben. Post- und Fernmeldewesen müssen noch stärker verzahnt werden, um die Verbundvorteile zur Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben zu nutzen.