S12: Faire Kindergrundsicherung für alle (2014)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Lübeck 2014
Bezeichnung: S12
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


(Ursprünglich: Antragsbereich Partei/ Antrag 3)


Armut beseitigen – Chancen schaffen

Im Hamburger Programm legen wir Sozialdemokraten ein klares Bekenntnis ab: „Wir entwickeln den vorsorgenden Sozialstaat, der Armut bekämpft, den Menschen gleiche Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben eröffnet, gerechte Teilhabe gewährleistet und die großen Lebensrisiken verlässlich absichert. Wir setzen auf das Miteinander der Generationen und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Unsere Unterstützung gilt den Familien, unsere besondere Solidarität gilt den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Wir wollen ein gesundes Leben“

Die SPD ist die Partei der sozialen Gerechtigkeit. Sie ist und bleibt Richtschnur unserer Politik – in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Die Bekämpfung von Armut und die Schaffung solider Grundlagen für die sozio-kulturelle Teilhabe aller in unserer Gesellschaft sind dabei essentieller Teil unserer Politik für eine gerechte Gesellschaft.

In einer sozial gerechten Gesellschaft, zumal in einem reichen Land wie Deutschland, sollte es Armut nicht geben. Gleichwohl bleibt sie ein Problem. Die Armutsrisikoquote in Deutschland steigt ungebremst: Von 15,1 Prozent in 2007 auf 16,1 Prozent in 2012. Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung hat – derzeit liegt die Armutsgrenze bei 750 Euro Nettohaushaltseinkommen für eine Person.

Einkommensarmut - die oft flankiert ist von knappen sozialen Ressourcen (Familie, helfende Freunde und Nachbarn), kritischen familiären Lebensereignisse (Krankheit, Arbeitslosigkeit), dem Leben in sozialen Brennpunkten, Bildungsferne, Obdachlosigkeit und Überschuldung - ist bittere Realität in der deutschen Gesellschaft. Betroffen von Armut sind vor allem Kinder.

Armut von Kindern ist immer Familienarmut. Kinder erleben Armut in ihrer Familie heute als alternativlos. Ein fatales Gefühl der Chancenlosigkeit wird zunehmend lebensprägend - und dies wird mittlerweile in weiten Teilen der Bevölkerung gleichgültig oder als unveränderlich hingenommen. Ganzen Generationen wird so signalisiert, die Möglichkeit an Teilhabe und sozialer Aufstieg blieben ihnen verwehrt. Armut verhindert konkret Bildungs- und Lebenschancen. Langfristig unterhöhlt Armut auch die Akzeptanz des Staates, seiner demokratisch gewählten Parlamente, seiner Institutionen insgesamt.

Sozialdemokratische Familienpolitik muss hier gegensteuern und ein Maßnahmenbündel enthalten, das Bildung und Betreuung, Gleichstellung, Arbeitsmarkt und Finanzen gleichermaßen in den Blick nimmt. Mit der Einführung eines Mindestlohns, dem Ausbau der Kinderbetreuung und dem Elterngeld haben wir bereits wichtige Bausteine zur Senkung der Familienarmut geschaffen. Diesen Weg werden wir weiter gehen müssen.

Unser Ziel „Kein Kind zurücklassen!“ werden wir aber nicht allein durch gerechtere Bildungspolitik, den Mindestlohn und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen können. Auch die materiellen Voraussetzungen für gleiche Chancen und Gerechtigkeit müssen gegeben sein. Nur so gelingt es uns, Chancen zu schaffen und Armut zu bekämpfen.

Der gerade vorgelegte Abschlussbericht zur Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen zeigt, dass wir noch eine weite Strecke vor uns haben. Die bisherigen Instrumente zur Familienförderung haben in großen Teilen versagt – sie fördern Familien unzureichend oder bewirken gar das Gegenteil. Die monetäre Förderung von Familien muss gerechter werden. Insbesondere Familien mit geringem Einkommen brauchen mehr Unterstützung.

Ziel unserer Familienpolitik ist, dass alle Kinder mit gleichen Chancen, gesund und materiell abgesichert aufwachsen können. Soziale Sicherheit, Teilhabe und sozialen Aufstieg müssen v.a. für Kinder wieder erlebbar werden. Die Sozialdemokratie ist gefordert, soziale Gerechtigkeit im Alltagsleben von Familien, die von Armut bedroht sind, wieder spürbarer zu machen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die SPD Schleswig-Holstein für eine eigenständige und faire Kindergrundsicherung ein.

Ein neuer Ansatz in der Familienpolitik und Kinderförderung ist überfällig

Fast 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche leben mit einem Armutsrisiko. Nach Erhebungen des Statistischen waren im Jahr 2011 18,9 Prozent aller unter 18-jährigen Personen armutsgefährdet. Damit haben Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Armutsrisiko als die Gesamtbevölkerung. Nach einer Studie von UNICEF im Jahr 2013 leben rund 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche über viele Jahre in Armut. Rund 8,6 Prozent aller Heranwachsenden haben demnach „langjährige Armutserfahrungen“. Die östlichen Bundesländer weisen höhere Armutsquoten auf als die westlichen, die norddeutschen höhere als die süddeutschen und in Städten höhere als im ländlichen Raum.

Zwei Faktoren bestimmen maßgeblich die Kinderarmut: Familientyp und die Erwerbsbeteiligung der Eltern. Als größtes Armutsrisiko bei Erwachsenen gilt Langzeiterwerbslosigkeit, Teilzeitarbeit oder eine mit Niedriglohn vergütete Beschäftigung. Bei Kindern steigt die Armutsgefährdung, wenn ihr familiäres und soziales Umfeld zusätzlich durch einen oder mehrere Faktoren bestimmt wird: sie wachsen nur bei einem Elternteil oder mit mehreren Geschwistern auf, haben einen Migrationshintergrund, leben in einem bildungsfernen Haushalt, oder werden in einem sozial prekären Wohnumfeld groß.

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass vor allem alleinerziehende Mütter und ihre Kinder besonders von Armut betroffen sind. In Deutschland sind rund 40 Prozent aller Alleinerziehenden auf SGB II Leistungen angewiesen. Die Gründe dafür sind vielseitig: Wenig familienbewusste Arbeitszeiten, fehlende flexible Kinderbetreuung. Diese Faktoren zwingen Alleinerziehende oftmals in Teilzeit oder in eine Nichtteilnahme am Erwerbsleben.

Der soziale und finanzielle Status einer Familie spielt immer noch eine maßgebliche Rolle für den Lebensweg eines Kindes und das Risiko, von Armut betroffen zu sein. Und: Die soziale Mobilität, also die Chance, sich aus seinem sozialen Milieu durch Bildung und persönliche Anstrengungen zu befreien und aufzusteigen, ist nach Erhebungen der OECD in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen unterdurchschnittlich.

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