VI2: Kritik am Schulgesetzentwurf (1978)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Neumünster 1978
Bezeichnung: VI2
Antragsteller: Kreisverband Neumünster


Beschluss: Angenommen


(Veröffentlicht in: „Zur Sache“ Nr. 8, Juli 1978 - Herausgeber: SPD-Landesverband Schleswig-Holstein)


I. Die SPD hält den Schulgesetzentwurf der CDU-Landesregierung für völlig unzureichend. Daher fordert die SPD die Landtagsfraktion auf, den Schulgesetzentwurf abzulehnen.

II. Der Schulgesetzentwurf der CDU-Landesregierung trifft in zunehmendem Maße auf breite Kritik innerhalb der Bevölkerung unseres Landes. Er ist nicht zukunftweisend, sondern fasst lediglich die bereits in Form von Vorschriften und Erlassen bestehende und längst veraltete Praxis zusammen. Die Chancen zu einer umfassenden Verbesserung der unzulänglichen Schulsituation im Lande wird vertan.

III. Ein neues Schulgesetz muss unter dem Gesichtspunkt beurteilt werden, wie weit es mehr Chancengleichheit erzeugt und ob es mehr Mit- und Selbstbestimmung zulässt. Der von der CDU-Landesregierung vorgelegte Entwurf wird diesen Grundwerten an keiner Stelle gerecht. Dies wird unter anderem an folgenden Einzelpunkten deutlich:

  1. Der Entwurf verfestigt den Charakter der Sonderschulen als "Schulen ohne Wiederkehr".
    Die SPD fordert stattdessen verstärkte Anstrengungen zur weitestgehenden Integration geistig und körperlich behinderter Kinder in das Normalschulwesen.
  2. Der Entwurf lässt nur die Beibehaltung bereits bestehender Vorklassen zu.
    Die SPD fordert den Ausbau vorschulischer Förderung, da sie für eine frühzeitige Reduzierung häuslicher und sozialer Benachteiligungen unerlässlich ist.
  3. Der Charakter der schulartgebundenen Orientierungsstufe als inhumaner Auslesestufe wird endgültig festgeschrieben.
    Die SPD fordert stattdessen
    • die Pflicht zur Zusammenarbeit der verschiedenen Schularten,
    • die Zusammenfassung verschiedener Schularten zu Schulzentren,
    • die Einrichtung integrierter, das heißt schulformunabhängiger Orientierungsstufen.
  4. Der Entwurf hält starr an der Dreigliedrigkeit des Schulsystems fest und behandelt alternative Schulformen lediglich als "Versuchsschulen" ohne rechtliche Eigenständigkeit.
    Die SPD fordert stattdessen
    • die rechtliche Absicherung der bereits bestehenden Gesamtschulen als eine Regelschulform neben den drei Schularten Hauptschule, Realschule und Gymnasium,
    • Einrichtung von Gesamtschulen als Regelschulen dort, wo Schulträger und/oder Elternschaft dies beantragen,
    • Verankerung eines Rechts auf Gesamtschulbesuch als Teil des allgemeinen Rechts auf angemessene Beschulung.
  5. Der Entwurf lässt kein 10. Schuljahr an Hauptschulen zu.
    Die SPD fordert stattdessen das Recht für Hauptschüler, an ihrer Schule ein 10. Schuljahr zu durchlaufen. Weiterhin soll die Möglichkeit eröffnet werden, auch an (10-klassigen) Hauptschulen einen mittleren Bildungsabschluss zu erwerben. Langfristig strebt die SPD ein 10. Pflichtschuljahr an.
  6. Die generelle Einführung eines Berufsgrundbildungsjahres ist nicht vorgesehen.
    Die SPD fordert stattdessen den zügigen Ausbau des Berufsgrundbildungsjahres an allen beruflichen Schulen des Landes mit dem Ziel, allen Schülern das Recht auf Besuch eines Berufsgrundbildungsjahres zu gewähren. Die Berufsschulpflicht soll damit nicht abgegolten sein.
  7. Die Rechte von Eltern, Schülern und Lehrern sind unzureichend.
    Die SPD fordert stattdessen mit dem Ziel einer stärkeren Autonomie der Einzelschule unter anderem
    • erweiterte Mitbestimmungsrechte von Schülern und Eltern in der Schulkonferenz (50 Prozent Schüler und Eltern, 50 Prozent Lehrer),
    • erweiterte Rechte der Schulkonferenz gegenüber Schulleiter und Schulaufsicht,
    • Zulassung politischer Schülergruppen für Schüler ab 14 Jahren,
    • Möglichkeit der Schulleiterwahl auf Zeit sowie eigenständige Aufgabenverteilung im Sinne einer kollegialen Schulleitung,
    • Wahl der Schulaufsichtsbeamten durch den Schulträger als Wahlbeamte auf Zeit.
  8. Der Entwurf geht an keiner Stelle auf die inhaltliche Neugestaltung der Lehrpläne ein.
    Die SPD fordert stattdessen
    • eine Revision des herkömmlichen Erziehungsbegriffs, unter anderem durch Erweiterung der Lernziele durch Fertigkeiten wie Zusammenarbeit und Fähigkeit zum selbständigen eigenverantwortlichen Handeln,
    • die Einsetzung von Landeslehrplankommissionen, bestehend aus Eltern, Lehrern, Schülern und Vertretern der Hochschulen, für die notwendige Reform der veralteten und überfrachteten Lehrpläne,
    • Einflussnahme des Landes auf eine bundesweite Vereinheitlichung und Modernisierung von Lehrplänen (Rechtschreibreform, Mengenlehre usw.).