V 3: Resolution zum Fall Traube (1977)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
Version vom 4. Juni 2015, 14:00 Uhr von Julia (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Tönning 1977
Bezeichnung: V 3
Antragsteller: Ortsverein Ahrensburg


Beschluss: Angenommen


(Veröffentlicht in: „Zur Sache“ Nr. 4, August 1977 - Herausgeber: SPD-Landesverband Schleswig-Holstein)


Der Einbruch in das Haus Traubes und das Anbringen von einem Abhörgerät (Wanze) bedeuten einen schweren Eingriff in die persönlichste Sphäre eines Menschen, die dem Staat tabu sein muss. Ebenso liegt ein solcher Eingriff bei dem Abhören des Telefons und der Überwachung der Post vor. Dass die Verletzung des Telefon- und Briefgeheimnisses heute schon niemanden mehr besonders erregt, zeigt, wie die Sensibilität gegenüber Übergriffen des Staates in die Persönlichkeitssphäre des Menschen schon abgenommen hat. Das Gesetz, das das Abhören von Telefongesprächen und die Überwachung der Post legalisiert (Änderung des Art. 10 GG und das G 10) wurde nur mit knapper Mehrheit vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsmäßig gebilligt. Die immer schwereren Eingriffe in die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte des Menschen bestätigen den alten Satz: Freiheit stirbt zentimeterweise. Die Rechtmäßigkeit der Lauschoperation gegen Traube ist äußerst zweifelhaft. Doch darf die Lösung für die Zukunft nicht heißen: Legalisierung solcher Maßnahmen.

Der SPD-Landesverband verurteilt auf das schärfste die Übergriffe des Staates in den jedem Bürger garantierten Freiheitsraum, der sich aus Art. 1 GG ergibt, in dem die Würde des Menschen für unantastbar erklärt wird.

Die Überwachung Traubes wird damit gerechtfertigt, dass die Kerntechnologie Terroristen unter bestimmten Umständen Waffen in die Hand geben kann, denen der Staat hilflos gegenüberstände, so dass die Sicherungsmaßnahmen verstärkt werden müssten. Das erklärt auch, dass die Lauschoperation schon vor dem Überfall auf die OPEC—Konferenz, an dem der mit Traube bekannte Klein beteiligt war, begonnen wurde. Unkonventionelle Menschen in der Position Traubes werden allgemein ein Sicherheitsrisiko. Das führt in letzter Konsequenz zu der Alternative: Freiheit oder Kernspaltungsenergie. Der SPD-Landesverband Schleswig— Holstein hält sich - im Gegensatz zu Maihofer - an den Satz: Im Zweifel für die Freiheit. Sozialdemokraten haben das letzte 1000jährige Reich nicht vergessen und sind nicht bereit, am Entstehen eines 1000jährigen Atomreichs (Robert Jungk) mitzuwirken.

Der SPD-Landesverband Schleswig-Holstein fordert Bundesminister Maihofer und Verfassungsschutzpräsident Meier auf, die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten. Das ändert nichts an den Strukturen, die zum Fall Traube geführt haben, ist aber eine Frage der Glaubwürdigkeit unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Es wäre Ausdruck dessen, dass der Staat seinen begangenen Fehler als solchen erkannt hat.

Schließlich fordert der Landesverband Schleswig-Holstein eine umfassende Rehabilitierung Traubes, der aufgrund staatlicher Intervention seinen Arbeitsplatz verlor und der mit dem Makel des Verdachts behaftet bleibt, obwohl die nachrichtendienstlichen Ermittlungen den Verdacht nicht erhärten konnten.