Wir fordern den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland/Lavo/2020

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesvorstand
Sitzung: Landesvorstandssitzung, Oktober 2020
Bezeichnung:
Antragsteller: Sönke Rix


Beschluss: Angenommen


Wir wollen in einer Welt leben, in der Staaten und Menschen zusammenarbeiten. In der sich Partner*innen auf Augenhöhe begegnen und gemeinsame Lösungen für Probleme entwickeln. Gemeinsame Sicherheit und die Wahrung von Frieden sind daher auch weiterhin wegweisend für unsere sozialdemokratische Friedenspolitik.

Viel stärker als andere Parteien orientieren wir uns als SPD nicht nur am eigenen, nationalen Interesse, sondern beachten auch die Interessen anderer Länder, weil wir wissen, dass wir nur gemeinsam stark sein können. Um unseren Teil beizutragen, nutzen wir das gesamte Instrumentarium von Diplomatie über Abrüstung, Rüstungskontrolle, Entwicklungszusammenarbeit bis hin zur humanitären Hilfe. Auf diesen Feldern spielt Deutschland weltweit eine wichtige Rolle.

Atomare Waffen dienen in den internationalen Beziehungen rein dem Prinzip der Abschreckung: „Die eigene Sicherheit eines Staates werde durch den Besitz und die Möglichkeit des Einsatzes nuklearer Waffen erhöht, da andere Staaten im Falle eines nuklearen Erstschlags noch immer vernichtend zurückschlagen werden könnten“. Dieses Prinzip ist veraltet und unterliegt nur dem Recht des Stärkeren. Wir aber wollen eine gemeinsame Sicherheit, die der Stärke des Rechts und gemeinsamer Regeln unterliegt. So fordern wir es in unserem Beschluss EU5 (2019) als Sozialdemokrat*innen in Schleswig-Holstein.

Ebenso veraltet ist die nun diskutierte nukleare Teilhabe Deutschlands. Sie ist ein Konstrukt des Kalten Krieges und diente dem Lastenausgleich und der Einbindung. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde auf dem Feld der Nuklearwaffen leider nur temporär und unzureichend abgerüstet. Kernwaffen stellen durch ihre vernichtende Wirkung grundsätzlich ein geradezu unkontrollierbares Gefahrenpotential dar. Gesteigert wird dies nicht nur wegen des Übermaßes an Waffen, sondern auch durch das seit 2019 gestiegene Eskalationsrisiko der Trump Administration: Der Trump-Regierung zur Folge dienen Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung, sondern seien Waffen, mit denen man Kriege führe.

Auf Grundlage des Beschlusses EU5 (2019) setzen wir uns für neue Initiativen zur atomaren und konventionellen Abrüstung ein. Forderungen nach immer größeren Militärausgaben und weiterer Aufrüstung lehnen wir ab. Daher begrüßen wir das Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion vom 3. März dieses Jahres für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung und schließen uns als SPD Schleswig-Holstein der Initiative des Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich an und fordern einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland.

Die Corona-Pandemie wie auch die Klimakatastrophe machen ganz deutlich: Für unsere Sicherheit bzw. unsere friedliche Existenz brauchen wir weder Atomwaffen noch Atombomber. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der exorbitant hohen Kosten für die Anschaffung von US-Kampffliegern für den Atomwaffeneinsatz ist dieses Geld, wesentlich sinnvoller einzusetzen. Die Verbreitung und der Einsatz von atomaren Waffen zu verhindern, gehört zu den wichtigsten Zielen einer zeitgemäßen und friedlichen Außen- und Sicherheitspolitik. Wir unterstützen daher die Forderung der SPD-Bundestagsfraktion vom 3. März 2020 für eine gewissenhafte, sachliche und sorgfältige Erörterung der nuklearen Teilhabe und fordern sie auf, die Anschaffung neuer US-Kampfflieger für den Atomwaffeneinsatz zu verhindern und sich auch im Hinblick auf den interfraktionellen Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2010 mit Nachdruck für ein atomwaffenfreies Deutschland bzw. Europa einzusetzen.

Wir geben uns nicht dem Denken nuklearer Abschreckungstheorien hin – besonders nicht in Zeiten, in denen klassische nukleare Rüstungskontrollen immer mehr wegzufallen drohen. Damit stellen wir nicht unsere Mitgliedschaft in der NATO in Frage. Kanada dient als Beispiel, dass eine Mitgliedschaft ohne den Besitz von atomaren Waffen möglich ist. Viel mehr stehen wir im Einklang mit dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung zwischen SPD, CDU und CSU, der klar formuliert, dass das „Ziel unserer Politik […] eine nuklearwaffenfreie Welt“ (KOA-Vertrag, Seite 148) ist. Dafür sollen weltweit – also auch bei uns – alle Massenvernichtungswaffen entschlossen abgerüstet werden (vgl. ebd.).

Gerade als europäischer Staat haben wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte ein besonders herausgehobenes Interesse eine strenge, regelbasierte Sicherheitsordnung und ein Rüstungskontroll- und Abrüstungssystem für Europa und (mit den Vereinten Nation) für die Welt zu entwickeln.

Die Sozialdemokratie steht für Frieden, internationale Kooperation und für die Stärkung und den Ausbau der bewährten internationalen Organisationen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir an den über Jahrzehnten geschaffenen Regeln und Normen der internationalen Politik festhalten, sie stärken und anpassen. Wir brauchen eine internationale Ordnung, die auf gemeinsame Interessen, auf Einvernehmen, auf Kooperation, Mitgestaltung und friedlichen Wandel gründet. Diese Errungenschaften dürfen, trotz aller Rückschläge, nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Denn die globalen Zukunftsaufgaben sind nicht durch nationale Alleingänge, sondern nur gemeinsam zu bewältigen.