Ä4 zu K1: Mehrheit 2008 - Stark für Gerechtigkeit, Sicherheit, Zukunft (2007)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Neumünster 2007
Bezeichnung: Ä4 zu K1
Antragsteller: Kreisverband Kiel und Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (AsJ)


Beschluss: Überwiesen an Projektgruppe Grundsatzprogramm, Regionalkonferenzen


Gesamttext überwiesen in PG Grundsatzprogramm zur Vorbereitung des außerordentlichen Parteitages und als Material an die Regionalkonferenzen


Der Landesparteitag möge beschließen:


Ab Zeile 284 wird der nachstehende Absatz neu eingefügt; die nachstehenden Absätze verschieben sich entsprechend:


Ein neuer Ansatz: der „dritte Arbeitsmarkt“

Alle Menschen haben nach unserer sozialdemokratischen Grundüberzeugung ein Recht, an der Erwerbsgesellschaft teilzunehmen, selbst zu ihrem Lebensunterhalt etwas beizutragen, kurz: zu arbeiten. Es entspricht der praktischen Erfahrung, dass für einen Teil der Langzeitarbeitslosen Fortbildung, Umschulung, Bewerbungstraining, Profiling, Einarbeitungszuschüsse, befristete Ein-Euro-Jobs, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Strukturanpassungsmaßnahmen usw. sinnlos sind: Auch bei besserer Konjunkturlage, auch in wirtschaftlich stärkeren Regionen finden sie im ersten Arbeitsmarkt keine Chance auf Anstellung. Insofern sind auch Programme des zweiten Arbeitsmarktes, die auf Integration in den ersten Arbeitsmarkt zielen, hier nicht erfolgreich. Die Beschäftigungshemmnisse mögen, jenseits der neuen Möglichkeiten von Hartz IV (z.B. Kinderbetreuung oder Schuldenberatung), individuell sehr unterschiedlich und mit den Mitteln der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik kaum beeinflussbar sein. Dies können Belastungen und Mehrfachbelastungen durch sehr niedrige Qualifikation, funktionalen Analphabetismus, biografische Brüche, Krankheiten, Sucht oder psychische Belastungen sein. Gemeinsam ist diesen Dauerarbeitslosen, dass sie praktisch nicht vermittelbar sind und von der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmenvielfalt kaum positiv berührt werden. Die Größe dieser Gruppe wird deutschlandweit auf 400.000 bis eine Million geschätzt.

Für den Kern der Langzeitarbeitslosigkeit brauchen wir einen „dritten Arbeitsmarkt“. Er soll für diejenigen, die auf dem durchrationalisierten, nach Produktivitätssteigerung auch noch in der einfachsten Dienstleistung strebenden ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, eine neue Beschäftigungsperspektive bieten. Dabei ist nicht nur an gemeinnützige, zusätzliche Arbeit, z. B. bei Wohlfahrtsverbänden zu denken. Darüber hinaus ist eine Verpflichtung (oder Selbstverpflichtung) der Wirtschaft erforderlich, „Beschäftigungsnischen“ zu identifizieren, die für nicht vermittelbare Langzeitarbeitslose geeignet sind. Es geht um zusätzliche einfache Tätigkeiten im Betrieb und auch in Behörden, die keine eigene Stelle mehr rechtfertigen, die schon wegrationalisiert oder den Kolleginnen und Kollegen mit aufgebürdet worden sind. Betriebs- und Personalräte könnten helfen, solche „Nischen-Jobs“ zu finden und Missbrauch zu vermeiden. Dafür sollen folgende Kriterien gelten:

  • Das Arbeitsverhältnis ist unbefristet und nach geltendem Recht (für beide Seiten) kündbar.
  • Die Berechtigung zur Teilnahme an diesem Programm stellt das Jobcenter fest. Der Langzeitarbeitslose erhält den überwiegenden Teil der Leistungen nach SGB II (ALG II) weiter sowie einen Aufstockungsbetrag durch den Arbeitgeber (der der „Produktivität“ der Tätigkeit durch den zusätzlich Beschäftigten entspricht).
  • Es besteht Sozialversicherungspflicht. Die Beiträge werden durch Jobcenter und Arbeitgeber je zur Hälfte aufgebracht.

Betriebe (und Behörden) in unserer freien und (sozialen) Marktwirtschaft zur Aufnahme von Langzeitarbeitslosen zu verpflichten, ist konsequent. Die Wirtschaft, nicht allein der Staat muss die Möglichkeiten zur Lösung des Problems der harten Langzeitarbeitslosigkeit bereitstellen. Wenn zum Beispiel 500.000 Menschen zur Teilnahme an diesem Programm berechtigt wären, käme (bei 26 Mio. Vollzeit-Beschäftigten in Deutschland) auf 50 Arbeitnehmer je ein ins Arbeitsleben zu integrierender Kollege. Das überfordert nicht die freie Wirtschaft und nicht den Staat.

Wir wollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf der Ebene des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein für diesen „dritten Arbeitsmarkt“ schaffen und ihn dann in unseren Kreisen, Städten und Gemeinden starten!