Resolution Gentechnologie (1988)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Travemünde 1988
Bezeichnung: Nicht aufgeführt
Antragsteller: Nicht aufgeführt


Beschluss: Angenommen


(Weiteres Verfahren: Am 4. März 1989 findet ein a.o. Landesparteitag zum Thema Gentechnologie statt. Dem wird eine Fachkonferenz (voraussichtlich Januar) vorgeschaltet.)


Die Gen- und Reproduktionstechniken sind Schlüsseltechniken. Mehr als Atomtechnik es je vermocht hat, werden sie das Leben aller Menschen, die Gesellschaft, Natur und Umwelt verändern können.

Die Informationen und Diskussionen über diese neuen Techniken sind dringend notwendig und sowohl in unserer Partei als auch in der Gesellschaft voranzutreiben. Die SPD darf keine Zuschauerrolle übernehmen, wenn neue Techniken unsere Gesellschaft grundlegend verändern. Wir wollen durch politische Initiativen Einfluß nehmen und die Zukunft gestalten.

Da die Entwicklung und die Anwendung dieser neuen Techniken in großem Tempo und unkontrolliert voranschreiten, hält der SPD-Landesparteitag es für unbedingt notwendig, bereits heute folgende Positionen und Forderungen festzuhalten:

  1. Das Recht der Menschen auf die Unantastbarkeit ihres Erbgutes ist gesetzlich zu verankern. Damit verbieten sich Eingriffe in die Keimbahn‚ das heißt genetische Veränderungen sowohl von Ei- und Samenzelle als auch von befruchteten Eizellen.
  2. Jedes Kind hat das Recht auf Kenntnis seiner genetischen Eltern.
  3. Folgende Variationen der künstlichen Fortpflanzungstechniken werden verboten:
    1. die Leihmutterschaft
    2. die Entwicklung des Embryos außerhalb des weiblichen Körpers von der Befruchtung bis zur Geburt
    3. die Vermischung der Samen mehrerer Samenspender zu einem „Samencocktail“
    4. die Herstellung von Chimären. zu welchem Ziel auch immer
    5. die Herstellung gleicher Individuen (Klonen).
  4. In der Deklaration von Helsinki (1975) sind medizinische Experimente am Menschen verboten. Dieses Verbot ist auf werdendes menschliches Leben zu übertragen, das heißt jede Art von Experimenten an befruchteten Eizellen und an lebenden Embryonen ist zu verbieten.
  5. Das mit Hilfe gentechnischer Methoden hergestellte Rinderwachstumshormon BST (bovines Somatotoprin), das die Milchleistung bei Rindern künstlich steigert, darf nicht zugelassen werden. Die SPD fordert daher strengste Sicherheitsauflagen für jede gentechnische Manipulation auch in der Grundlagenforschung. Jedes gentechnische oder mit einer vergleichbaren anderen Methode in die Erbmasse eingreifende Experiment muß einem Genehmigungsverfahren unterzogen werden. In diese Prüfung muß die Notwendigkeit eines solchen Experimentes und die Möglichkeit alternativer Methoden einbezogen werden. Die Öffentlichkeit muß während der gesamten Dauer solcher Experimente hergestellt sein. Das Prüfungsverfahren soll von der jetzt schon für öffentlich geförderte Forschungsverfahren zuständigen Behörde „Zentrale Kommission für biologische Sicherheit“ durchgeführt werden. Dazu sind in die ZKBS Ökologen zu berufen! Die Mitglieder dieser Kommission dürfen in der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur ZKBS keine Experimente in diesem Bereich durchführen. Für jedes genehmigte Experiment ist eine verschuldensunabhängige Haftung vorzusehen.
  6. Die Forschung an gentechnisch produzierten Impfstoffen zur militärischen Nutzung ist zu verbieten. Die Öffentlichkeit ist über den aktuellen Wissensstand und Stand der Forschung zu informieren. Erforschung, Produktion, Anwendung und Lagerung biologischer Waffen sind zu verbieten.
  7. Eine breite und offene gesellschaftliche Diskussion über Gen- und Reproduktionstechnologie ist nur möglich, wenn auch deren Risiken wissenschaftlich erforscht werden. Wir benötigen deshalb öffentliche Forschungseinrichtungen, die sich auf die Erforschung der Risiken konzentrieren und von industriellen Interessen unabhängig sind.