S1: Ausbildungsplatzsituation (1984)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 1984
Bezeichnung: S1
Antragsteller: Kreisverband Nordfriesland


Beschluss: Überwiesen an Kommission

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Der Kreisverband Nordfriesland der SPD stellt fest, daß weder ein ausreichendes qualifiziertes noch auswahlfähiges Angebot an Ausbildungsplätzen für alle Jugendliche im Kreis Nordfriesland vorhanden ist. Auswahlfähig heißt, die Berufswahl material so sichern, daß das mengenmäßige Angebot erheblich größer ist, als die Nachfrage. Es muß für die Jugendlichen ein durchlässiges Berufswahlsystem geben, was vertikal durchlässig ist. Die angebotene Berufsausbildung muß zukunftsbezogen sein, d. h.‚ die Berufsausbildung muß eine langfristige Verwertung auf dem Arbeitsmarkt im Sinne der Zugänge zu einem qualifizierten Arbeitsplatz im erlernten Beruf ermöglichen, eine breite Basis für berufsbezogene und allgemeine Weiterbildung‚sichern und eine zuverlässige Grundlage für die Sicherung für Einkommen und Existenz, wie auch für die Wahrung von Chancen sein. Zur zukunftsbezogenen Qualität der beruflichen Bildung gehört darüberhinaus, daß die auszubildenden Kompetenzen für eine selbstbestimmte und solidarische Gestaltung ihrer Arbeits— und Lebensverhältnisse erwerben können. Das Berufsbildungssystem muß innovationsfähig sein, d.h.‚ es muß fähig sein, sozialökonomische‚ technische, organisatorische und qualitative Verbesserungen im Arbeitsleben in Gang zu setzen, zu steuern und zu verstärken.

Im Zusammenhang kommt der Neuordnung der anerkannten Ausbildungsberufe im Sinn von Grundlagenberufen und ihrer Durchsetzung eine besondere Bedeutung zu. Solange jedoch einzelbetriebliche Rentabilitätsinteressen darüber entscheiden, ob, wieviel in welchem Beruf ausgebildet wird, bestehen keine Chancen, ein zukunftsorientiertes System beruflicher Bildung durchzusetzen. Speziell für ein System überbetrieblicher Finanzierung abzulösen, ergeben sich daraus folgende Eckpunkte: Das Modell des Ausbildungsförderungsgesetzes ist nicht geeignet qualitative Mängel der Berufsausbildung auszugleichen und eine zukunftsorientierte Berufsausbildung sicherzustellen. Es war lediglich ein Instrument der Sicherung eines quantitativ ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes und auch hierzu denkbar ungeeignet.

Sein Einsatz hätte bedeutet, daß das qualifizierte Ausbildungsangebot noch stärker zurückgegangen und qualifizierte, billige Ausbildung zusätzlich angeboten wäre. Grundsätzlich ergeben sich zwei Möglichkeiten, eine betriebliche Finanzierung abzulösen: Subventionierung aus Steuermitteln oder Finanzierung durch eine Umlage aller Betriebe und Verwaltungen. Da das System der betrieblichen Berufsausbildung historisch gewachsen ist, von keiner gesellschaftlichen Gruppe der Lernort Betrieb grundsätzlich in Frage gestellt, und alle gesellschaftlichen Gruppen, die parallellaufende Ausbildung im Wechsel von Schule und Betrieb für sinnvoll halten, besteht auch kein Anlaß, diejenigen aus ihrer Finanzierungspflicht zu entlasten, die das System bisher (wenn auch einzelbetrieblich) finanziert haben. Der SPD Landesverband Schleswig-Holstein fordert deshalb eine Ablösung der einzelbetrieblichen Finanzierung durch eine Umlage aller Betriebe und Verwaltungen (Berufsbildungsfonds im Sinne eines Landesberufsbildungsgesetzes). An eine Finanzierungsregelung ergeben sich folgende Forderungen:

  1. Sie muß unbürokratisch sein, d. h. Kontrolle und Verwaltungsaufwand müssen so gering wie möglich sein.
  2. Sie muß flexibel sein, d. h. Zuschuß und Abgabenhöhe müssen kurzfristig den Erfordernisse anzupassen sein.
  3. Sie müssen selbststeuernd sein, d. h. innerhalb des Systems nach Branchen gegliedert, die Organisation von Arbeitgebern und Gewerkschaften müssen paritätisch mitbestimmen, um die quantitativen Prozesse steuern zu können.
  4. Sie muß regional gegliedert sein, damit regionale Engpässe, Qualität und Quantität aufgefangen und durch ergänzende Maßnahmen kompensiert werden können.
  5. Sie müssen sektoral steuerbar sein, d.-h. Kosten und Nachwuchsbedarf in einzelnen Berufen müssen berücksichtigt werden.