S3: Die Chancen des demographischen Wandels nutzen – für ein gesellschaftlich aktives Alter (2003)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2003
Bezeichnung: S3
Antragsteller: Landesvorstand Arbeitsgemeinschaft SPD 60 plus (Senioren)


Beschluss: Angenommen


Die Chancen des demographischen Wandels nutzen – für ein gesellschaftlich aktives Alter

Mehr Engagement in und für die Familie

Ältere Menschen engagieren sich in hohem Maße für die Familie – zum einen unterstützen sie die nachfolgenden Generationen, zum anderen leisten sie auch in ihrer eigenen Generation Hilfe und Pflege. Ein Drittel der pflegenden Angehörigen (in 80% sind dies Frauen) ist älter als 65 Jahre. Zwischen den Generationen besteht ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen. Darüber hinaus ist die Zufriedenheit der meisten älteren Menschen mit den Beziehungen innerhalb der Familie hoch.

Bessere Rahmenbedingung für bürgerschaftliche Engagement älterer Menschen schaffen

Der Umfang des ehrenamtlichen Engagements von Älteren ist beträchtlich: 57% der 60- bis 69-Jährigen und sogar 58% der über 70-Jährigen engagiert sich regelmäßig, wobei der Zeitaufwand bei einem Großteil (54% der 60- bis 69-Jährigen, 48% der über 70-Jährigen) bis zu 5 Stunden in der Woche beträgt. Dabei ist das vorhandene Freiwilligenpotential bei den Älteren noch lange nicht ausgeschöpft. 21% der über 60-Jährigen können sich vorstellen, ein ehrenamtliches Engagement zu beginnen oder eine vorhandene Tätigkeit auszuweiten. Deshalb muss die Infrastruktur für bürgerschaftliches Engagement weiter ausgebaut werden. Als Vorbild könnte das Modell ‚Seniorenbüro’ dienen. Denn es hat sich gezeigt, dass mit Ausbau der Infrastruktur auch das bürgerschaftliche Engagement zunimmt.

Altersfreundliche Kultur: Potenziale des Alters erkennen und nutzen

Menschlichkeit braucht Respekt vor Älteren. Damit Menschen auch in Zukunft würdig alt werden könne, müssen bereits heute politische Weichen gestellt werden. Das Wissen, die Erfahrungen, die Handlungsstrategien, die Werte, das Engagement älterer Menschen sind als Humanvermögen für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung. Eine älter werdende Gesellschaft benötigt vielseitige kulturelle Angebote und Bildungsprogramme, die auf die Bedürfnisse älterer Menschen abgestimmt sind. U.a. soll auch die eigene Tätigkeiten der älteren Menschen selbst, ihre künstlerischen, handwerklichen, geschichtlichen, sportlichen, technischen oder sozialen Engagements, die für ein erfülltes Alter hoch einzuschätzen und zu bewerten sind, mit einfließen.

Mehr Mitwirkung und Mitbestimmung in der Politik

Ältere repräsentieren einen steigenden Anteil der Wahlberechtigten, stellen eine wachsende Minderheit in Großverbänden wie z.B. den Gewerkschaften, gründen zunehmend eigene Organisationen und sind in Parteien und Seniorenbeiräten präsent. Inwieweit dieses Potenzial zu einem tatsächlichen Machtfaktor wird, hängt jedoch davon ab, ob die Älteren bzw. Teilgruppen unter ihnen sich als eine Gesellschaftsgruppe mit eigenen Interessen begreifen und ob ihnen die Mittel zur Verfügung stehen, diese Interessen durchzusetzen. Denn trotz des vergleichsweise hohen sozialen Engagements älterer Menschen ist deren politische Repräsentation in den Landesparlamenten und im Bundestag durch Mitglieder der eigenen Generation sehr gering.

Erweiterung der Angebote der Erwachsenenbildung

Schon heute gibt es immer mehr ältere Menschen, die ein recht großes Interesse an institutionalisierten Bildungsangeboten haben. Es ist davon auszugehen, dass dieses Interesse bei künftigen Generationen noch ansteigen wird. Neben den altersübergreifenden Bildungsangeboten (den intergenerationellen Angeboten), die ein guter Beitrag zur Bildung von Humanvermögen junger Menschen sind, sind auch die spezifischen Angebote für ältere Menschen von Bedeutung. Sie tragen einem Bedürfnis vieler älterer Menschen Rechnung, im Kreis Gleichaltriger ohne Leistungsdruck und Konkurrenzängste zu lernen. Ältere Menschen bilden eine wichtige und aufgrund der demographischen Entwicklung ständig wachsende Zielgruppe der Erwachsenenbildung. Dafür muss auch ein adäquates Angebot geschaffen werden.

Lern- und Veränderungsfähigkeit im Alter unterstützen

Ältere Menschen sind keine homogene Zielgruppe in ihren Lern-, und Veränderungsfähigkeiten, sondern bringen spezielle Lebens-, Arbeits- und Berufserfahrung mit. Dementsprechend gibt es keine einheitliche Lern- und Veränderungsfähigkeit im Alter. Den kommenden Generationen älterer Menschen eröffnen höhere Schulabschlüsse im weiteren Lebensverlauf eher den Zugang zu Bildungsinstitutionen und anderen kulturellen Einrichtungen; die Vertrautheit mit diesen institutionalisierten Bildungsangeboten bildet auch eine Grundlage für erhöhte Bildungsaktivitäten im Alter.

Mehr Sport – nicht nur - im Alter

Körperliche Aktivität, Bewegung und Sport sind notwendige Voraussetzungen für ein gesundes Altern. Doch dieses Wissen führt nicht unbedingt zu einem entsprechenden Verhalten, obwohl ältere Menschen, die weiterhin Sport treiben, körperlich und oftmals auch geistig fitter sind als ihre nicht aktiven AltersgenossInnen. Dies bedeutet, dass ein gesundheitsförderlicher Lebensstil im Alter selbst bedeutsam ist für die Erhaltung von Gesundheit, Mobilität und Selbständigkeit. Deshalb sollten Organisationen, Institutionen und Selbsthilfegruppen stärker dazu angeregt werden, ihr Bewegungs- und Sportangebot für Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu erweitern, zu verbessern und die vorhandenen Vernetzungsmöglichkeiten intensiver zu nutzen.

Wirtschaftsfaktor Alter

Die Bedeutung des Alters für die Wirtschaft erkennen

Insgesamt schätzt man die Kaufkraft der über 60-Jährigen heute auf 5-8 Milliarden Euro monatlich – mit steigender Tendenz, denn jährlich werden rund 150 Milliarden Euro in Deutschland vererbt, wobei das Erbvolumen je zur Hälfte aus Geld- und Grundvermögen besteht. Bereits zu Lebzeiten fließen nicht unerhebliche Geldströme an Kinder und Enkelkinder. Ohne diese Zusendungen könnten viele Familien das Startkapital für ihr Eigenheim nicht aufbringen oder dem Kind das Studium an einer Universität ermöglichen.

Modernes Produktdesign für den Markt der Zukunft entwickeln

Die Orientierung an den Bedürfnissen älterer Kunden wird für die Wirtschaft interessanter, da diese Zielgruppe immer mehr an Bedeutung gewinnt. Einzelne Unternehmen beginnen damit, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf die Bedürfnisse Älterer auszurichten und sich vom Jugendkult zu lösen. Dabei geht es vor allem darum, sinnlose Barrieren und Behinderungen zu erkennen und abzubauen. Schon heute lassen z.B. 20% der älteren Kunden Produkte dann stehen, wenn sie sich über die Verpackung geärgert haben. Diese „neuen Spielregeln" machen bei den Anbietern und Produzenten ein Umdenken erforderlich, das letztendlich allen Kunden zugute kommt.

Verringerung der Einkommensunterschiede im Alter - Altersarmut weiter bekämpfen

Einkommen und Vermögen der Älteren sind ungleich verteilt, so dass Armut ein Problem bleiben wird. Diese betrifft vor allem Frauen, die nicht oder nur zeitweise erwerbstätig waren. Im Prinzip sinkt mit zunehmendem Alter der Anteil der Empfänger von Sozialhilfe in der jeweiligen Altersgruppe – die Ausnahme bildet die Altersgruppe der 21- bis 25-Jährigen.

Von den Personen, die 65 Jahre und älter sind, waren Ende 1998 nur 1,4 Prozent "sozialhilfeabhängig", wobei der Anteil der Frauen mit 1,6 Prozent den der Männer (1,1 %) überstieg. Frauen stellen in dieser Altersgruppe (mit gut 70 %) die bei weitem größte Zahl an Sozialhilfeempfängern. Dabei bestehen erhebliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland. Diese müssen weiterhin abgebaut werden

Solidarität zwischen den Generationen

Solidarität innerhalb der Familie erhalten

Die ältere Generation gehört wie Eltern und Kinder zur Familie. Die Verlängerung der Lebenserwartung führt dazu, dass noch nie so viele Generationen zu gleicher Zeit lebten wie heute. Trotz zunehmender Singularisierungstendenzen, zeichnet sich ab, dass die gemeinsame Wohnung und der gemeinsame Haushalt nicht Voraussetzung für intensive Beziehungen zwischen den Generationen sind, sondern dass über Haushaltsgrenzen hinweg ein regelmäßiger Austausch zwischen den Generationen stattfindet. Die größere Mobilität der Menschen und die weitere Flexibilisierung der Lebensplanung dürfen nicht zu nachlassender Verbindlichkeit zwischen den Generationen führen.

Neue Begegnungen und Kooperationen zwischen den Generationen schaffen

Familien- und Generationsbeziehungen spielen nicht nur bei der Versorgung, Betreuung und der Erledigung von Familienaufgaben eine Rolle, sondern sie sind auch von Bedeutung für die Bildung des Humanvermögens der Gesellschaft. Dabei sollen junge Menschen in die Lage versetzt werden, von dem Bildungs- und Ausbildungsangebot zu profitieren, das die Gesellschaft für sie bereit hält als auch sich nützlich einzubringen. Andererseits erweitert der Kontakt mit der jüngeren Generation auch die Erlebniswelt der Älteren. Sie verhindert eine Stagnation in der Entwicklung, das Verharren in der Vergangenheit, erschließt neue Perspektiven und erleichtert auch den Älteren eine aktive Teilhabe an Gegenwart und Zukunft. Diese Kooperationen müssen ausgebaut werden.