S4 Reform der Alterssicherung (2010)
Gremium: Landesparteitag |
Sitzung: Landesparteitag Kiel 2010 |
Bezeichnung: S4 |
Antragsteller: Kreisverband Segeberg
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Beschluss: Überwiesen an Landesparteitag |
siehe S2 Reform der Alterssicherung (2011)
Der Landesparteitag begrüßt, dass das SPD-Präsidium mit seinem Beschluss vom 23. August 2010 die Diskussion über die Zukunft des Alterssicherungssystems in Deutschland wieder geöffnet hat. Der jetzt beginnende Prozess innerparteilicher Willensbildung bis zum Bundesparteitag 2011 wird das Erfahrungspotential der Mitglieder für die notwendigen Entscheidungen nutzbar machen.
Der Landesparteitag fordert den SPD-Landesvorstand und alle Gliederungen der Partei auf, die politische Willensbildung über die Zukunft der Alterssicherung aktiv zu unterstützen.
Die „Rente mit 67“ ist gescheitert, bevor sie Realität geworden ist. Sie ist gescheitert an den fehlenden Arbeitsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie ist gescheitert, weil sie Alterssicherung auf ein versicherungsmathematisches Verfahren reduziert hat. Sie ist gescheitert, weil sie die Lebenswirklichkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im real existierenden Wirtschaftssystem ausgeblendet hat. Die „Rente mit 67“ findet keine gesellschaftliche Akzeptanz, das ist nicht erst seit der Befragung der Ortsvereine offenbar. Die fehlende Akzeptanz ist nicht ein Problem mangelnder Vermittlung.
Das Papier des SPD-Präsidiums zählt viele Vorschläge auf, die oben beschriebenen Mängel des bestehenden Systems zu überwinden. Diese Vorschläge gilt es nun, von der Parteibasis zu prüfen.
Der Landesparteitag sieht den Schlüssel für eine dauerhaft verlässliche Alterssicherung in der Erhöhung der Quote sozialversicherungspflichtig Beschäftigter. In der Gesellschaft kann nur das verteilt werden, was erarbeitet wurde. Verteilungsgerechtigkeit setzt dabei voraus, dass der gesellschaftliche Reichtum mit „guter Arbeit“ erwirtschaftet wird. Daher sind prekäre Arbeitsverhältnisse kein Beitrag zu sozialer Sicherheit und sozialem Frieden. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist unverzichtbar.
Zusätzlich zu den im Papier des SPD-Präsidiums genannten Maßnahmen sollen folgende Vorschläge geprüft werden.
- Für die besonders belastende Arbeit, etwa in Nachtschichten, sind von den Arbeitgebern erhöhte Beiträge für die Rentenversicherung zu erheben. Damit wird ein ökonomischer Anreiz geschaffen, auf nicht notwendige Belastungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verzichten, etwa durch die Ausweitung von Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel bis in die Nacht. Wo Tätigkeiten notwendig sind, werden sie ökonomisch realistischer bewertet. Entsprechend der höheren Beiträge können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer damit zusätzliche Rentenpunkte erwerben.
- Es ist zu prüfen, ob die gesetzliche Rentenversicherung mit anderen bestehenden Alterssicherungssystemen, etwa für Beamte, für Abgeordnete und für besondere Berufsgruppen, zusammengeführt werden soll. Damit können nicht nur Ungleichgewichte zwischen den bestehenden Systemen abgebaut werden, sondern auch ein Risikoausgleich zwischen verschiedenen Berufsgruppen erreicht werden. Die Einbeziehung Selbständiger in das Rentensystem kann das System zusätzlich stabilisieren und der Alterarmut vieler „kleiner“ und Schein-Selbständiger reduzieren.
- Es ist zu prüfen, ob in Zukunft auf ein einheitliches, festgelegtes Renteneintrittsalter zugunsten einer flexiblen, selbstbestimmten Lebensplanung verzichtet werden kann durch eine Form von Lebensarbeitszeit, deren Länge auch berufsspezifisch festgelegt werden kann.