Zur Diskussion für 1979 – Schwerpunkte für unser Land (1978): Unterschied zwischen den Versionen

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====Vorschule, Grund- und Mittelstufe, Oberschule, berufliche Förderung und Weiterbildung====
====Vorschule, Grund- und Mittelstufe, Oberschule, berufliche Förderung und Weiterbildung====
'''I.'''
# Die SPD wird sich bemühen, durch mehr Lehrer die Schülerzahl pro Klasse zu verringern. Sie wird so viele Planstellen zur Verfügung stellen, dass die vorgesehenen Stunden auch erteilt werden können. Mittelfristig sollen bei vollem Unterricht höchstens 30 Schüler zu einer Klasse gehören. Das würde eine durchschnittliche Klassengröße von 25 Schülern bedeuten, weil Klassen schon beim Überschreiten der Zahl 30 geteilt werden müssten.
# Als weitere Maßnahmen der kinderfreundlicheren Schule sind vorzusehen,
#* stärkere Berücksichtigung der Fächer Kunst, Musik und Sport,
#* Verzicht auf Zensuren zunächst in den ersten beiden Klassen; statt dessen eine allgemeine Beurteilung, die für Schüler und Eltern hilfreich ist,
#* pädagogische Fördermaßnahmen statt Sitzenbleiben, vorrangig in den ersten beiden Klassen.
# Alle Fünfjährigen sollen eine vorschulische Erziehung erhalten, im Kindergarten oder in der Vorschule. Für beide Formen wird eine einheitliche, inhaltliche Konzeption entwickelt.
# Räumlich benachbarte Schulen werden organisatorisch verbunden. So können Schulen auch dann noch weitergeführt werden, wenn sie pro Jahrgang nur noch eine Klasse haben.
# An Kindergärten und Kindertagesstätten, an Schulkindergärten, Vorschulen und Grundschulen ist die heilpädagogische Behandlung behinderter Kinder zu ermöglichen, um Sonderschulbedürftigkeit, soweit möglich, von vornherein zu verhindern.
# Für Haupt- und Sonderschüler wird die Schulzeit auf zehn Jahre erweitert. Hauptschüler erhalten die Möglichkeit zu weiteren Abschlüssen.
# Die gesetzliche Regelung für die Schülerbeförderung muss sicherstellen, dass Kinder aller Schulformen bis zum zehnten Schuljahrgang zur Schule gefahren werden, wenn die Länge des Schulweges oder besondere Gefährdungen dies erforderlich machen.
# Alle Schulen sollen besser als bisher auf den Beruf vorbereiten. Schüler aller allgemeinbildenden Schulen sollen ab dem siebten Schuljahr Einsichten und Kenntnisse über die Arbeitswelt und die Berufsbildungsmöglichkeiten vermittelt bekommen. Das gilt insbesondere für das zehnte Schuljahr. Bildungs- und Berufsberatung sind entsprechend zu verbessern.
# Eltern, Schüler und Lehrer gestalten in dem vorn Land und vom Schulträger bestimmten Rahmen ihre Schule. Die Schulkonferenz ist oberstes Beschlussorgan.
'''II.'''
# Arbeits- und Ausbildungslosigkeit für Jugendliche sind unzumutbar für eine Gesellschaft, die sich sozial nennen will. Staat, Gesellschaft und Wirtschaft haben die Pflicht, Ausbildungsplätze zusätzlich zu schaffen, um für die geburtenstarken Jahrgänge zu sorgen. <br /> Die CDU-Landesregierung hat in Schleswig-Holstein kaum Anstrengungen unternommen, um die Arbeits- und Ausbildungslosigkeit von Jugendlichen zu bekämpfen. Die SPD setzt sich für umfassende Maßnahmen ein, um das Recht auf Ausbildung durchzusetzen.
# Wer keine Ausbildung bekommen hat, wird besonders stark von Arbeitslosigkeit bedroht. Die SPD will daher, dass jeder Jugendliche eine Berufsausbildung erhält. <br /> Eine Ausbildung für alle ist notwendig, um für die Zukunft qualifizierten Nachwuchs sicherzustellen. <br /> Die SPD wird alles unternehmen, um die öffentlichen Verwaltungen und die Wirtschaft zu veranlassen, ihre Verpflichtungen zur Ausbildung zu erfüllen. Es müssen mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden.
#* Eine Meldepflicht für Ausbildungsplätze ist einzuführen.
#* Die SPD wird sich dafür einsetzen, dass eine Umlagefinanzierung für Ausbildungsplätze erfolgt, indem eine Berufsbildungsabgabe erhoben wird.
#* Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen sind stärker als bisher in den traditionell männlichen Berufen zu eröffnen. Den Betrieben werden dafür Zuschüsse gewährt.
#* Die SPD strebt an, dass jeweils, bezogen auf die Arbeitsplätze, fünf Prozent Ausbildungsplätze angeboten werden.
#* Das Ausbildungsplatzangebot muss in wirtschaftlich schwachen Gebieten durch ein außerbetriebliches Angebot ergänzt werden.
#* Wer kein betriebliches oder außerbetriebliches Ausbildungsverhältnis hat, soll eine mindestens zweijährige Berufsfachschule besuchen. Diese soll, genau wie das Fachgymnasium, zusammen mit dem Schulabschluss berufliche Abschlüsse oder Teilabschlüsse vermitteln.
# Das Berufsgrundbildungsjahr soll das erste Lehrjahr ersetzen. Der Unterricht muss deshalb auf Berufsfeldbreite erfolgen. Das Berufsgrundbildungsjahr muss schrittweise jeweils in bestimmten Bereichen des Landes nach Berufsfeldern für alle Jugendlichen eingeführt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass im Berufsgrundbildungsjahr der Hauptschulabschluss erworben werden kann.
# Im ersten Berufsschuljahr soll der wöchentliche Berufsschulunterricht mindestens zwölf Stunden betragen (zwei Schultage).
# Im Anschluss an die Mittelstufe vertieft die Schule die allgemeine und berufsorientierende Bildung. Sie bereitet auf die Aufnahme eines Hochschulstudiums vor und/oder vermittelt fachtheoretische und fachpraktische Fähigkeiten und Fertigkeiten. <br /> Die Studienstufe, zu der die Oberstufen benachbarter Gymnasien und Fachgymnasien zusammengefasst werden können, ermöglicht den Hochschulzugang und berufsqualifizierende Abschlüsse.
# Wer keinen Schulabschluss erreicht, hat nur eine geringe Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Für diese benachteiligten Jugendlichen sind vorzusehen:
#* Recht auf verlängerten Schulbesuch, um den Haupt- oder Realschulabschluss zu erreichen.
#* Ein berufsbefähigendes Vollzeitschuljahr an den beruflichen Schulen, das ein Nachholen des Hauptschulabschlusses ermöglicht.
#* Ausbau des Jugendaufbauwerks für Jugendliche, die bei der Schulentlassung noch nicht reif für die Aufnahme einer Berufsausbildung sind.
#* Berufsbefähigende Sondermaßnahmen für behinderte Jugendliche.
# Wegen der Veränderung der Wirtschaftsstruktur wird die berufliche Fortbildung und Umschulung immer wichtiger. Die SPD wird Weiterbildung und Bildungsurlaub gesetzlich regeln.
====Hochschule====
====Hochschule====
====Jugendpolitik====
====Jugendpolitik====

Version vom 12. Juni 2015, 11:34 Uhr

Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Neumünster 1978
Bezeichnung:
Antragsteller: Landesvorstand


Beschluss: Angenommen


(Veröffentlicht als: „Zur Diskussion für 1979 – Schwerpunkte für unser Land", Juli 1978 - Herausgeber: SPD-Landesverband Schleswig-Holstein)


Der SPD-Landesparteitag in Neumünster hat am 10. Juni 1978 zum weiteren Verfahren bei der Diskussion des Schwerpunkte-Programms den folgenden Beschluss gefasst:

Der Landesparteitag verabschiedet den vorliegenden Entwurf eines Schwerpunkt-Programms zur Landtagswahl vorläufig als Wahlplattform für Partei und Öffentlichkeit.
Die weitere Diskussion orientiert sich an den Schwerpunkten und politischen Grundsatzentscheidungen des vorliegenden Entwurfs.
Landtagsfraktion und Landesverband führen zu diesen Schwerpunkten eine Anhörung von Verbänden- und Organisationen durch.
Die Parteiorganisation bleibt aufgefordert, in innerparteilicher wie breiter öffentlicher Diskussion die mit der Wahlkampfplattform gesetzten landespolitischen Schwerpunkte mit ihren politischen Grundaussagen weiter zu konkretisieren.
Ein zweiter Parteitag im Herbst wird die Ergebnisse dieser innerparteilichen Diskussion und des Dialogs mit der Öffentlichkeit in die Wahlplattform einarbeiten und in ein konkretes Aktionsprogramm umsetzen.


Mit der Vorlage dieses Heftes wird der Wortlaut des Schwerpunkte-Programms der SPD in Schleswig-Holstein zur Diskussion gestellt. Der Landesvorstand der SPD bittet um Kritik und Anregungen zu diesem Entwurf. Ein weiterer Landesparteitag wird am 26. November 1978 das Ergebnis der Diskussion in ein konkretes Aktionsprogramm für Schwerpunkte künftiger sozialdemokratischer Regierungspolitik einarbeiten und beschließen.


Schwerpunkte sozialdemokratischer Landespolitik. Umdenken und Verändern. Sozialdemokraten in die Verantwortung — Präambel: Umdenken und Verändern

Die Grundwerte

Die schleswig-holsteinischen Sozialdemokraten bekennen sich zu dem Ziel, die Gesellschaft Schritt für Schritt nach den Grundwerten des demokratischen Sozialismus zu verändern.

Die Grundwerte heißen

  • Arbeit
  • Freiheit
  • Gerechtigkeit
  • Solidarität.

Die Grundwerte bedingen sich gegenseitig; aus dem Zusammenhang gerissen können sie zu leeren Formeln werden.

Freiheit ohne Gerechtigkeit ist die Freiheit der Mächtigen. Solidarität ohne Gerechtigkeit heißt, die Symptome gesellschaftlicher Fehlentwicklung kurieren zu wollen, ohne nach den Ursachen für ihre Entstehung zu fragen. So ist z. B. der Grundwert Arbeit nicht ohne die Forderung nach Gerechtigkeit, d. h. nicht ohne den Abbau ungerechtfertigter Privilegien zu verwirklichen.

Arbeit als Grundwert setzt das Recht auf einen Arbeitsplatz ebenso voraus wie das Recht auf qualifizierte Mitbestimmung, humane Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit und ist damit wesentlicher Bestandteil der Selbstverwirklichung des Menschen. Um den Grundwert Arbeit durchzusetzen, müssen wir auf Landes- und Bundesebene neue wirtschaftspolitische Lenkungsinstrumente entwickeln und eine aktive regionalisierte Strukturpolitik betreiben bei einem hohen Qualifikationsstand aller Arbeitnehmer.

Freiheit bedeutet das Freisein von entwürdigenden Abhängigkeiten und die Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit in den Grenzen, die durch die Grundwerte der Gerechtigkeit und der Solidarität gezogen werden, frei zu entfalten.

Gerechtigkeit verwirklicht die Freiheit jedes einzelnen, indem sie ihm gleiche Rechte in Wirtschaft und Gesellschaft und gleichwertige Lebenschancen in der Gesellschaft eröffnet.

Solidarität ist Ziel und Weg zur Selbstverwirklichung des einzelnen und zur Weiterentwicklung der Gesellschaft nach den Interessen der Mehrheit. Wer unter persönlicher Alleinleistung Konkurrenz, Ellbogenfreiheit, Profit und privaten Nutzen versteht, zerstört Gerechtigkeit und Solidarität.

Neue Probleme verlangen neue Antworten

Der private Wohlstand vieler Menschen in der Bundesrepublik ist größer als je zuvor. Aber für den gestiegenen Wohlstand haben wir auch bezahlt. Unsere Gesellschaft hat mit der Fülle der Güter und Leistungen zur Deckung privater Bedürfnisse eine Fülle neuer gesellschaftlicher Probleme erzeugt. Und wir laufen Gefahr, von den sozialen Folgen unseres privaten Wohlstands überrollt zu werden. Mit der unbedachten Verschwendung von Rohstoffen und Energie gefährden wir, wovon wir alle leben: die Natur und unsere Umwelt. Seit Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise und des damit in Verbindung stehenden Strukturwandels wird neue Armut erzeugt und werden viele zu einem Leben am Rande der Gesellschaft verurteilt.

Freiheit und Demokratie sind bedroht: durch Gewalt und Terror, aber auch durch reaktionäre Politik, die den autoritären Obrigkeitsstaat wiederherstellen will. Die geschichtliche Erfahrung zeigt uns, dass wirtschaftliche Krisenzeiten auch immer benutzt werden, um die von der Arbeiterbewegung erkämpften politischen und liberalen Freiheitsrechte einzuschränken. Anstatt innere Sicherheit durch kontinuierliche Reformpolitik zu gewährleisten, vertiefen auch jetzt wieder konservative Kräfte die Kluft zwischen Staat und Gesellschaft, zwischen Parteien und Bürgern, zwischen der Mehrheit und politisch Andersdenken durch Gesinnungsschnüffelei und die Beschränkung von persönlichen Freiheiten.

Diese Entwicklung kann uns nicht gleichgültig lassen. Wir haben zu entscheiden, was wir wollen. In der Politik so weitermachen und die Probleme vergrößern wie bisher oder umdenken und verändern.

Wir Sozialdemokraten sind für umdenken und verändern.

Umdenken und Verändern ist notwendig

Wir müssen

  • ein Bewusstsein weltweiter Solidarität schaffen, um die Spaltung der Welt in arm und reich zu überwinden,
  • dem Wunsch der Menschen nach Frieden und Abrüstung Rechnung tragen und sie für unsere Friedenspolitik gewinnen,
  • eine neue Verantwortung im Gebrauch materieller Güter entwickeln, um eine weitere Verschwendung von Rohstoffen und Energie zu verhindern,
  • Natur und Umwelt als unsere Lebensgrundlage neu erkennen,
  • die Zukunftschancen der neuen Generation von wirtschaftlichen Krisen unabhängig machen,
  • tarifpolitisch und gesetzlich eine gerechtere Verteilung von Arbeit und Einkommen durchsetzen, um Arbeit und Ausbildung für alle zu garantieren,
  • die Gleichberechtigung der Frau endlich auch außerhalb der Gesetzestexte Wirklichkeit werden lassen,
  • die Angst vor politischem Engagement abbauen, um Freiheit und Demokratie lebendig zu erhalten.

Freiheit durch Gerechtigkeit und Solidarität

Unsere Überzeugung ist: Die Menschen werden nicht frei durch hemmungslose Konkurrenz um Arbeit und Ausbildung, gnadenlosen Wettbewerb, inhumane Arbeitsplätze oder lückenlose staatliche Kontrolle. Sie werden frei durch eine Politik, die die Nachteile der Herkunft und Vermögen ausgleicht, den Schwachen vor den Stärkeren schützt, Angst und Hysterie abbaut, Mitbestimmung und Teilhabung in der Gesellschaft durchsetzt.

Sozialdemokraten und Gewerkschaften setzen sich gemeinsam zur Wehr:

  • gegen die zunehmende Macht der Wirtschaft, bedingt durch den Konzentrationsprozess,
  • gegen den Abbau von Liberalität und Rechtsstaatlichkeit,
  • gegen den Versuch, den Handlungsspielraum der Gewerkschaften einzuengen.

Besonders verteidigen die Sozialdemokraten die Tarifautonomie und das Streikrecht. Die SPD fordert das Verbot der Aussperrung und die gesetzliche Absicherung der politischen Betätigung im Betrieb.

Gleichberechtigung von Mann und Frau beginnt mit einer Chancengleichen Ausbildung in Schule und Beruf. Das Konkurrenz- und Rollenverhalten zwischen Mann und Frau in der Gesellschaft muss zugunsten einer gleichberechtigten Partnerschaft verändert werden.

Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsordnung sind kein Selbstzweck

Wir können unsere gesellschaftliche Zukunft nicht mehr vom rein quantitativen Wirtschaftswachstum abhängig machen. Wir müssen vielmehr danach fragen, wie Wachstum zusammengesetzt ist, unter welchen Bedingungen es zustande kommt, welcher Bereich wachsen soll und welcher nicht. Wir brauchen ein Wachstum, das an qualitativen Maßstäben ausgerichtet ist. Diese Maßstäbe sind die Lebensbedürfnisse der breiten Mehrheit der Bevölkerung, d. h. der Arbeitnehmer in unserem Lande. Wirtschaftswachstum und technischer Fortschritt dürfen sich nicht gegen ihre Lebensbedürfnisse wenden.

Egoismus und Konkurrenz bilden aber immer noch weitgehend unser Wirtschafts- und damit auch Lebensprinzip. Damit wird Gerechtigkeit unmöglich gemacht und solidarisches Handeln erschwert. Die Schwächeren bleiben auf der Strecke und werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt; dies zeigt sich in Schule und Beruf.

Wenn eine marktwirtschaftliche Ordnung das Recht auf Arbeit und humane Arbeitsplätze auf Dauer nicht garantieren kann, muss sie verändert werden.

Es geht darum, den Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und' privater Aneignung langfristig zu lösen, damit die Gesellschaft die Mittel und Möglichkeiten erhält, ihre Probleme zu bewältigen. Viele und humane Arbeitsplätze können neu geschaffen werden, wenn Wirtschaft und Produktion nach den Interessen der Mehrheit geplant und gelenkt werden.

Deswegen bekräftigen wir unsere Beschlüsse zur Demokratisierung der Wirtschaft.

Voraussetzung für mehr Gerechtigkeit und mehr Solidarität sind daher ein Wirtschaftswachstum und technischer Fortschritt, die mehr als bisher an den Lebensbedürfnissen des einzelnen und der Arbeitnehmer ausgerichtet sind.

Eine lebendige Demokratie braucht kritische Demokraten

Unser Grundgesetz stellt der Politik die Aufgabe, die Verfassung mit sozialem Leben zu erfüllen und weiterzuentwickeln.

Kritik an den gegenwärtigen Gesellschaftsverhältnissen erfüllt deshalb einen Verfassungsauftrag. Solche notwendige Kritik darf nicht diffamiert werden.

Wo der Rechtsstaat beschnitten, wo die Freiheit eingeschränkt, wo Liberalität und Toleranz in Frage gestellt werden, entstehen Angst und Scheu vor politischem Engagement aus Furcht vor beruflichen Nachteilen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Staatsverdrossenheit entsteht,

  • wo eine Regierung die Bürger arrogant behandelt,
  • wo überhebliche Bürokratie die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte der Bürger behindert,
  • wo Bürger unter einer Flut von Formularen und Anträgen nur noch verwaltet werden,
  • wo die Zukunftschancen der Jugend immer stärker gefährdet werden,
  • wo Wahlversprechen der Parteien nicht eingehalten werden,
  • wo sich die soziale Situation der Arbeitnehmer verschlechtert,
  • wo Rechtsstaat und Freiheitsrechte eingeschränkt werden.

Staatsverdrossenheit entsteht aber auch, wo das Streben verbürokratisierter Parteien nach Macht und nach Machterhaltung über dem Dienst am Bürger steht.

30 Jahre konservativer Regierung in Schleswig-Holstein sind genug

In Schleswig-Holstein ist die CDU nach 29 Jahren ununterbrochener Regierungszeit zu einer konservativ erstarrten und einseitig an Wirtschaftsinteressen gebundenen Partei geworden. Sie hat hier viel zu lange regiert. Sie hat weder die Kraft noch den Willen, die Zukunft humaner zu gestalten.

Wir Sozialdemokraten sind nicht frei von Fehlern und Versäumnissen, aber wir haben den Willen und die Kraft zu einer Politik, die Antworten gibt auf neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen und auf neue gesellschaftliche Herausforderungen.

SPD sucht den Bürgerdialog über ihr Programm

Mit den folgenden Schwerpunkten sozialdemokratischer Landespolitik sucht die schleswig-holsteinische SPD das direkte Gespräch mit den interessierten Bürgern und den gesellschaftlichen Gruppen in unserem Land. Als Ergebnis dieser Gespräche werden wir im Spätherbst 1978 der Öffentlichkeit ein konkretes Aktionsprogramm für die nächsten vier Jahre vorlegen.

Schwerpunkte unserer Wahlkampfplattform sind:

  1. Ein neues struktur- und wirtschaftspolitisches Konzept für Schleswig-Holstein, das die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit dem notwendigen Umweltschutz verbindet.
  2. Vorschläge für den Ausbau unseres Bildungswesens, die Zukunftschancen der jungen Generation sichern, die Schulen kinderfreundlicher machen und die Mitspracherechte der Eltern, Lehrer und Schüler verwirklichen.
  3. Ein sozialpolitisches Konzept, das Eigenverantwortung und Selbsthilfe der Betroffenen fördert und die regionalen Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung auszugleichen sucht.
  4. Die notwendigen Schritte, um Liberalität und Rechtsstaatlichkeit in Schleswig-Holstein wiederherzustellen, zu sichern und auszubauen.

Teil 1 - Recht auf Arbeit und Schutz der Umwelt

Unsere Probleme

Schleswig-Holstein ist immer noch ein finanz- und wirtschaftsschwaches Land. Die strukturschwachen Gebiete werden bis heute vernachlässigt. Der Entwicklungsrückstand gegenüber anderen Bundesländern ist geblieben.

Weltweite Wirtschafts- und Wachstumsprobleme verschärfen diesen Zustand und bringen zusätzliche Gefährdungen für unsere Umwelt. Sie zwingen zu einer neuorientierten Wirtschafts- und Umweltpolitik. Das gilt besonders für Schleswig-Holstein. Denn bis 1990 müssen 100000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dabei müssen Landschaft und Natur erhalten bleiben.

Dies ist eine gewaltige Aufgabe. Sie kann weder mit alten wirtschaftspolitischen Rezepten noch mit den „Selbstheilungskräften“ der Wirtschaft verwirklicht werden.

Die CDU-Landesregierung hat die Entwicklung unseres Landes weitgehend sich selbst überlassen. Sie hat es zugelassen, dass rund um Hamburg in wenigen Jahren ein neuer Ballungsraum entstanden ist. Sie hat nicht genug dagegen unternommen, dass junge Menschen vom flachen Land und aus den strukturschwachen Gebieten abgewandert sind. Sie hat es nicht verstanden, aus dem Raum zwischen Kiel, Eckernförde, Rendsburg, Neumünster und Plön ein attraktives Wirtschaftsgebiet zu machen. An der Unterelbe hat sie schwere Umweltbelastungen in Kauf genommen.

Trotzdem bleibt die CDU bei ihrer alten Wirtschaftspolitik. Mit ihrem Konzept der „Konzentration in der Fläche“ ist sie gescheitert. Ebenso mit ihrer Vorstellung von einer ziellosen und ungesteuerten Industrie- und Wirtschaftsförderung, die insgesamt weder zu mehr Arbeitsplätzen noch zur Verbesserung der Umweltqualität geführt hat.

Beispiele: Was die CDU getan hat und was die SPD tun wird

  • Trotz jahrelanger Wirtschaftsförderung durch die CDU-Landesregierung in Milliardenhöhe sind insgesamt mehr Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein weggefallen als neue geschaffen wurden.
    • Die SPD will öffentliche Steuermittel an Unternehmen vergeben mit der Auflage, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten oder neue zu schaffen. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Rationalisierung. Wir sind aber gegen eine wirtschaftspolitische überflüssige Subventionierung neuer Produktionstechniken, die das „Wegrationalisieren“ von Arbeitsplätzen noch beschleunigt.
      Mittel- und langfristig ist zu verhindern, dass neue Produktionstechniken unabhängig von den durch sie verursachten sozialen Kosten eingeführt werden. Eine Privatisierung ihrer Erträge und Sozialisierung ihrer Kosten führt zu einer falschen betriebswirtschaftlichen Beurteilung solcher Investitionen. Die Unternehmer sollen in zunehmendem Maße selbst zur Finanzierung der sozialen Kosten von Rationalisierungsinvestitionen herangezogen werden.
  • Trotz Wirtschaftsschwäche des Landes hat die Landesregierung die Konjunkturabschwächung der vergangenen Jahre noch begünstigt. insbesondere durch die Kürzung der Finanzzuweisungen an die Gemeinden hat sie die Chance vergeben, mit öffentlichen Investitionen Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten und die Struktur zu verbessern.
    • Die SPD wird die Gemeindefinanzen verbessern. Denn mehr öffentliche Investitionen bedeuten zusätzliche Aufträge für die Wirtschaft und Sicherung von Arbeitsplätzen. Gerade Schleswig-Holstein braucht öffentliche Investitionen der Gemeinden und des Landes.
  • Trotz der Notwendigkeit, mit teurer Energie sparsam umzugehen, hat die CDU-Landesregierung das Energiesparprogramm verzögert.
    • Die SPD wird solche durchgreifenden Energiesparprogramme fördern. Eine Politik des sparsamen Umgangs mit Energie schafft neue Märkte für energiesparende Produkte und damit neue zukunftssichere Arbeitsplätze.
  • Trotz des Mangels an Arbeitskräften im Bereich der sozialen Dienste und der Bildung in Schleswig-Holstein verweigert die CDU-Landesregierung die notwendigen neuen Arbeitsplätze.
    • Die SPD wird zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, ohne dass wir damit die Verwaltung aufblähen. Wir wollen, dass Staat und Gemeinden ihren Beitrag zur Entlastung des Arbeitsmarktes leisten. Auf diese Weise kann vor allem jungen Menschen Ausbildung und sinnvolle Arbeit gegeben werden. In den sozialen Diensten gibt es nämlich Mangel und daher Bedarf.

Diese Beispiele zeigen, dass die CDU auf landeseigene arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verzichtet und ihre Wirtschaftsförderung falsch angesetzt hat. Die SPD wird durch ihre arbeitsmarktorientierte Wirtschaftspolitik notwendige landeseigene Beiträge leisten.

Deshalb werden wir an der, Unterelbe den Industrialisierungswettbewerb stoppen und durch Zusammenarbeit mit den Nachbarländern eine Konzentration auf fest begrenzte Wirtschaftsschwerpunkte auf der Grundlage eines zuvor erstellten ökologischen Gesamtlastplanes für den Unterelberaum durchsetzen.

Das Recht auf Arbeit muss gleichermaßen für Männer und Frauen Geltung haben. Wir fordern daher:

  • Erschließung neuer Berufswege für Frauen insbesondere durch Öffnung von Berufen, die bisher Männern vorbehalten sind.
  • Im öffentlichen Dienst des Landes und der Kommunen müssen Frauen auf allen Ebenen bei gleicher Qualifikation die gleichen Chancen für Einstellung und Beförderung erhalten wie Männer.
  • Zur Behebung der überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit bei Frauen Verstärkung der Umschulungsmaßnahmen für Frauen in qualifizierte Berufe, für die es einen Bedarf am Arbeitsmarkt gibt.
  • Aufhebung des zwischen Männern und Frauen geteilten Arbeits-marktes. Besonders Frauen müssen zunehmend auf Arbeitsplätze außerhalb des traditionellen weiblichen Berufs- und Tätigkeitsspektrums vermittelt werden; dazu ist insbesondere die begleitende Beratung auszubauen.

Sozialdemokratische Entwicklungsstrategie für unser Land

  1. Ziel sozialdemokratischer Strukturpolitik ist es, ein umweltschonendes Wirtschaftswachstum zu fördern, alle Landesteile gleichwertig zu entwickeln und zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, genauso wie Möglichkeiten zur Berufsfortbildung.
  2. Wir Schleswig-Holsteiner lieben unsere Heimat gerade deshalb, weil sie noch Erholungslandschaft ist. Sie muss erhalten werden. Deshalb müssen wir, wenn wir neue Arbeitsplätze schaffen, gleichzeitig die schleswig-holsteinische Landschaft und Natur vor Zerstörung sichern. Die SPD wird einen Ausgleich schaffen bei der Aufgabe, die industriell-gewerblichen Chancen des Landes in seinen einzelnen Räumen intensiv zu nutzen, Natur und Landschaft in Schleswig-Holstein zu erhalten und eine wohnliche Umwelt in Städten und Gemeinden zu schaffen.
  3. Eine neue dynamische Strukturpolitik für Schleswig-Holstein ist zugleich Teil einer Entwicklungspolitik für ganz Norddeutschland. Alle vier norddeutschen Küstenländer brauchen nämlich eine stärkere Wirtschaftsentwicklung als das übrige Bundesgebiet, wenn sich das Nord-Süd-Gefälle nicht verstärken soll. Eine solche Politik kann aber nicht im Gegeneinander, sondern nur im engen Zusammenwirken Schleswig-Holsteins mit Hamburg, Niedersachsen und Bremen durchgesetzt werden.
  4. Massive Industrieansiedlungen an jedem Ort sind nicht möglich und für Schleswig-Holstein auch nicht sinnvoll. Deshalb muss die Förderung der Industrie auf die Standorte konzentriert werden, die für wachsende und hochtechnisierte Industriezweige besonders attraktiv sind. In den übrigen Landesteilen wird dafür das Mittel- und Kleingewerbe gefördert: Dienstleistungsbetriebe und Fremdenverkehr, Handwerk und mittelständische Produktionsbetriebe.
  5. Die Entwicklungsfähigkeit unseres Landes ist unterschiedlich. Deshalb muss die neue Strukturpolitik besondere Förderungssysteme anbieten:
    • für den ländlichen Raum und die Fremdenverkehrsgebiete,
    • für die größeren Städte,
    • für die Unterelberegion,
    • für das Hamburger Randgebiet.

A. Der ländliche Raum

  1. Es ist das Ziel der SPD-Wirtschaftsförderung, die Vielfalt von Gewerbe und Dienstleistungen zu festigen, auszubauen und anzureichern. Dafür sollen Betriebe des produzierenden Gewerbes und der privaten und öffentlichen Dienstleistungen erweitert und angesiedelt werden. Das bisherige Mittelstandskrediteprogramm wird deshalb zu einem allgemeinen Förderungssystem der gesamten gewerblichen Wirtschaft im ländlichen Raum erweitert.
  2. Hand in Hand geht damit der Ausbau der zentralen Orte zu lebendigen Mittelpunkten ihres Umlandes. Dabei muss immer wieder kritisch geprüft werden, ob das zentral-örtliche System verändert werden muss und ob die damit verbundenen Finanzzuweisungen neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen.
  3. Der Fremdenverkehr ist und bleibt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Vorrang vor einer Kapazitätenausweitung hat die Verbesserung des bestehenden Angebots, die Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an den Markt und die Verlängerung der Saison. Die kleineren und mittleren Unternehmen sollen besonders gefördert werden.
    Der zügellose Bau von Großprojekten ohne Rücksicht auf die Eigentümlichkeit der Landschaft und der einheimischen Fremdenverkehrswirtschaft hat unserem Land geschadet. Die Beibehaltung der familienfeindlichen Kurtaxe an den Stränden von Nord- und Ostsee schwächt die Wettbewerbsfähigkeit Schleswig-Holsteins als Fremdenverkehrsland. Die SPD wird die Kurtaxe abschaffen.
  4. Gerade für die ländlichen Räume sind eine gesunde Umwelt und eine intakte Landschaft ein Kapital, das nicht verwirtschaftet werden darf. Förderung des Fremdenverkehrs, der Ausbau der Naherholungseinrichtungen sind deshalb gleichwertige Ziele.
    Die SPD wird den freien Zugang aller Bürger zu Seen und Wäldern und ein landeseigenes Programm für die Säuberung unserer Binnengewässer konsequent durchsetzen.

B. Die großen Städte

  1. Außer im Hamburger Randgebiet und an der Unterelbe gibt es nur in den größeren Städten des Landes eine bedeutende Industriekonzentration mit großen und technisch hochentwickelten Betrieben. Die Qualität der Standorte macht diese Standorte auch in Zukunft für die Industrie attraktiv. Auf sie muss sich deshalb die Industrialisierung vor allem konzentrieren.
  2. Dabei ragen die Städte Flensburg und Lübeck sowie das zentrale Städtedreieck Kiel — Neumünster — Rendsburg heraus. Für die Ansiedlung von Industriebetrieben mit hohem Standard bieten diese Orte gute Voraussetzungen: qualifizierte Arbeitskräfte, wissenschaftliche Einrichtungen, fach-, berufs-, und allgemeinbildende Schulen, Verkehrserschließung und Infrastruktur sowie ein vielfältiges Kulturleben.
  3. Die Vorteile dieser Standorte müssen deshalb ausgebaut und besser genutzt werden. Wohnwert und Lebensqualität sind weiter zu verbessern. Hier können mehr Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, der Wissenschaft, der Forschung und der Kultur ihren Platz finden. Nur so ist eine weitere Industrialisierung in diesen Standorten möglich. Der Bau einer Technischen Hochschule in Flensburg ist dafür ein Beispiel. Nur durch eine Konzentration der Förderung sind die Entwicklungschancen, die in den größeren Städten liegen, für ganz Schleswig-Holstein und seine ländlichen Räume zu nutzen. Deshalb wäre ihre Benachteiligung ein Schaden für das ganze Land.

C. Die Unterelberegion

  1. An der Unterelbe wollen wir keine unkontrollierte Industrieentwicklung. Um unsere Ziele in diesem Raum durchsetzen zu können, ist eine strikte Koordinierung der Maßnahmen zwischen den beteiligten Ländern erforderlich. Als übergeordnete Planungsgrundlage ist vor weiteren Industrieansiedlungen ein ökologischer Gesamtlastplan für die Unterelbe zu erstellen. Er soll Industriezonen mit großem Angebot an Arbeitsplätzen von den Zonen abgrenzen, die in ihrem gewachsenen Zustand erhalten bleiben müssen. Er soll die Wirtschaftsförderung mit dem Gebot des Umweltschutzes in Übereinstimmung bringen. Er soll der Bevölkerung des umgebenden ländlichen Raums Beschäftigung bieten und dazu beitragen, dass Hamburg als wirtschaftlicher Mittelpunkt Norddeutschlands gestärkt wird.
  2. Dieser Gesamtlastplan enthält auch die Forderung nach einer breiteren Produktionsvielfalt in den Entwicklungsschwerpunkten Itzehoe und Brunsbüttel und die schnelle Fertigstellung der Westküstenautobahn bis Heide. Nur so wird die gewerbliche Entwicklung des ländlichen Raums an der Westküste nachhaltig Erfolg haben.

D. Das Hamburger Randgebiet

  1. Für die schleswig-holsteinischen Bürger und Gemeinden sind die politischen und unternehmerischen Entscheidungen Hamburgs wichtig. Deshalb ist die SPD gegen Länder- und Gemeindeegoismus. Alle Maßnahmen zur Wachstumsförderung müssen das Ziel haben, den gesamten Wirtschaftsraum einschließlich der Hansestadt zu stärken. Die strukturpolitische Tätigkeit in diesem Gebiet muss deshalb als Gemeinschaftsarbeit praktiziert werden.
  2. Wichtigste Aufgabe in diesem dichtbesiedelten Raum ist der Ausbau der Verkehrswege und ein planvoller Umweltschutz. Der Wohnungswechsel oder die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Umland darf nicht willkürlich behindert werden. Für diese Betriebsverlagerungen ins Nachbarland müssen jedoch Maßstäbe gelten, die sicherstellen, dass dadurch für die Gesamtregion ein Wachstums- und Arbeitsplatzgewinn erzielt wird. Die Subventionskonkurrenz unter Einsatz enormer öffentlicher Mittel muss beendet werden.

E. Mit Bonner Unterstützung für Schleswig-Holstein

  1. Schleswig-Holstein ist auf die von Bund und Ländern finanzierten Gemeinschaftsaufgaben existenziell angewiesen. Ohne das Geld des Bundes zur Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben, zur Zonenrandförderung und zum Ausbau der Infrastruktur ist eine Entwicklung unseres Landes nicht möglich.
  2. Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ muss jedoch grundlegend reformiert werden. Anstelle der nicht mehr zu verantwortenden Ausdehnung der Fördergebiete sollen die Länder „Regionale Aktionsprogramme“ nur für solche Teilräume vorlegen, deren strukturelle Weiterentwicklung von Bedeutung ist für die gesamte deutsche Volkswirtschaft. Im Übrigen betreiben die Länder als Raumordnungsaufgabe eine eigene Strukturpolitik.
  3. Die SPD wird deshalb für Schleswig-Holstein regionale Aktionsprogramme vorlegen:
    • für die Weiterentwicklung und Verbesserung der Industriestruktur der größeren Städte,
    • für die Unterelberegion,
    • für den Fremdenverkehr.
      Hinzu kommt ein Landesprogramm für die gewerbliche Förderung im gesamten ländlichen Raum und als Ergänzung zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ein Konzept für die sektorale Strukturpolitik.
  4. Schleswig-Holstein ist auf Bonner Geld und Bonner Unterstützung angewiesen. Das gilt insbesondere für die Werftindustrie, die Landwirtschaft, die Energiepolitik und die Verkehrsinfrastruktur.

F. Die Werftindustrie

  1. Die Werftindustrie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Norddeutschland und in Schleswig—Holstein. Für einzelne Standorte ist der Schiffbau ein beherrschender Produktionszweig, zu dem sich bisher keine Alternative anbietet, um drohende Beschäftigungseinbrüche auszugleichen. ‘
  2. Die durch weltweite Überkapazitäten — insbesondere bei den Tankern — verursachte Krise der Werftindustrie kann weder allein durch Schleswig-Holstein noch allein durch die Küstenländer gelöst werden. Die Forderung nach international verbindlichen Kapazitätsabstimmungen, nach Angleichung der durch unterschiedliche Subventionsvergabe hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen mögen zwar sinnvoll sein, erscheinen aber gegenwärtig nicht durchsetzbar. Immer mehr Länder, vor allem aus der Dritten Welt und die Staatshandelsländer des Ostblocks, drängen auf den Weltmarkt, so dass selbst im Falle einer Belebung der Nachfrage nach Schiffsneubauten in einigen Jahren die deutschen Werften nicht mehr den früheren Auslastungsgrad erreichen werden.
  3. Durch die Strukturkrise wird die Zahl der Arbeitsplätze in der Werftindustrie in den nächsten Jahren erheblich verringert werden. Hier sind finanzielle Hilfen des Landes und des Bundes erforderlich, um die Entwicklung neuer Produktionslinien durch Modellversuche sowie die Umschulung von Arbeitnehmern zu ermöglichen. Es darf in diesem Wirtschaftszweig nicht zu Massenentlassungen kommen. Ebenso darf dieser Wirtschaftszweig nicht künstlich durch Subventionen aus Steuergeldern im alten Umfang am Leben erhalten bleiben.
  4. Die Ausweitung der Produktion von Rüstungsgütern ist kein geeignetes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Der notwendige Strukturwandel der Werften würde verzögert, denn Rüstungsaufträge schreiben die bestehenden Produktionsstrukturen fest und zwingen den Staat zur Vergabe immer neuer Anschlussaufträge. Ein neuer Störfaktor „Sicherung der Arbeitsplätze durch Rüstungsgüter“ würde den internationalen Entspannungsprozess negativ beeinflussen. Diese Arbeitsplätze im Kriegsschiff-Export sind vordringlich über Sonder-Programme der Großforschung und Entwicklungshilfe auf zivile Produktion umzustellen. Sie müssen bei der Vergabe von Bundesaufträgen bevorzugt werden. Politisch besonders bedenklich und daher abzulehnen ist der Export von Kriegsschiffen in Nicht-NATO-Staaten.
  5. Die bisherige Praxis der Subventionsvergabe hat die Krise der Werftindustrie nur vor sich hergeschoben. Deutsche Reeder konnten lange Zeit mit einheimischen Geldern den Bau von Schiffen im Ausland finanzieren. Sinnvoll können stattdessen nur solche Subventionen sein, die den Strukturwandel fördern und das Beschäftigungsproblem überwinden helfen. Subventionen sollen vor allem eine Finanzhilfe dafür sein, neue Technologien im Spezialschiffbau anzuwenden und Produktionsumstellungen zu erleichtern.
    Daneben ist es unvermeidlich, durch ein neues strukturpolitisches Konzept die Abhängigkeiten einzelner Orte und Regionen von einem Industriezweig zu lösen.

G. Die Land- und Ernährungswirtschaft

  1. Die Land- und Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein ist ein hochentwickelter und ertragreicher Wirtschaftszweig mit hoher Investitionsquote. Sie stellt jeden fünften Arbeitsplatz im Lande zur Verfügung. Ziel-der SPD-Agrarpolitik ist die Weiterentwicklung unserer leistungsfähigen und wirtschaftlich gesunden Landwirtschaft.
  2. Wir wollen eine Landwirtschaft,
    • die integrierter Bestandteil unserer Gesellschaft ist, also gleichberechtigt an ihrer Entwicklung teilhat, und deren Rechte und Pflichten denen der übrigen Bevölkerung entsprechen;
    • die eine möglichst große Anzahl zukunftssicherer Arbeitsplätze im ländlichen Raum für Betriebsleiter, mithelfende Familienangehörige und landwirtschaftliche Arbeitnehmer bereitstellt;
    • die als Auftraggeber und Investor der Wirtschaft im ländlichen Raum stärkere Impulse gibt;
    • die wesentlich dazu beiträgt, eine Kulturlandschaft zu schützen, die für Freizeit und' Erholung eine ständig steigende Bedeutung erhält.

H. Energieversorgung und Energieeinsparung

  1. Wir befinden uns weltweit an einem Entwicklungspunkt, der die Menschen zwingt, die natürlichen Grenzen und Möglichkeiten der Erde zu erkennen und einzuhalten und die verfügbaren Naturschätze sparsamer zu verwalten und gerechter zu verteilen als in der Vergangenheit.
    Wir müssen unsere heutige Wirtschaftsform einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft mit dem Erfolgsmaßstab des Energieverbrauchs weiterentwickeln zu einer Wirtschaft, in der die Erhaltung von Rohstoffreserven und die Einsparung von Energie durch vernünftigere Erzeugung und rationelleren Verbrauchermöglicht wird.
  2. Eine Industriegesellschaft wie die der Bundesrepublik Deutschland muss zur Sicherung von Beschäftigung und Lebensstandard ausreichende Energie für Wirtschaft und Haushalte zur Verfügung stellen. Dabei sind Bedarfsberechnungen nur dann realistisch und vertretbar, wenn sie umfassende Energiesparmaßnahmen mit berücksichtigen.
  3. Der Schutz der Menschen vor Gefahren und die Energiesicherung für die nachfolgenden Generationen sowie die Erhaltung von Natur und Umwelt sind wichtiger als rein betriebswirtschaftliche Berechnungen bei der Frage, ob und in welchem Umfang zukünftig Kernkraft als Energieträger eingesetzt wird. Langfristig wird eine Energieversorgung in Verbindung mit natürlichen Energiequellen immer wichtiger.
  4. Deshalb muss bei der Energieerzeugung auch in Schleswig-Holstein das Kohlekraftwerk absoluten Vorrang vor dem Kernkraftwerk haben. Dabei ist die Verwendung deutscher Steinkohle Zu fördern. Sie darf jedoch nicht zu einer Verteuerung der Energiekosten im Vergleich zu anderen Bundesländern führen. Auch für Kohlekraftwerke müssen strengere Umweltauflagen gelten.
  5. Bei der Planung neuer Kraftwerke sollte von vornherein die Nutzung der Abwärme mit berücksichtigt werden, um durch weitergehende Anwendung der Kraftwärmekoppelung ein Höchstmaß an rationeller Energieverwendung und optimaler Nutzung der Energierohstoffe zu gewährleisten.
  6. Das im Bau befindliche Kernkraftwerk in Krümmel darf den Betrieb nicht aufnehmen, solange die Entsorgung nicht realisiert ist. Das Kernkraftwerk Brokdorf soll nicht gebaut werden. Eine SPD-Landesregierung wird der Erneuerung und dem Ausbau vorhandener sowie dem Bau neuer Kohlekraftwerke deshalb Vorrang geben.
  7. Um den verschwenderischen Umgang mit Energie aufzuhalten und zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Energie zu kommen, sind alle Möglichkeiten der Energieeinsparung, konsequent zu nutzen. Die Einrichtung von Energieberatungsstellen ist zu fördern.
  8. Im Rahmen der Vorsorge für eine langfristige Energieversorgung haben bei der Standortplanung für Kraftwerke im Zuge von Regionalplanung und Raumordnung Unternehmen und Landesregierung nicht allein zu entscheiden, sondern Bürger und Parlament sind an dieser Entscheidung zu beteiligen. Dieses Verfahren ist gesetzlich zu regeln.

I. Die weitere Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur

  1. Die CDU-Landesregierungen haben lange Jahre die wirtschaftliche Bedeutung der großräumigen Verkehrserschließung Schleswig-Holsteins in seiner Randlage im Bundesgebiet nicht begriffen und vorrangig die Nebenwege ausgebaut. Die verspätete Durchführung der Süd-Nord-Autobahn hat die Industrialisierungschancen insbesondere des zentralen Städtedreiecks und der nördlichen Landesteile in der Zeit der stürmischen Kapazitätsentwicklung der deutschen Industrie nicht genutzt.
  2. Die Fernverkehrserschließung des Landes ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Die Autobahnen werden in diesem Jahrzehnt ihre vorläufigen Endpunkte nicht erreichen. Strukturpolitisch verhängnisvoll ist, dass noch kein vorhandenes Konzept für leistungsfähige Ost-West-Querverbindungen vorliegt. Die innere Erschließung wichtiger Teilräume wie des zentralen Städtedreiecks sollte eine weitere Priorität darstellen.
  3. Im ländlichen Raum sind die Landesstraßen in einem sehr schlechten Zustand. Dies ist eine Folge der jahrelangen zu knappen Finanzierung des Landesstraßenbaus durch die CDU-Landesregierung. Eine SPD-Landesregierung wird unverzüglich ein Sanierungsprogramm vorlegen.
  4. Auf die Infrastruktur- und Verkehrsbedienungspolitik der Bundesbahn in Schleswig-Holstein muss intensiver Einfluss genommen werden. Das zu geringe Interesse der Bundesbahn für den Raum nördlich von Hamburg ist gesamtwirtschaftlich nicht zu verantworten. Die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken muss vorbereitet und bald eingeleitet werden. Bei Streckenstillegungen sind die strukturpolitischen Probleme des Landes entsprechend zu berücksichtigen.
  5. Beim Neubau und Ausbau von Verkehrsadern ist auf Natur und Landschaft Rücksicht zu nehmen. Statt immer neue Verkehrstrassen zu planen, sind vorhandene verkehrsgerecht auszubauen. Die SPD lehnt eine Höherstufung der im gültigen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als „möglicher weiterer Bedarf“ ausgewiesenen A 22 mit Elbquerung ab.
    Die Küstenautobahn ist in absehbarer Zeit zur Verbesserung der Verkehrsstruktur nicht erforderlich. Die vorhandenen Elbübergänge reichen aus. Auch die Erfordernisse des Umweltschutzes und der Naherholung sprechen für diese Aussage. Eine Höherstufung würde im Übrigen die Gefahr in sich bergen, dass diese mit Skepsis zu betrachtende Autobahnplanung in einem Konjunkturprogramm eines Tages rasche Wirklichkeit wird. Die vorgesehene Umgehung Bad Segebergs wird hiervon nicht berührt.
  6. Ein leistungsfähiger öffentlicher Personen-Nahverkehr ist Grundvoraussetzung attraktiver Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsstandorte. Priorität gehört hier der Schaffung von leistungsfähigen Verkehrsverbänden, zu der das Land sowohl konzeptionelle als auch finanzielle Hilfe leisten muss.

Teil 2 - Kinderfreundliche Schule und Chancen für die junge Generation

Unsere Probleme

In Schleswig-Holstein

  • liegen die Bildungsausgaben pro Einwohner um elf Prozent unter denen im Bundesdurchschnitt, und kein anderer Flächenstaat in der Bundesrepublik gibt so wenig Geld je Einwohner für Bildung aus wie Schleswig-Holstein.
  • entfallen auf einen Lehrer mehr Schüler als in allen anderen Bundesländern,
  • ist die Zahl der Sitzenbleiber so hoch wie nirgendwo sonst,
  • werden Haupt- und Sonderschüler stark benachteiligt; so hatten nach der letzten bundesweiten Vergleichsstatistik fast ein Drittel der Schulabgänger nach neun Jahren keinen Hauptschulabschluss.

Schon diese wenigen Hinweise zeigen die Unfähigkeit der CDU-Landesregierung, die Schule nach den Bedürfnissen und Problemen der Kinder zu gestalten.


Stattdessen erzeugt CDU-Bildungspolitik

  • Angst zu versagen,
  • Lerndruck, der Neigungen und Begabungen eher verschüttet als weckt,
  • ein Klima, in dem gemeinschaftliches Handeln, gegenseitige Rücksichtnahme und Unterstützung verdrängt werden durch die Wahrnehmung vermeintlicher Eigeninteressen,
  • den Zwang zu einer viel zu frühen Entscheidung über den gesamten späteren Bildungsweg.

Für diese Schulsituation ist die CDU-Landesregierung allein verantwortlich. Sie ist seit fast 30 Jahren dafür zuständig.

Beispiele: Was die CDU getan hat und was die SPD tun wird

  • Trotz hohen Unterrichtsausfalls und großer Klassen ist die CDU-Landesregierung nicht bereit gewesen, ausreichend neue Lehrerplanstellen zu schaffen. Die neu eingerichteten Planstellen sind ein unzureichendes Zugeständnis gegenüber der ständig drängenden SPD.
    Die SPD wird erheblich mehr Lehrer einstellen. Eine kinderfreundliche Schule ist sonst nicht zu verwirklichen. Die Kinder, die heute zur Schule gehen, dürfen nicht mit der zu erwartenden Entwicklung der Schülerzahlen vertröstet werden. Auch bei rückläufigen Schülerzahlen in den 80er Jahren benötigen wir mehr Lehrer, weil wir kleinere Klassen haben wollen.
  • Trotz der Notwendigkeit, unsere Schulen von bürokratischer Bevormundung freizuhalten, hat die CDU-Landesregierung alles getan, Lehrer, Eltern und Schüler mit Erlassen, Lehrplänen und Dienstanweisungen einzuengen und zu gängeln.
  • Die SPD wird demgegenüber nur den Rahmen gesetzlich regeln und die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Eltern, Schüler und Lehrer ausweiten. Wir wollen ihre Verantwortung stärken und keine alles reglementierende Kultusbürokratie. Die Schüler sollen größere Freiräume, die Lehrer mehr Freiheit bei der Gestaltung des Unterrichts erhalten.
  • Die CDU hat aus der Orientierungsstufe eine Auslese gemacht:
    • Ein erheblicher Teil der Kinder wird auf eine niedrigere Schulform abgeschoben,
    • das Elternrecht wird schrittweise ausgehöhlt.
    • Die SPD wird in der Orientierungsstufe das Prinzip der Auslese durch das Prinzip der Förderung ersetzen. Sie wird nach einem demokratischen Entscheidungsprozess, in den alle Betroffenen einzubeziehen sind, eine möglichst ortsnahe, schulformunabhängige Orientierungsstufe einführen. Diese schulformunabhängige Orientierungsstufe bereitet auf die aufbauenden Schulstufen vor, ohne die Kinder zu früh festzulegen.
  • Das neue Schulgesetz der CDU verbessert die Schulsituation nicht, sondern schreibt nur bestehende Gesetze, Vorschriften und Erlasse und die gängige Praxis in Gesetzesform fest.
    • Die SPD hat in etwa hundert Änderungsanträgen dargelegt, wie mehr Chancengleichheit erzeugt werden kann und wie mehr Mit- und Selbstbestimmung möglich wäre.

Sozialdemokratische Bildungspolitik für unser Land - Was Sozialdemokraten wollen

Die Zukunft unserer Kinder hängt nicht zuletzt auch davon ab, welche Möglichkeiten wir ihnen in den Schulen geben. Wir wissen, dass ein Höchstmaß an Bildung und Ausbildung die beste Gewähr für eine stabile Demokratie ist. Die Schule selbst muss für alle Beteiligten zu einem Lebensbereich demokratischer Selbstverwirklichung werden.

  • Die SPD will eine kinderfreundlichere Schule.
  • Das schleswig-holsteinische Schulwesen soll in Übereinstimmung, mit den Zielvorstellungen des Bildungsgesamtplans von 1973 und des Strukturplans des Deutschen Bildungsrats und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Richtung auf ein integriertes System fortentwickelt werden.


Wir werden uns in unserer Schulpolitik den Benachteiligten und Behinderten zuwenden. Dies gilt vor allem für

  • Kinder vom Lande, für die gleiche Lernchancen geschaffen werden müssen,
  • Mädchen, die im Lehrplan nicht auf ein einseitiges Berufs- und Familienbild festgelegt werden dürfen,
  • ausländische Kinder, für die die Chance, einen Schulabschluss zu erreichen, vergrößert werden muss,
  • Arbeiterkinder, die bei weiterführenden Abschlüssen noch immer benachteiligt sind,
  • Kinder, deren Lernvoraussetzungen schlechter oder die in anderer Weise behindert sind.


Wir Sozialdemokraten bekennen uns zur integrierten Gesamtschule:

  • Die Gesamtschule ermöglicht weitgehend ein druckfreies, kindgemäßes Lernen, weil ihr pädagogisches Leitmotiv Förderung statt Auslese ist,
  • Sie gibt den Kindern mehr Chancen, weil sie nicht wie das gegliederte Schulwesen Schulabschlüsse frühzeitig festlegt. Sie hält individuelle Entwicklungsmöglichkeiten offen.
  • Sie ermöglicht neue Formen der Selbstbestimmung der Schüler, der aktiven Mitarbeit der Eltern und der Zusammenarbeit der Lehrer untereinander.
  • Sie gibt den Kindern in der musischen und kreativen Tätigkeit breite Entwicklungsmöglichkeiten.
  • Besonders in der Form der Ganztagsschule ermöglicht sie die notwendige freie Entfaltung der Kinder.
  • Es sollen auch andere Schulformen erprobt werden, die ihrer Struktur nach der Gesamtschule entsprechen, wie z. B. die Waldorfschulen.

Die Gesamtschule ist eine kinderfreundliche Schule. Nachprüfbar ist diese Aussage an der erfolgreichen Arbeit der bestehenden Gesamtschulen — auch in Schleswig-Holstein. Gleichzeitig betonen wir, dass die Gesamtschule eine Zielvorstellung ist, die schrittweise verwirklicht werden muss. Wir Sozialdemokraten werden dies jederzeit in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Eltern, Lehrkräften, Schülern und Schulträgern tun. Die Eltern erhalten das Recht, dass ihre Kinder eine Gesamtschule besuchen können. Die Gesamtschule wird ihnen neben den bestehenden Schulen angeboten.

Neben dem Elternhaus ist die Schule der wichtigste Lebensraum des Kindes. Deshalb sollen Schulen so gestaltet werden, dass die Kinder in der Schule Freude haben und dass sie Kontakte zu den Mitschülern und den Lehrern haben.

Für Gesamtschulen reichen grundsätzlich drei Parallelklassen aus; deshalb können diese Schulen kleiner sein und wesentlich näher beim Elternhaus liegen als viele bestehende Realschulen und Gymnasien in Schleswig-Holstein.

Vorschule, Grund- und Mittelstufe, Oberschule, berufliche Förderung und Weiterbildung

I.

  1. Die SPD wird sich bemühen, durch mehr Lehrer die Schülerzahl pro Klasse zu verringern. Sie wird so viele Planstellen zur Verfügung stellen, dass die vorgesehenen Stunden auch erteilt werden können. Mittelfristig sollen bei vollem Unterricht höchstens 30 Schüler zu einer Klasse gehören. Das würde eine durchschnittliche Klassengröße von 25 Schülern bedeuten, weil Klassen schon beim Überschreiten der Zahl 30 geteilt werden müssten.
  2. Als weitere Maßnahmen der kinderfreundlicheren Schule sind vorzusehen,
    • stärkere Berücksichtigung der Fächer Kunst, Musik und Sport,
    • Verzicht auf Zensuren zunächst in den ersten beiden Klassen; statt dessen eine allgemeine Beurteilung, die für Schüler und Eltern hilfreich ist,
    • pädagogische Fördermaßnahmen statt Sitzenbleiben, vorrangig in den ersten beiden Klassen.
  3. Alle Fünfjährigen sollen eine vorschulische Erziehung erhalten, im Kindergarten oder in der Vorschule. Für beide Formen wird eine einheitliche, inhaltliche Konzeption entwickelt.
  4. Räumlich benachbarte Schulen werden organisatorisch verbunden. So können Schulen auch dann noch weitergeführt werden, wenn sie pro Jahrgang nur noch eine Klasse haben.
  5. An Kindergärten und Kindertagesstätten, an Schulkindergärten, Vorschulen und Grundschulen ist die heilpädagogische Behandlung behinderter Kinder zu ermöglichen, um Sonderschulbedürftigkeit, soweit möglich, von vornherein zu verhindern.
  6. Für Haupt- und Sonderschüler wird die Schulzeit auf zehn Jahre erweitert. Hauptschüler erhalten die Möglichkeit zu weiteren Abschlüssen.
  7. Die gesetzliche Regelung für die Schülerbeförderung muss sicherstellen, dass Kinder aller Schulformen bis zum zehnten Schuljahrgang zur Schule gefahren werden, wenn die Länge des Schulweges oder besondere Gefährdungen dies erforderlich machen.
  8. Alle Schulen sollen besser als bisher auf den Beruf vorbereiten. Schüler aller allgemeinbildenden Schulen sollen ab dem siebten Schuljahr Einsichten und Kenntnisse über die Arbeitswelt und die Berufsbildungsmöglichkeiten vermittelt bekommen. Das gilt insbesondere für das zehnte Schuljahr. Bildungs- und Berufsberatung sind entsprechend zu verbessern.
  9. Eltern, Schüler und Lehrer gestalten in dem vorn Land und vom Schulträger bestimmten Rahmen ihre Schule. Die Schulkonferenz ist oberstes Beschlussorgan.


II.

  1. Arbeits- und Ausbildungslosigkeit für Jugendliche sind unzumutbar für eine Gesellschaft, die sich sozial nennen will. Staat, Gesellschaft und Wirtschaft haben die Pflicht, Ausbildungsplätze zusätzlich zu schaffen, um für die geburtenstarken Jahrgänge zu sorgen.
    Die CDU-Landesregierung hat in Schleswig-Holstein kaum Anstrengungen unternommen, um die Arbeits- und Ausbildungslosigkeit von Jugendlichen zu bekämpfen. Die SPD setzt sich für umfassende Maßnahmen ein, um das Recht auf Ausbildung durchzusetzen.
  2. Wer keine Ausbildung bekommen hat, wird besonders stark von Arbeitslosigkeit bedroht. Die SPD will daher, dass jeder Jugendliche eine Berufsausbildung erhält.
    Eine Ausbildung für alle ist notwendig, um für die Zukunft qualifizierten Nachwuchs sicherzustellen.
    Die SPD wird alles unternehmen, um die öffentlichen Verwaltungen und die Wirtschaft zu veranlassen, ihre Verpflichtungen zur Ausbildung zu erfüllen. Es müssen mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden.
    • Eine Meldepflicht für Ausbildungsplätze ist einzuführen.
    • Die SPD wird sich dafür einsetzen, dass eine Umlagefinanzierung für Ausbildungsplätze erfolgt, indem eine Berufsbildungsabgabe erhoben wird.
    • Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen sind stärker als bisher in den traditionell männlichen Berufen zu eröffnen. Den Betrieben werden dafür Zuschüsse gewährt.
    • Die SPD strebt an, dass jeweils, bezogen auf die Arbeitsplätze, fünf Prozent Ausbildungsplätze angeboten werden.
    • Das Ausbildungsplatzangebot muss in wirtschaftlich schwachen Gebieten durch ein außerbetriebliches Angebot ergänzt werden.
    • Wer kein betriebliches oder außerbetriebliches Ausbildungsverhältnis hat, soll eine mindestens zweijährige Berufsfachschule besuchen. Diese soll, genau wie das Fachgymnasium, zusammen mit dem Schulabschluss berufliche Abschlüsse oder Teilabschlüsse vermitteln.
  3. Das Berufsgrundbildungsjahr soll das erste Lehrjahr ersetzen. Der Unterricht muss deshalb auf Berufsfeldbreite erfolgen. Das Berufsgrundbildungsjahr muss schrittweise jeweils in bestimmten Bereichen des Landes nach Berufsfeldern für alle Jugendlichen eingeführt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass im Berufsgrundbildungsjahr der Hauptschulabschluss erworben werden kann.
  4. Im ersten Berufsschuljahr soll der wöchentliche Berufsschulunterricht mindestens zwölf Stunden betragen (zwei Schultage).
  5. Im Anschluss an die Mittelstufe vertieft die Schule die allgemeine und berufsorientierende Bildung. Sie bereitet auf die Aufnahme eines Hochschulstudiums vor und/oder vermittelt fachtheoretische und fachpraktische Fähigkeiten und Fertigkeiten.
    Die Studienstufe, zu der die Oberstufen benachbarter Gymnasien und Fachgymnasien zusammengefasst werden können, ermöglicht den Hochschulzugang und berufsqualifizierende Abschlüsse.
  6. Wer keinen Schulabschluss erreicht, hat nur eine geringe Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Für diese benachteiligten Jugendlichen sind vorzusehen:
    • Recht auf verlängerten Schulbesuch, um den Haupt- oder Realschulabschluss zu erreichen.
    • Ein berufsbefähigendes Vollzeitschuljahr an den beruflichen Schulen, das ein Nachholen des Hauptschulabschlusses ermöglicht.
    • Ausbau des Jugendaufbauwerks für Jugendliche, die bei der Schulentlassung noch nicht reif für die Aufnahme einer Berufsausbildung sind.
    • Berufsbefähigende Sondermaßnahmen für behinderte Jugendliche.
  7. Wegen der Veränderung der Wirtschaftsstruktur wird die berufliche Fortbildung und Umschulung immer wichtiger. Die SPD wird Weiterbildung und Bildungsurlaub gesetzlich regeln.

Hochschule

Jugendpolitik

Teil 3 - Alle Menschen haben ein Recht auf Hilfe. Wir werden unsere Kinder, Heranwachsenden und älteren Mitbürger nicht allein lassen. Die Kranken und Behinderten brauchen unsere Solidarität.

Teil 4 - Liberalität, Rechtsstaatlichkeit, innere Sicherheit