B5: Neue Wege in der Drogenpolitik: "Hilfe statt Strafe" (1993)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Eckernförde 1993
Bezeichnung: B5
Antragsteller: Nicht aufgeführt


Beschluss: Angenommen


Die bisherige repressive Drogenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland ist gescheitert. Neue Wege müssen beschritten werden, die Hilfe statt Strafe, Therapie statt Verfolgung für Suchtkranke im Vordergrund sehen. Um den Teufelskreis zwischen Beschaffungskriminalität‚ Prostitution, Strafvollzug, Abhängigkeit, Drogenkonsum und Verelendung zu durchbrechen, fordern wir:

  1. Das bisherige, nicht ausreichende Therapieangebot muß wesentlich erhöht werden. Methadon- und ähnliche Substitutionsprogramme sind auszuweiten. Damit wird gleichzeitig die HIV-Infektionsgefahr für Drogensüchtige erheblich reduziert. Darüber hinaus trägt der Spritzenaustausch zur Verminderung des HIV-Infektionsrisikos in erheblichem Maße bei. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, daß auch in den Justizvollzugsanstalten Möglichkeiten des Spritzenaustauschs angeboten werden.
  2. Die Abhängigen müssen entkriminalisiert werden. Niemand darf wegen Drogeneinnahme verfolgt und bestraft werden. Bis zur Streichung von Haschisch und Marihuana aus den Anlagen des BtMG ist ähnlich der Praxis in den Niederlanden auf jegliche Strafverfolgung von Rauschgiftsüchtigen zu verzichten. Die Cannabisprodukte sind aus der in Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz enthaltenen Liste der Betäubungsmittel zu streichen.
  3. Im präventiven Bereich muß die Aufklärung über jegliche Art von Drogen verstärkt werden. Ein generelles Werbeverbot für alle Arten von Drogen und Rauschmitteln ist einzuführen. Die Suchtursachen- und Präventionsforschung ist zu verstärken.
  4. Den einzelnen Drogenabhängigen ist eine individuelle, auf ihre konkrete Situation abgestimmte Hilfe anzubieten. Sie müssen unter ärztlicher Kontrolle überall in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit erhalten, 0riginal- oder Ersatzpräparate legal zu bekommen. Das Zeugnisverweigerungsrecht muß von allen Beraterinnen und Beratern in Anspruch genommen werden können.
  5. Den therapiewilligen Drogenabhängigen dürfen keine langen Wartezeiten zugemutet werden. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich für einen Finanzierungs-Pool der Kostenträger auf Landesebene einzusetzen, aus dem Therapiekosten bis zur Klärung der Kostenträgerschaft vorfinanziert werden.
  6. Die SPD wird aufgefordert, sich verstärkt dafür einzusetzen, Alternativen zum Anbau von Drogenpflanzen, insbesondere in den den armen Regionen der Welt zu fördern. Dies muß vorrangig durch eine Aufstockung und qualitative Verbesserung der Entwicklungshilfe geschehen.
    Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Export von Mitteln zur Drogenproduktion durch Chemiekonzerne zu unterbinden.