Ä11: Änderungsantrag zum Antrag W1 (November 2014)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteirat
Sitzung: Landesparteiratssitzung, November 2014
Bezeichnung: Ä11
Antragsteller: Kreisverband Lübeck


Beschluss: Überwiesen an Landesparteirat

(Beschluss: Antragsberatung wird auf Parteiratssitzung im Januar 2015 verschoben)


Freihandelsabkommen kritisch begleiten!

Die Mitgliedsstaaten der EU haben der Kommission im Sommer 2013 ein Mandat erteilt, um eine transatlantische Freihandelszone (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership) zu verhandeln; das Handelsabkommen mit Kanada, das als Blaupause für TTIP gilt, steht bereits zur Unterzeichnung an.

Die laufenden Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen und das kanadisch-europäische Handelsabkommen CETA haben eine intensive gesellschaftliche Debatte über Chancen und Risiken solcher Abkommen angestoßen. Viele Menschen verbinden mit den TTIP- und CETA-Verhandlungen erhebliche Sorgen.

Demokratiekonformer Markt statt marktkonforme Demokratie: Wirtschaft und Handel müssen sich den demokratischen Spielregeln unterwerfen. Diesen Grundsatz verteidigt die SPD seit 150 Jahren.

Daher fordern wir die Bundesregierung, den Bundestag, den Bundesrat, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament auf, die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) sowie zukünftige Handelsabkommen mit anderen Staaten zu verhindern, wenn nicht folgende Forderungen erfüllt werden:

  • Wir wollen transparente Verhandlungen:
  • Zu jedem Zeitpunkt muss jede*r Bürger*in Zugang zum Stand und den Inhalten der Verhandlungen haben.
  • Das Europaparlament und die nationalen Parlamente werden von Anbeginn an in die Verhandlungen eingebunden.
  • Auf Initiative des Europaparlaments hat die Europäische Kommission den Dialog im Rahmen der TTIP-Verhandlungen durch eine permanente Beratungsgruppe mit Experten von Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden institutionalisiert, diese Gruppe hat Zugang zu den Verhandlungs-dokumenten. Dass TTIP ein Geheimabkommen sei, ist in der Totalität nicht zutreffend. Nichtsdestotrotz besteht hier, insbesondere in Bezug auf die Information der breiteren Öffentlichkeit, erheblicher Nachbesserungsbedarf.
    Insbesondere müssen vor jeder Verhandlungsrunde die jeweiligen Verhandlungspunkte veröffentlicht werden. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Akteurinnen und Akteuren, die nicht Mitglied der ständigen Beratergruppe sind, ausreichend Zeit zur Stellungnahme bleibt. Ebenso ist die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der jeweiligen Verhandlungsrunde zeitnah zu informieren. In Zwischenschritten müssen die Mitgliedsstaaten und die nationalen Parlamente vollumfänglich informiert werden und Beiräte auf nationaler Ebene die beratende Task Force auf europäischer Ebene spiegeln.
  • Wir wollen kein internationales nichtstaatliches Schiedsgericht, vor denen Konzerne Staaten verklagen, um ihre Interessen durchzusetzen. Wir erwarten von der Bundesregierung und insbesondere unseren sozialdemokratischen Mitgliedern, dass sie bei ihrer kritischen Haltung zur Aufnahme von Investitionsschutzvorschriften in das TTIP bleibt; das von der EU beschlossene Verhandlungsmoratorium muss dazu genutzt werden, diesen Punkt ganz aus dem Verhandlungsmandat zu streichen.
  • Wir wollen keine Absenkung der Standards für Datenschutz, Produktsicherheit, Lebensmittelsicherheit sowie Investitionsschutz.
    Wir fordern stattdessen als Maßstab die höchstmöglichen Standards, die es gibt.
  • Wir wollen Regeln für einen starken Verbraucher-, Umwelt – und Gesundheitsschutz und fordern auch hierzu die höchstmöglichen Standards.
  • Wir wollen keinen Abbau von Arbeits- und Sozialstandards. Wir wollen Höchststandards durchsetzen.
  • Ein hohes Schutzniveau soll nicht nur im Einklang mit dem Besitzstand der EU und den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gewahrt, sondern muss auch weiter verbessert werden können. Vertragspartner müssen sich verpflichten, internationale Übereinkünfte und Normen in den Bereichen Umwelt, Arbeit und Verbraucherschutz zu beachten und umzusetzen, insbesondere die ILO-Kernarbeitsnormen und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
  • In keinem Fall dürfen das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie oder andere Schutzrechte für Arbeitnehmer, die Umwelt und Verbraucher als „nicht-tarifäre Handelshemmnisse“ interpretiert werden. Entsprechende nationale Gesetze oder Vorschriften eines EU-Mitgliedsstaates – insbesondere hinsichtlich der Regulierung des Arbeitsmarktes oder sozialer Sicherungssysteme, der Tarifautonomie, des Streikrechts, Mindestlöhnen und Tarifverträgen – müssen in diesem Sinne von einem Abkommen unberührt bleiben. Das gilt nicht nur für das gegenwärtige, sondern auch für künftige Erweiterungen dieser Schutzrechte.
    Derartige Möglichkeiten dürfen durch ein Abkommen nicht eingeschränkt oder behindert werden.
  • Wir wollen unser Bildungssystem weiter staatlich und unabhängig von Wirtschaftsinteressen finanzieren können.
  • Finanzmärkte und Vermögensbesteuerung regulieren: Im Handelsraum EU/USA konzentrieren sich große Geldvermögen und Finanzaktivitäten. Deshalb wollen wir mit einem Handelsabkommen auch Fortschritte zu einer verbindlichen Finanzmarktregulierung mit einer Abtrennung von Investmentgeschäften sowie einer Finanztransaktionssteuer erreichen. Hierzu gehört ein automatischer Informationsaustausch über Finanztransaktionen sowie eine Vereinheitlichung der Kapital- und Vermögensbesteuerung.
  • Wir wollen, dass das Freihandelsabkommen die kommunale Ebene und ihre Daseinsvorsorge anerkennt. Die Mitgliedstaaten der EU müssen darüber hinaus das Recht haben, die öffentliche Kultur- und Medienförderung vollständig zu erhalten. Auch die Daseinsvorsorge durch die Freie Wohlfahrtspflege muss erhalten bleiben. Die Entscheidungsfreiheit regionaler Körperschaften über die Organisation der Daseinsvorsorge muss unberührt bleiben. Es darf keinen direkten oder indirekten Zwang zu weiterer Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen oder gar eine Priorisierung „privat vor öffentlich“ durch das Abkommen geben. Der Gestaltungsspielraum ist für die Zukunft zu gewährleisten.