B9: Digitale Selbstverletzung verstehen, vorbeugen und verhindern (2023)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Husum 2023
Bezeichnung: B9
Antragsteller: Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten im Bildungsbereich (AfB)‏‎


Beschluss: Angenommen


Forderung 1: Digitale Selbstverletzung besser verstehen

Wir fordern vom Schleswig-Holsteinischen Landtag die Einberufung einer Expert*innenrunde zum Thema "Digitale Selbstverletzung", die im Dialog mit Expert*innen insbesondere aus den Bereichen der Psychologie, Sozial-, Medienwissenschaften und Pädagogik das Phänomen, seine Ursachen und möglichen Folgen ausführlich beschreibt, zielführende Handlungsempfehlungen erarbeitet und vulnerable Gruppen mit einem besonderen Augenmerk auf soziale Ursachen identifiziert.

Forderung 2: Emotionale Kompetenzen an Schulen vermitteln

Digitale Selbstverletzung ist für sich genommen schwer zu erkennen, da sie eng mit Einsamkeit und sozialer Isolation zusammenhängen kann. Betroffene, die unter einem stark geminderten Selbstwertgefühl leiden, schotten sich in diesem Fall ganz oder teilweise von ihrer Außenwelt ab. Wir müssen junge Menschen daher möglichst niedrigschwellig an den Orten abholen, an denen sie sich ohnehin befinden: an Schulen. Über digitale Selbstverletzung angemessen aufzuklären ist unserer Auffassung nach eine wichtige Aufgabe einer Bildungspolitik, die nicht nur fachliche, sondern auch emotionale Kompetenzen vermitteln möchte.[1]

Wir fordern vor diesem Hintergrund das Erarbeiten von Informationsmaterialien und Broschüren durch das Bildungsministerium, die zielgruppenorientiert das Personal an Schulen, Hochschulen, anderen Bildungseinrichtungen und weiteren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Eltern über diese neue Facette der Digitalisierung sensibilisieren.

Diese Materialien sollten im Dialog mit Expert:innen erarbeitet werden und konkrete Vorschläge für mögliche Veranstaltungen oder Unterrichtseinheiten enthalten, durch die Schülerinnen und Schüler niedrigschwellig über digitale Selbstverletzung aufgeklärt werden. Eine Rücksprache mit der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ist dabei dringend zu empfehlen.

Forderung 3: Sozialräume schaffen

Ausdrücklich unterstützen wir den parteiübergreifenden Konsens, der seit mehreren Jahren auf den Ausbau psychischer und sozialer Beratungs- und Betreuungsangebote setzt. Für viele junge Menschen, besonders aus Familien mit wenig Geld, stellen diese Angebote wichtige Weichen in eine bessere Zukunft. Diese fordern wir, weiter auszubauen.

Wir sind allerdings auch der Überzeugung, dass neben solchen Angeboten das beste Mittel gegen digitale und analoge Selbstverletzung ein gesundes Gefühl der Zugehörigkeit und Selbstwirksamkeit ist. Gerade im Nachklang der Pandemie fordern wir deshalb, verstärkt in Schulen, Hochschulen und weitere Bildungseinrichtungen als Sozialräume zu investieren. Dies sollte mehrere Aspekte umfassen:

  1. Die Schaffung und Finanzierung selbstverwalteter Räume an Schulen und Hochschulen, für deren Gestaltung und Pflege die Schüler:innen bzw. Studierenden selbst verantwortlich sind. Das Land sollte finanzielle Anreize schaffen, um entsprechende Konzepte zu entwickeln.
  2. Die Ausweitung von AGs und Projekttagen, in denen insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche etwa durch erste Erfahrungen mit handwerklicher oder künstlerischer Tätigkeit neue Formen des emotionalen Ausdrucks und der Regulation kennenlernen.
  3. Den Ausbau der Ganztagsschule, der solche Formen des Lernens fest institutionalisiert.
  4. Konzepte zur Kooperation bzw. Verknüpfung von Grundschulen und Familienzentren, die einen niedrigschwelligen Dialog zwischen Kindern, Eltern und pädagogischem Fachpersonal ermöglichen.