IR3 Damit Integration gelingt (2011)

Aus Beschlussdatenbank der SPD Schleswig-Holstein
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Gremium: Landesparteitag
Sitzung: Landesparteitag Husum 2011
Bezeichnung: IR3
Antragsteller: Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt


Beschluss: Überwiesen an Landesparteirat

Einleitung

Heute ist Zuwanderung für jeden achten Einwohner in Schleswig-Holstein Teil der eigenen oder familiären Identität. Bei den Kindern unter sechs Jahren besitzt sogar schon jedes Vierte einen Migrationshintergrund. Mit 13 Prozent hat Schleswig-Holstein allerdings den geringsten Migrantenanteil (ohne die neuen Bundesländer) aller Bundesländer.

Gut 24 Prozent der in Schleswig-Holstein lebenden Migrantinnen und Migranten haben eine derzeitige bzw. frühere Staatsangehörigkeit der EU-27 (davon: sechs Prozentpunkte Polen). Knapp 16 Prozent haben eine derzeitige bzw. frühere Staatsangehörigkeit der Türkei und knapp vier Prozent eine der Russischen Förderation. Über die Hälfte der in Schleswig-Holstein lebenden Migrantinnen und Migranten (57 Prozent) haben einen deutschen Pass.[1]

367.000 Menschen mit Migrationshintergrund leben in Schleswig-Holstein.[2] Sie haben unsere Gesellschaft verändert. Doch wir denken zu wenig darüber nach, was das für das Zusammenleben in unserem Land insgesamt bedeutet.

Integration kann nur als Zweibahnstraße gedacht werden, die sowohl die ausgestreckte Hand der einheimischen Bevölkerung mit Bildungsangeboten, mit Integrationsförderung, mit Toleranz und Weltoffenheit beinhaltet als auch die eingeforderte Verpflichtung, die Normen unseres Grundgesetzes zu akzeptieren. Meinungs- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Gewaltmonopol des Staates, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Unantastbarkeit der Würde des Menschen, all diese Grundwerte des Grundgesetzes reichen vollständig aus und sie gelten zu Recht für alle Menschen in Deutschland, die Deutschen und die Zuwanderer. Diese Werte sind unser Fundament. Auf diesem Fundament aufbauend müssen wir ein neues Bild von Schleswig-Holstein entwickeln, ein Schleswig-Holstein, zu dem sich Zugewanderte wie Deutsche bekennen, ein Schleswig-Holstein, das das Alte und das Neue miteinander verbindet. Wir müssen gemeinsam darüber diskutieren, wie eine gute Zukunft für alle aussehen könnte.

Probleme dürfen wir in dieser Debatte nicht ausblenden. Sie sollten aber nicht zur Ausgrenzung instrumentalisiert werden, sondern als Ansporn genutzt werden. Mit Provokationen à la Sarrazin löst man keine Probleme, man verschärft sie. Wir brauchen einen sachlichen und fairen Diskurs. Und das heißt für mich: Wir müssen immer beide Seiten betrachten. Zweifellos gibt es Probleme, die wir aber nicht lösen, in dem wir Vorurteile schüren.

Eine Integration der zum heutigen Zeitpunkt in Schleswig-Holstein lebenden Migrantinnen und Migranten ist auch eine Voraussetzung für den sozialen Frieden im Land und erleichtert die künftige Zuwanderung von hoch Qualifizierten, nach denen die Wirtschaft heute bereits dringend sucht. Ein Land mit sichtbar schlechten Existenzbedingungen für Migrantinnen und Migranten kann kaum einladend auf Menschen wirken, die im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte zunehmend die Wahl haben, wo sie sich niederlassen.


Interkulturelle Öffnung der Partei

Die gesellschaftliche Lebensrealität spiegelt sich nicht in unserer Partei wider, wir sind nicht bunt und vielfältig.

Daher ist es wichtig gezielt um Menschen mit Migrationshintergrund für die Partei als Mitglieder zu werben.

Nur wer politische und gesellschaftliche Beteiligungsrechte hat, wird sich als gleichberechtigter Teil der Gesellschaft fühlen. Nur wer diese Rechte aber konstruktiv nutzt, wird tatsächlich ein gleichberechtigter Teil werden.

Oft wissen einige Migranten-Communities nicht, wie sehr wir uns innerhalb der Partei mitintegrationsspezifischen Themen auseinander setzten. Auch bleibt die Diskussion oft nur innerhalb eines kleinen internen Kreises der Partei.

Wir brauchen mehr Mitglieder mit Migrationshintergrund, um auch sichtbarer in den Migrantengruppen zu werden.

Um eine bessere Verständigung zwischen den Einheimischen und den Migranten zu erlangen sollten wir Trainings zur interkulturellen Kompetenz zumindest auf unseren Führungsebenen (gemeint sind der Landesvorstand, die Landtagsfraktion und die Kreisverbände) durchführen.


Ungenutzte Potenziale

Die Repräsentativbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland 2006/2007 (RAM 2006/2007)“ zeigt deutliche Fortschritte bei der Integration auf. Untersucht wurden die Lebensverhältnisse der fünf größten Ausländergruppen in Deutschland (Türkei, ehem. Jugoslawien, Italien, Polen, Griechenland). Dabei ist besonders das Fortschreiten identifikativer Aspekte der Integration hervorzuheben. Dies zeigt sich darin, dass immer mehr in Deutschland lebende ausländische Personen in Deutschland das Land sehen, in dem sie auch in Zukunft bleiben möchten. Eine Verschärfung der Abschottungstendenzen weiter Teile der ausländischen Bevölkerung ist in dieser Studie nicht erkennbar.

Auch bei den Schlüsselfaktoren Bildung und Sprache sind deutliche Fortschritte zu erkennen. So sind Bildungsaufstiege von Generation zu Generation in der Studie deutlich erkennbar. Inallen Nationalitätengruppen gab es ein deutliches Aufholen der schulischen Bildungsabschlüsse in der Generationenabfolge. 42 Prozent der Befragten haben einen höheren Abschluss als ihre Eltern, 48 Prozent verbleiben in etwa auf der gleichen Bildungsstufe und 10 Prozent haben einen niedrigeren Schulabschluss. Allerdings zeigt die Studie auch, dass die türkischen und italienischen Befragten als vergleichsweise bildungsfern bezeichnet werden können (je zehn bzw. zwölf Prozent mit Fachhochschulreife/Abitur). Polnische Befragte sind dagegen am besten schulisch gebildet (39 Prozent mit Fachhochschulreife/Abitur).

Eine bessere Integration der Migranten in das deutsche Bildungssystem und den Arbeitsmarkt würde dem Staat bis 2050 zusätzliche Erträge von 164 Milliarden Euro verschaffen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln für das Bundeswirtschaftsministerium. Es gilt also Chancen für jede Einzelne und jeden Einzelnen zu eröffnen. Diese Chancen sind wichtig für unsere Gesellschaft und für unsere Wirtschaft.