A3: Rüstungsexporte (2014)
Gremium: Landesparteitag |
Sitzung: Landesparteitag Lübeck 2014 |
Bezeichnung: A3 |
Antragsteller: Landesvorstand
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Beschluss: Angenommen |
1.
Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über einen eindeutigen rechtlichen und politischen Rahmen, der die Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern regelt. Dazu zählt das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KWKG), das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sowie die von der rot-grünen Bundesregierung im Jahre 2000 beschlossenen und bis heute gültigen „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“.
Die SPD tritt dafür ein, dass dieser Rechtsrahmen unverändert und die Rüstungsexportpolitik Deutschlands strikt restriktiv bleibt.
2.
Für Rüstungsexporte in NATO-Länder, EU-Mitgliedsstaaten und NATO-gleichgestellte Länder (Australien, Japan, Neuseeland, Schweiz) gilt nach den genannten „Grundsätzen der Bundesregierung“, dass der Export in diese Länder sich an den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Bündnisses und der EU orientieren muss.
Für alle sonstigen Länder wird der Export von Kriegswaffen (nach KWKG und AWG genehmigungsfähig) (III.2.) „nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall insbesondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen für eine ausnahmsweise zu erteilende Genehmigung sprechen. Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen.“ Exportgenehmigungen (III.4.) „kommen nicht in Betracht, wenn die innere Lage des betreffenden Landes dem entgegensteht, z.B. bei bewaffneten internen Auseinandersetzungen und bei hinreichendem Verdacht des Missbrauchs zu innerer Repression oder zu fortlaufenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen. Für diese Frage spielt die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle.
Kriegswaffen werden nicht genehmigt in Länder, (III.5.) „die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht“ sowie „in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden.“ (7.) „Ferner wird das bisherige Verhalten des Empfängerlandes im Hinblick auf die Unterstützung oder Förderung des Terrorismus und der internationalen organisierten Kriminalität, die Einhaltung internationaler Verpflichtungen, insbesondere des Gewaltverzichts, einschließlich der Verpflichtungen aufgrund des für internationale und nicht-internationale Konflikte geltenden humanitären Völkerrechts… berücksichtigt.“
Die Bundesregierung hat im Juni 2014 in ihrem Rüstungsexportbericht 2013 mitgeteilt, dass im Jahre 2013 (dieses Jahr fällt noch in die Regierungszeit der CDU/CSU/FDP-Regierungszeit) für Rüstungsgüter Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von insgesamt 5,8 Milliarden € erteilt wurden (2012: 4,7 Milliarden €). 38% dieser Ausfuhrgenehmigungen entfielen auf Länder NATO, der EU und ihnen gleichgestellte Länder. Rund 62% entfielen auf die sonstigen Drittländer
Wir treten dafür ein, dass die Politik der vergangenen Jahre, die die Ausnahmen zur Regel gemacht haben, umgehend beendet wird und die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung gegenüber den sog. „sonstigen Länder“ entsprechend den „Grundsätzen der Bundesregierung“ von 2000 wieder äußerst restriktiv gehandhabt wird.
3.
Die Bundesregierung teilt in ihrem Rüstungsexport 2013 zudem mit, dass sich der hohe Anteil der Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer aus umfangreichen Genehmigungen nach Algerien, Katar, Saudi Arabien und Indonesien ergibt.
Wir fordern die Bundesregierung auf, künftig insbesondere Waffenlieferungen an Staaten und Gruppen in der arabischen und islamischen Welt nicht mehr zu genehmigen und so dem Grundsatz gerecht zu werden,
- dass in Spannungs- und Kriegsgebieten keine deutschen Waffen geliefert werden dürfen,
- dass die Menschenrechtssituation in den Empfängerländern eine wichtige Rolle spielt sowie
- ihr Verhalten im Hinblick auf die Förderung und Unterstützung des Terrorismus eine wichtige Rolle spielt.
4.
Durch die Lieferung von Waffen in Spannungs- und Kriegsgebiete wird die Bundesrepublik de facto Kriegspartei.
Die SPD tritt dafür ein, dass die Genehmigung von Ausfuhren von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern an die „sonstigen Länder“ der Beschlussfassung des Deutschen Bundestages bedürfen.
5.
Die Vereinten Nationen haben sich zu einer Schutzfunktion gegenüber der Zivilbevölkerung in Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten bekannt („Responsibility to protect“).
Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den internationalen Organisationen, in denen Deutschland Mitglied ist und die einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung dieser Schutzfunktion leisten können (Vereinte Nationen, NATO, EU, OSZE), eine energische diplomatische Initiative zu ergreifen, damit diese Schutzmachtfunktion verwirklicht wird.
6.
In der Tradition Willy Brandts sieht die SPD sieht die Rolle Deutschlands in der internationalen Politik als Motor für Friedenspolitik. Diese Rolle ist in der Welt von heute mit wachsenden internationalen Spannungen und Verteilungskämpfen, vielen akuten Kriegen (Irak, Ukraine, Gaza) notwendiger denn je. Deutschland genießt international Vertrauen und hat häufig gute Beziehungen zu beiden Konfliktparteien (z.B. zur Ukraine und zu Russland oder zu Israel und den Palästinensern).
Deshalb sieht die SPD den Kern der internationalen Politik Deutschlands in Diplomatie und Vermittlung, Prävention in Spannungsfällen, humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit insbesondere beim Aufbau stabiler staatlicher Strukturen. Die Bundesregierung wird aufgefordert diese Kernkompetenzen und Fähigkeiten auszubauen und im Rahmen der internationalen Organisationen einzubringen.